Marion Vazquez, die im vergangenen Jahr die Verlagsleitung Belletristik der Ullstein Buchverlage übernommen hat, liest zurzeit A. L. Kennedys „Süßer Ernst“: „Ich habe das Buch zu Weihnachten geschenkt bekommen. Ich bin noch nicht durch (wer erfindet endlich den 48-Stunden-Tag?), zum Glück – denn ich genieße jede einzelne Zeile. Alles spielt an einem einzigen Tag, in dessen Verlauf sich Jon und Meg aufeinander zu bewegen. Zwei Versehrte, denen das Leben übel mitgespielt hat. Ein frustrierter Staatsdiener, geschieden und von seiner Tochter entfremdet, und eine trockene Alkoholikerin, die einen Job im Tierheim angenommen hat, um über die Runden zu kommen. Ihr Tag ist gespickt mit Demütigungen – ein Vogelschiss auf der Bürohose, eine Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen –, aber an seinem Ende leuchtet ein Rendezvous wie ein Silberstreif. Ein Treffen, das natürlich sehr schief gehen kann. Aber da Jon und Meg mein Herz bereits erobert haben, hoffe ich für sie. Ein wunderbarer Roman, der A. L. Kennedys Platz in den Top Ten meiner Lieblingsschriftstellerinnen sichert. Virtuos zieht sie alle sprachlichen Register, von derb bis poetisch, von bissig bis heiter. So schonungslos sie das Seelenleben ihrer Figuren seziert, so zärtlich ist dabei ihr Blick auf sie. Und wir sehen durch Megs und Jons Augen die ‚Risse in der Härte der Welt‘“.
A. L. Kennedy, „Süßer Ernst“, 500 S., 28,00 €, Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-26002-3
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