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»Umfeld für bestmögliche Leistung schaffen«

Ellen Braun

Ellen Braun (Foto: privat)

Ellen Braun ist: Unternehmensberaterin, Coach, Trainerin, Fachbuchautorin und Hochschuldozentin. Für die meisten würde ein so komplexes Aufgabengebiet Stress bedeuten. Braun weiß, wie sie den Fokus legen muss. Als Expertin für Workflow und „feel good“-Arbeitsformate hat das Organisationstalent einige spannende Tipps.

Was sind entscheidende Faktoren, die uns bei der Arbeit motivieren?

Jeder hat sein persönliches Motivationsbündel aus seinem Wertesystem, der Lebenssituation und -modell. Gemäß den Motivationstheorien von McLelland, Maslow, Simon/March brauchen wir soziale Kontakte, um die Bedürfnisse nach z.B. Zugehörigkeit, Anerkennung und Bestätigung zu stillen. Was braucht der/die Einzelne, um effektiv das vorhandene Leistungspotenzial für das gewählte Unternehmen zu entfalten? Je nach Persönlichkeitstyp (Belbin, Ned Hermann) wird mehr oder weniger Kommunikation/Austausch benötigt, z.B. zur Entwicklung von Ideen. Vier Generationen in einem Unternehmen (Babyboomer, Generation X, Generation Y, Generation Z) haben völlig unterschiedliche Treiber und damit auch Stressfaktoren. Diese Vielschichtigkeit wird im Zürcher Ressourcenmodell (ZRM) nach Maja Storch berücksichtigt mit dem Würmli, einer Metapher für das emotionale Erfahrungsgedächtnis. Es kommt letztlich darauf an, wie es meinem Bewertungssystem – dem Würmli – geht. Ist es entspannt, auch durch vertraute Rituale, weiß ich, wie ich mich wieder aus dem Sumpf ziehe. Oder ist das Würmli dauerhaft gewürgt, durch Stress mit hoher Anforderung ohne Entscheidungsspielraum z.B. durch den Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Kleinkindbetreuung mit wenig Aussicht für seine Anstrengungen belohnt zu werden? Fehlen Wertschätzung und Anerkennung im Kollegium oder sogar von der Familie wird es belastend, insbesondere dann, wenn ich auch noch selbst mein größter Kritiker bin. Die entscheidendsten Faktoren sind damit aus Sicht der Persönlichkeitsentwicklung, das eigene Bewertungs- und Frühwarnsystem zu kennen, anzuerkennen und immer wieder neu zu justieren.

Die Perspektive der Organisationsentwicklung bedingt, dass wir gerade jetzt die Chance haben, neue Arbeitsformate im Sinne von New Work zu entwickeln. Die technischen Tools dazu haben wir. Wir brauchen ein Mindset mit „Warum eigentlich nicht?“ und andere Settings. Was spricht gegen eine rote Couch im Büro oder der grünen Pflanzenwand? Wenn es dazu beiträgt die Potenziale zu entfalten oder das Würmli zu animieren, why not?

Inwiefern hat die Corona-Zeit die Motivation unter Umständen beeinträchtigt? 

Vertraute und bewährte Strukturen waren plötzlich weg. Dazu kam die Unsicherheit, wie geht es weiter? Zudem war das Virus für viele nicht greifbar, da das eigene Erlebnis oder ein griffiges Erlebnis für die allermeisten fehlte. Gott sei Dank hat Deutschland bisher die Pandemie recht gut gemeistert. Allerdings sind die Schwächen unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems auch deutlich und demotivieren massiv, wenn das Gefühl der Machtlosigkeit, des „Nicht-Verändern-Könnens“ entsteht. Motivation gelingt mit einem hohen Grad an Selbstwirksamkeit und dies gilt es frühzeitig – schon in der Schule – zu fördern und zu trainieren. Viele wollen Veränderung, sind motiviert und bereit zu handeln. Das war spürbar beim weltweit größten Hackathon der Bundesregierung #wirvsvirus. Welch ein Spirit und Motivation! Bis heute ist es ein digitalisierter, vernetzter Dialog mit sichtbaren Erfolgen. Das brauchen wir in und zwischen den Unternehmen, über Abteilungsgrenzen hinweg,  mit Politik, Verwaltung  und sonstigen Communitys. Es gilt den Schatz der Potenziale zu heben, Selbstwirksamkeit zu fördern und Bedenkenträger in den Urlaub zu schicken.

Warum ist Motivation wichtig? 

Das Wort leitet sich ab aus dem lat. „movere“ (bewegen, antreiben) und dem frz. „motiver“, also jemanden dazu bringen, sich aus eigenem Antrieb um etwas zu kümmern. Der eigene Antrieb muss also vorhanden sein. Was bewegt jemanden, etwas zu tun? Was treibt  an? Die Lebensspanne ist die gleiche, ob ich diese lachend oder weinend verbringe. Ich bin für das lachende Würmli, das durchaus im Laufe der Zeit seine Bedürfnisse verändert. Dann darf ich wieder lernen, was es braucht, um mindesten 2/3 entspannt zu sein. Das hat nichts zu tun mit Selbstverwirklichung,  Esoterik, Klangschalen oder ähnlichem Gedöns. Sondern mit Wertschätzung, dem passenden Umfeld und Mut, Dinge aktiv zu tun und  auch zu unterlassen. Wir machen ja alle Dinge, von denen wir wissen, dass sie sinnlos und sogar toxisch sind. Dann ist auch das Würmli gewürgt, kriegt keine Luft und reagiert panisch. Als Führungskraft habe ich allerdings den Job, ein Umfeld zu schaffen, das mir und meinen Mitarbeitenden ermöglicht, bestmögliche Leistung zu erbringen und arbeitsfähig zu bleiben. Alles andere ist auf Dauer gesundheitsgefährdend und führt zu Unzufriedenheit, mangelnder Loyalität, sowie letztendlich Wettbewerbsnachteilen. Das Mindset  „work@feelgood“ stärkt die Selbstwirksamkeit Einzelner und die Resilienz von Organisationen.

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