Nora Haller, neue Programmleiterin der Allgemeinen Reihe im Heyne Taschenbuch, ist in die griechische Mythologie eingetaucht: „Wer hat sich nicht irgendwann mal durch Homers ‚Odysee‘ geackert und – wenige Wochen später – 98% davon wieder vergessen? (Circe, da war doch was mit einer Insel und Schweinen…?) Wie gut, dass Madeline Miller dieser einzigartigen Figur der griechischen Mythologie einen Roman gewidmet hat, einen brillanten noch dazu. In präziser und poetischer Sprache (die wundervoll von Frauke Brodd ins Deutsche übertragen wurde) erzählt die Autorin von einer faszinierenden Frau, die den Konventionen ihrer Umwelt nicht entspricht, und daher ihr (ewiges) Leben lang verstoßen, diskriminiert und bestraft wird. Die Grausamkeit und Kälte, mit der ihr begegnet wird – weil sie auf ungöttliche Art schön, weil sie klug, weil sie empathisch ist –, machen sie einsam. Doch Circe ist stark, und Circe lernt, sich selbst genug zu sein und ihre scheinbaren Schwächen in Stärken zu verwandeln. Was Madeline Miller in diesem ergreifenden Roman erzählt, ist die Geschichte einer Emanzipation, und vielmehr noch: die Geschichte einer Selbstermächtigung. Der Selbstermächtigung einer Frau, die nicht so ist, wie die Gesellschaft es von ihr erwartet, die sich in all ihrer Einsamkeit die Fähigkeit zu Lieben bewahrt, die trotz ihrer Erfahrungen verletzlich bleibt. Und damit ist ‚Ich bin Circe‘ eine Geschichte, die mehr ist als die Biografie einer antiken Sagengestalt – es ist die Geschichte der Weiblichkeit.“
Madeline Miller Ich bin Circe, 528 S., 24,00 €, Eisele, ISBN 978-3-96161-068-6
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