Laura Freudenthaler, die kürzlich für ihr Romandebüt „Die Königin schweigt“ mit dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, über ihre aktuelle Lektüre: „Seit einigen Monaten begleitet mich ein Buch, das sich nicht, wie man so hässlich sagt, ‚verschlingen‘ lässt. Es ist wohl schwierig zu lesen und zu überschauen, aber wie erstaunlich verstanden fühle ich mich von Sätzen wie diesen: ‚Die geistige und gefühlsmäßige Weigerung ‚mitzumachen‘ erscheint als neurotisch und ohnmächtig.‘ Als einen ‚der beunruhigendsten Aspekte der fortgeschrittenen industriellen Zivilisation‘ bezeichnet Herbert Marcuse, was mir ein so geläufiges Erlebnis ist. Neurotisch und ohnmächtig fühle ich mich, wenn ich wieder einmal erkläre – und immer ist es, als rechtfertigte ich mich, unter mitleidigen, amüsierten, verständnislosen Blicken –, dass und weshalb ich kein Smartphone habe, ich nicht auf Facebook bin und mir überhaupt die Digitalisierung, Technisierung und Rationalisierung sämtlicher Lebensbereiche suspekt ist. Marcuses Analyse macht ein Fenster auf, dorthinaus, dass die Welt, wie sie sich gegenwärtig zeigt, kein notwendiger, kein alternativloser und schon gar kein natürlicher Zustand ist. Dass das Buch bereits vor 50 Jahren erschienen ist, macht die Auseinandersetzung damit nur umso dringlicher.“
Herbert Marcuse, „Der eindimensionale Mensch“, 290 S., 24,00 €, zu Klampen, ISBN 978-3-86674-239-0
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