Die Ausbildungszahlen im Buchhandel sind eingebrochen. Altvorsteher Dieter Schormann fordert deutlich mehr Einsatz für den Nachwuchs.
Welches Zeugnis bekommt der Buchhandel für den Einsatz bei der Ausbildung?
Die Noten fallen wie die Voraussetzungen unterschiedlich aus. Ein Standortbuchhändler, der als Einzelkämpfer wirtschaftlich unter starkem Druck steht, muss es sich natürlich sehr genau überlegen, ob er es sich leisten kann, einen Auszubildenden aufzunehmen. Wenn Filialisten keine Auszubildenden mehr aufnehmen, ist das aber ein fatales Signal für den gesamten Handel. Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft. Man kann an die Kollegen nur appellieren: Bilden Sie aus!
Verliert der Buchhandel den Wettbewerb um die talentiertesten Köpfe?
Wir müssen das Berufsbild des Buchhändlers viel deutlicher und offensiver kommunizieren. Ich habe im Verlauf meiner Tätigkeit rund 380 Auszubildende zum Erfolg geführt und es war vor vier oder fünf Jahren überhaupt keine Schwierigkeit, eine Auswahl zu treffen. Heute sind wir froh, wenn sich Abiturienten oder befähigte Mittelschulabsolventen bewerben. Das Image des Buchhändlers in der Öffentlichkeit ist stark gesunken. Auch daran muss die Branche arbeiten. Und auch in diesem Kontext ist es kontraproduktiv, wenn Großbuchhändler plötzlich Ausbildungsstopps verhängen.
Die Ausbildungsordnung für Buchhändler wird derzeit überarbeitet. Wurde dieser Prozess zu spät eingeleitet?
Auf jeden Fall. Das kommt auch in dem offenen Brief der Schüler des Mediacampus zum Ausdruck. Sie sind verunsichert und beklagen sich, dass im Vergleich zur neuen elektronischen Inhaltevermittlung das klassische Buchhandelsprofil auf der Strecke bleibt. Der Vorgang zeigt, wie notwendig es ist, das Berufsbild in die Zukunft zu bringen. Das ist bislang ausgeblieben.
Auf den Buchtagen haben Sie einen branchenweiten Ausbildungskongress angeregt, der auch stattfinden wird. Was soll er leisten?
Einen grundlegenden Austausch über die Problematik ermöglichen, aber auch konkrete Perspektiven beleuchten. Es geht ja nicht nur um eine gute Ausbildung, sondern auch darum, dass die jungen Leute anschließend die realistische Aussicht auf einen Arbeitsplatz haben.
Die Fragen stellte Rainer Uebelhöde
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