Harald Jähner, der mit „Wolfszeit“ einen viel gelobten Bestseller geschrieben hat, liest aktuell Gabriele Tergits „Effingers“ aufgrund begeisterter Rezensionen. Er kennt die Autorin bereits durch die Gerichtsreportagen, die sie in der Weimarer Republik geschrieben hatte, und durch ihre glühenden Liebeserklärungen an das damalige Berlin, wo sie begierig die Luft aufsog aus „Freiheit, Frechheit und Benzin“.
Bei „Effingers” handelt es sich um die Neuausgabe eines Romans, „der bei seinem ersten Erscheinen 1951 nicht auf das geringste Interesse stieß, sich nun aber als eine literarische Großtat entpuppt. Er erzählt auf rund 900 Seiten die Geschichte einer verzweigten jüdischen Familie zwischen 1878 und 1948. Ich bin gerade genau auf der Hälfte angekommen. Da befindet man sich im Jahr 1907. Es ist faszinierend, wie tief man bis dahin in die untergegangene Welt des vermögenden Berliner Bürgertums eintaucht. Man hört ja oft, Detailreichtum und Spannung schlössen sich gegenseitig aus, hier jedoch beweist Gabriele Tergit das Gegenteil. Die Detailschilderungen der Kleidung und der Interieurs bilden eine Art Multimediaerfahrung in 3D. Angst habe ich vor dem letzten Drittel, in dem der wachsende Antisemitismus aus der bisher als Nebensache behandelten Zugehörigkeit der Protagonisten zum Judentum die Hauptsache machen wird.“
Gabriele Tergit: Effingers, 904 S., 28 €, Schöffling & Co., ISBN 978-3-89561-493-4
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