Swantje Meininghaus, Geschäftsführerin der Verbundgruppe Nordbuch Marketing, liest zurzeit den Bestseller „Factfulness“ des Statistikers und Wissenschaftlers Hans Rosling:
„Die Welt wird besser, aber die meisten Menschen sind fest vom Gegenteil überzeugt. Wir haben umfassende Möglichkeiten, unsere Einschätzungen und Meinungen jederzeit und überall zu überprüfen. Wir kommen an unfassbar viele Fakten zu jeder Zeit des Tages heran und scheinen doch unser Wissen nicht upzudaten.
Rosling beginnt sein Buch mit dreizehn Fragen, die der Leser beantwortet. Ein Klacks für jeden politisch Interessierten, für jeden der sich täglich mit Push-News online versorgen lässt. Denkt sich der Leser. Und wundert sich bei den Ergebnissen. Rosling klärt auf – lediglich zehn Prozent der Fragen werden richtig beantwortet, völlig unabhängig von der Bildung der Befragten! Bildung garantiert also keine faktenbasierte Sicht auf die Welt. Weder Journalisten, noch Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos, noch Banker beantworten mehr Fragen als ‚Normalos‘ richtig.
Woran liegt es? Woran liegt unsere pessimistische Sicht auf die Welt? Rosling vermutete zuerst, es läge daran, dass sich in unseren Köpfen alte Überzeugungen, alte Zahlen, alte Fakten „festgesetzt“ hätten. Quasi alte Weltkarten, die heute noch viele Studenten für passend halten, mit klar erkennbaren Industrienationen und Entwicklungsländern. Wir und die. Rosling räumt mit dieser Ansicht radikal auf. Er erläutert den Zusammenhang zwischen Kindersterblichkeit und dem Familieneinkommen, zwischen Bildung und Geburtenraten. Eindrucksvolle, leicht verständliche Grafiken, ‚Bubbles‘, stellen die Welt dar, wie sie heute ist. Verfolgbar mit allen Veränderungen auf www.gapminder.org. Er erläutert den Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit und Bildung, über Religionen und Kontinente hinweg.
Rosling spricht von überdramtisierter Weltsicht. Die Menschen folgen ihrer Neigung zum Dramatisieren. Ständig in Sorge zu sein, scheint für unsere Vorfahren ein Überlebensvorteil gewesen zu sein. Heute sorgt diese Sicht dafür, dass wir die Welt deutlich düsterer sehen, als sie ist. Aber möglicherweise sorgt sie auch dafür, dass wir falsche Entscheidungen treffen. Sicher, die wenigsten von uns sind verantwortlich dafür, das Geld ihrer Kunden in Zukunftsmärkte zu investieren. Und können falsch liegen, wenn sie Geburtenraten nicht kennen und ein Wachstum damit falsch einschätzen. Aber die Entscheidung, die eigenen Kinder impfen zu lassen, oder nicht, treffen viele von uns. Faktenbasiert oder ‚aus dem Bauch heraus‘? Richtig oder falsch?
Schlechte Nachrichten lassen sich besser verkaufen, als Erzählungen über Menschen, die langsam und erfolgreich ein besseres Leben leben können. Geschichten über extreme Armut oder Milliardäre, Wunderheilungen oder Haiangriffe lassen sich besser an die Leser bringen, als sich langsam verbessernde Lebensumstände. Die ausgeprägte Neigung der Menschen zu binärem Denken, dazu, zwei Gruppen zu bilden, zwischen denen es dann nur einen leeren Raum gibt, erschwert es uns, die Welt so zu sehen, wie sie ist.
Besonders beeindruckt hat mich Roslings Analyse dahingehend, dass Systeme die Lebensumstände der Vielen verbessern, nicht Einzellleistungen, wie wir so oft annehmen. Einzellleistungen sind der Zündfunke, werden möglicherweise aufmerksamer verfolgt, „dramatischer“ und damit als relevanter bewertet, als z.B. der systematisch gelegte Zugang zu sauberem Wasser für Tausende von Menschen. Erst das System verändert die Lebensumstände dann wirklich und nachhaltig.
Rosling belegt, dass sich die Welt verbessert hat und zwar für Milliarden Menschen. Verbessert durch wissenschaftliches Denken und Arbeiten und durch Hinwendung zu faktenbasierter und damit vernünftiger Weltsicht. Überzeugen Sie sich selbst und lernen Roslings Methoden kennen, um Nachrichten ‚richtig‘ einschätzen und einordnen zu können.
- Hat sich die Zahl der Todesopfer von Naturkatastrophen in den letzten hundert Jahren verdoppelt, nicht verändert oder halbiert? (Sie hat sich halbiert)
- Wieviele Menschen auf der Welt haben Zugang zu Elektrizität? 20%? 50% oder 80% (Es sind 80%!)
- Wieviele Mädchen absolvieren in Ländern mit niedrigem Einkommen die Grundschule? 20%? 40% Oder 60% (Es sind 60%!)
- Hat sich die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen in den letzten 20 Jahren verdoppelt, nicht verändert oder halbiert? (Sie hat sich deutlich mehr als halbiert).“
Hans Rosling, Factfulness, 400 S., 24,00 €, Ullstein, ISBN 978-3-550-08182-8
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