Der österreichische Schriftsteller Franzobel wurde mit dem Nicolas-Born-Preis ausgezeichnet und ist für den Deutschen Buchpreis nominiert (für „Das Floß der Medusa“). Seine aktuelle Lektüre ist Krimikost: „Flughafen Düsseldorf. Verspätung. Ich hatte Zeit, aber nichts zu lesen. Also grub ich mich durch das Sortiment einer kleinen Buchhandlung: der tausendste Smörebrödkrimi, Beziehungskistenzuckerwatteprosa, die Lebenserinnerungen von Hardy Krüger oder ein Stephen-King-Aufguss? Nichts, das mich ansprach. Schließlich entschied ich mich für „Corruption“ von Don Winslow, ein Thriller. Auf den ersten 50 Seiten kein Satz, der mir gefallen hätte. Szenen aus dem Leben eines New Yorker Polizisten. Wie viele Seiten gibt man als Nicht-Knausgård-Leser einem Autor, bis er einen gepackt haben muss? Ich gestehe, ohne die Folie von Nord-Manhattan und Harlem hätte ich das Buch ins nächste Eck gepfeffert. Aber langsam nahm die Geschichte Fahrt auf. Wie Don Winslow dann über den korrupten Cop Denny Malone zu einem großflächigen Gesellschaftspanorama kommt, das ganz Manhattan als Schmierseifen-Sumpfgebiet enttarnt, ist großartig, spannend und voll überraschender Wendungen. Ami-Zeug, aber ziemlich gut gemacht. Fast hätte ich den Flug verpasst.“
Don Winslow, „Corruption“, 544 S., 22,99 €, Droemer Knaur, ISBN 978-3-426-28168-0
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