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Eine Verschwendung von Verlagsgeldern

Bookwire-Chef Jens Klingelhöfer hat gegen die MVB eine Einstweilige Verfügung eingereicht. Der Vorwurf: Irreführung und unlauterer Wettbewerb mit Libreka. Seine Kritik an der Geschäftspolitik der Börsenvereins-Wirtschaftstochter begründet Klingelhöfer im Gespräch mit buchreport.de.

Warum haben Sie eine Einstweilige Verfügung erwirkt?

In erster Linie geht es uns um einen fairen Wettbewerb. Ich habe Kontakt zu vielen Digitalauslieferungen, mit denen uns ein sportlicher Wettbewerb verbindet. Libreka geht mit seinem neuen Angebot ausgesprochen aggressiv zu Werke. Dazu gehört insbesondere die Behauptung „die zentrale Plattform der deutschen Verlage” zu sein. Sie erwecken mit dem Stempel einer Verbandslösung den Eindruck, dass der Weg in den digitalen Markt nur über Libreka zu realisieren sei. Das ist schon dreist, denn ein vergleichbares Vertriebsmodell hat zum Beispiel Bookwire schon vorher erfolgreich an den Markt gebracht. Es gab und gibt alternative Lösungen, die ich zusätzlich noch für das bessere Angebotspaket für Verlage halte. Insofern sehe ich die Verlage schlecht und einseitig informiert – von einem Verband sollte man eine neutrale Bewertung der Angebote am Markt erwarten.

Im Börsenverein ist umstritten, ob die Wirtschaftstöchter den eigenen Mitgliedern Konkurrenz machen sollten. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe mich dazu schon mehrfach geäußert. Ich sehe das absolut kritisch. Eine Ausnahme bilden Dienstleistungen, die der Markt nicht hergibt, die aber große Vorteile für die Mitglieder bringen. Das sehe ich bei Libreka nicht: Das Angebot ist weder umfangreicher noch serviceorientierter als das von Bookwire oder anderen. Dazu zahlen alle Verlage eine Art „Soli“ über das VLB, doch nur ein Teil der Verlage nutzt Libreka. Es werden also nur Gebühren umverteilt, anstatt ein wirtschaftlich funktionierendes Geschäftsmodell aufzusetzen. Weiterhin wurde doch Libreka ursprünglich installiert, um gegen neue branchenfremde übermächtige Player anzutreten. Das mag für den gescheiterten Versuch gelten, das Endkundengeschäft gegen Google und Apple zu positionieren. Aber mit dem aktuellen Schwerpunkt des Distributionsgeschäftes treten sie nun nur noch gegen Branchenteilnehmer an. Das Argument, dass Sie mit den großen Playern besser verhandeln können, sehe ich auch nicht. Wir haben zum Beispiel bereits zum Start des iBookstore eine Vereinbarung mit Apple gehabt, um Verlagen den Verkauf dort zu ermöglichen. Zu dieser Zeit war Libreka noch ein Endkundenportal.

Wie schätzen Sie den Wettbewerb der E-Book-Auslieferer nach der Neuausrichtung von Libreka ein?

Ich will Libreka hier nicht überschätzen. Meiner Meinung nach hat Libreka nicht zur Klärung von Fragen beigetragen, sondern eher für Ärger und Verwirrung gesorgt. Wenn Verlagen Zusatzvereinbarungen ins Haus flattern und Verlage das Gefühl vermittelt bekommen, dass ohne Unterschrift bei Libreka der digitale Markt an Ihnen vorbei geht, dann ist das nicht der richtige Weg, verbandsseitig mit Verlagen umzugehen.

Der Wettbewerb ist mit und ohne Libreka gegeben, nur dass er mit Libreka einen unangenehmen Beigeschmack bekommt. Dazu halte ich die vorgestellten Zahlen der MVB für schön gerechnet. Ich interpretiere die Zahlen so: Von 2006-2013 (mindestens) gibt es Bedarf, Libreka aus VLB-Geldern aller Verlage zu finanzieren. Als Konsequenz wird also langfristig das VLB als Finanzierung für eine nicht notwendige Vertriebslösung benutzt. Das könnte man auch als Verschwendung von Verlagsgeldern bezeichnen.

Sie haben kürzlich mit dem Austritt aus dem Verband gedroht. Wie lange bleiben Sie an Bord?  

Ich bin nicht nur hier um mich zu beschweren, daher habe ich dem Verband meine Mitarbeit und Mitwirkung in Gremien angeboten, darüber sind wir aktuell im Gespräch. Wir sind also im Dialog. Sollte sich aber langfristig an der Situation nichts ändern, werde ich natürlich keine Mitgliedsbeiträge mehr in einen Verband investieren, der mich mit einer Wirtschaftstochter versucht (nach Aussage eines MVB-Mitarbeiters) „platt zu machen”.

Die Fragen stellte Daniel Lenz.

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