Im Streit um den E-Book-Verleih jenseits des Atlantiks ist Penguin einen großen Schritt auf die Bibliotheken zugegangen: Die Random–House-Schwester kooperiert wieder mit dem größten US-Bibliotheksdienstleister Overdrive. Doch die Lizenzbedingungen bleiben ein Konfliktthema.
Vor rund eineinhalb Jahren hatte Penguin, wie berichtet, die Zusammenarbeit mit Overdrive beendet und damit einen Streit zwischen Bibliotheken und Verlagen um den E-Book-Verleih entzündet. Denn mit Overdrive als größten Bibliotheksdienstleister hatten viele Bibliotheken keinen Zugang mehr zu den E-Book-Titeln von Penguin – auch wenn der Verlag sich kurz darauf mit (weitaus kleineren Dienstleister) 3M zusammengeschlossen hat und dies trotz der Kooperation mit Overdrive auch weiterhin vorhat.
Der Verlag hat nie offiziell begründet, warum er die Partnerschaft mit Overdrive beendet hat und lediglich auf Sicherheitsbedenken verwiesen. In der Branche wird aber vermutet, dass die Zusammenarbeit von Overdrive mit Amazon Kern des Konflikts war, berichtet u.a. „Paid Content“. Die Bibliothekskunden konnten die im Verleih verfügbaren Titel per W-Lan über die Amazon-Seite ausleihen. Dies wurde jetzt geändert: Laut Overdrive können die Bibliothekskunden die Penguin-Titel nur noch per USB-Kabel auf ihren Kindle laden; sie werden also nicht mehr direkt von Overdrive auf die Amazon-Seite gelotst.
Penguin berechnet den Bibliotheken 18,99 Dollar für neue Frontlist-Titel, ältere Titel sind deutlich günstiger (zwischen 5,99 Dollar und 9,99 Dollar). Knackpunkt für die Bibliotheken: Die Titel können zeitgleich nur von einem Nutzer geliehen werden, zudem ist die Lizenz auf ein Jahr beschränkt.
Die Bibliothekare reagieren erleichtert: „Wir sind auf einem guten Weg“, erklärte die Präsidentin der American Library Association, Barbara Stripling, dem „Library Journal“. „Wir kommen voran und erwarten, dass wir gemeinsam mit den Verlagen die verbleibenden Probleme lösen werden“. Die Preise und Lizenzbedingungen für E-Books blieben aber ein ein komplexes Thema, dass man noch ausdiskutieren müsste.
- Hachette: Die E-Books von Hachette werden zeitgleich mit der Printausgabe veröffentlicht und für den Verleih freigegeben. Die Bibliothek zahlt für die digitale Lizenz den dreifachen Preis der Printausgabe; dieser orientiert sich an der teuersten Printausgabe (beispielsweise der Hardcover-Edition). Ist das E-Book vor über einem Jahr erschienen, halbiert sich der Preis. Die Bibliothek darf das E-Book unbegrenzt im Bestand haben – mit einer Einschränkung, die aus der analogen Welt übernommen wurde und für alle Verlage gilt: Ist das E-Book entliehen, darf es kein zweiter Nutzer ausleihen. Hachette will jährlich überprüfen, welche Auswirkungen und Konsequenzen der Verleih hat und behält sich weitere Änderungen vor.
- Random House: Der Verlag stellt Bibliotheken sämtliche digitalen Titel zur Verfügung, fordert allerdings (wie Hachette) teilweise den dreifachen Verkaufspreis von den Bibliotheken.
- HarperCollins stellt all seine digitalen Titel für den Verleih zur Verfügung, wird ein E-Book aber öfter als 26 Mal verliehen, muss die Bibliothek eine neue Lizenz erwerben.
- Simon & Schuster: Simon & Schuster bietet zurzeit nur New Yorker Bibliotheken seine E-Books an, um die Auswirkungen auf den Markt zu testen. Die Lizenzen gelten nur für ein Jahr. Das Besondere: Während der Testphase können die Bibliotheken auch E-Books von Simon & Schuster über ihre Online-Portale verkaufen – so dass ein Nutzer, der nicht warten will, bis ein „entliehenes“ E-Book verfügbar ist, dieses direkt erwerben kann. Die Bibliothek erhält für jedes verkaufte E-Books eine Provision.
- Macmillan: Auch Macmillan ist noch in der Testphase und bietet zwei Jahre lang 1200 ältere E-Books von Minotour Books für den Verleih in Bibliotheken an, also ausschließlich E-Books der Genres Mystery und Krimi. Die Bibliotheken können die Titel 52 Mal verleihen, bevor sie eine neue Lizenz erwerben müssen.
Die Bibliotheken fordern deshalb einen gesicherten, freien Zugang zu allen verfügbaren E-Books, auch ohne Zustimmung der Verlage. Sicherstellen soll dies nach dem Willen des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV) eine Änderung im Urheberrecht, die sich an die Schrankenregelung im Urheberrecht anlehnt, nach der gedruckte Bücher ohne Einwilligung des Rechteinhabers verliehen werden dürfen.
Eine übergreifende, einvernehmliche Lösung im Streit um den E-Book-Verleih in Bibliotheken ist vorerst nicht in Sicht: Gespräche zwischen Börsenverein und dem Deutschen Bibliotheksverband (DBV) wurden aus kartellrechtlichen Bedenken abgeblasen. Jetzt müssen die Verlage und Bibliotheken in Einzelgesprächen Lösungen erarbeiten. Doch auch die politischen Parteien wollen sich dem Thema annehmen und eine Änderung im Urheberrecht diskutieren (hier mehr).
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