Das vielleicht größte Thema der Leipziger Buchmesse war „Buy Local“ (im kommenden buchreport.express 12/2013 folgt dazu ein großer Artikel). Neben den unabhängigen Buchhändlern wollen auch die Filialisten mitmischen (hier mehr). Die langjährige Buchhändlerin Anja Urbschat beobachtet die Kampagnen mit gemischten Gefühlen.
Die Buchbranche scheint Feuer und Flamme zu sein angesichts der Buy-Local-Initiativen. Sie auch?
Ich betrachte die Buy Local-Initiative der unabhängigen Buchhändlerinnen und Buchhändler mit großem Interesse, bin aber weder Feuer noch Flamme. In den letzten 20 Jahren war ich mit großer Leidenschaft als Buchhändlerin tätig, und in dieser Zeit galt es, bei allen analogen und digitalen Veränderungen unserer Gesellschaft, stets die Bedürfnisse unserer Kunden im Blick zu haben. Denn so funktioniert der Handel, selbst der mit Literatur. Die Kampagne dreht dies nun einfach herum und hebt den gesellschaftspolitischen Zeigefinger – und bürdet dem Kunden damit eine schwere Last auf. Der Kunde und Bürger ist auf einmal verantwortlich für die Verödung oder Errettung seiner Innenstädte. Das Paradoxe ist: Der Kunde erhält in diesem Sinne ja kein konkretes Angebot, sondern eine Aufforderung. Meiner Meinung nach muss die Ausgangsposition folgende sein: „Was steigert die Attraktivität von uns Händlern vor Ort, damit die Kunden gerne bei uns einkaufen“
Filialisten müssen beim Buy Local-Verein draußen bleiben, wie schätzen Sie die Grenzziehung ein? Taugen Filialisten als Feindbild?
Für die Initiatoren anscheinend schon. Für den Kunden wird diese Kampagne dadurch allerdings nicht gerade verständlicher. Er soll lokal einkaufen, um seine Innenstadt zu retten. Ist er einmal dort, muss er allerdings noch herausfinden, wer die fleißigen Eichhörnchen sind, denn nur dort werden Arbeitsplätze geschaffen und Verantwortung für die Region übernommen. Er wird sich dann sicherlich wundern, was das für Wesen sind, die bei den anderen Händlern und Filialisten arbeiten. Die vermutlich auch noch recht kompetent und freundlich sind. Der Verein entscheidet für den Kunden, wer „gut“ und wer „böse“ ist und spaltet den Einzelhandel vor Ort, statt ihn zu stärken. Der Markt kann seinen Konsumenten nicht vorschreiben, wie sie sich politisch korrekt verhalten sollen.
Die Art von Subventionen, wie sie Stefan Weidle vorschlägt, halte ich für nicht sinnvoll. Mit der Buchpreisbindung und der verminderten Mehrwertsteuer wird das Buch subventioniert, das finde ich richtig und wichtig. Wenn allerdings Teile einer Branche subventioniert werden sollen, ist das ein Eingriff in den Wettbewerb, den ich nicht richtig finde. Die Politik sollte aber dafür sorgen, dass ein Subventionsabbau an anderer Stelle gewährleistet wird. Wenn nämlich Amazon Schlupflöcher im Steuer- und Arbeitsrecht gnadenlos ausschöpfen kann und sich dadurch enorme Wettbewerbsvorteile verschafft, ist das letztlich auch eine Form der staatlichen Subventionierung.
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