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Endkunden-Geschäft im Verlag: Wie schaffen Sie es, Ihren Webshop zum profitabelsten Vertriebskanal zu machen?

Die wenigsten Verlage äußern sich öffentlich zufrieden mit ihrem direkten Endkundengeschäft übers Internet. Teilen Sie diese Unzufriedenheit?

Nein, die teile ich nicht. Der Unsichtbar Verlag erzielt etwa ein Drittel seines Gesamtgewinns übers Direktgeschäft aus dem Shop. Wir müssten die fünffache Menge über den Großhandel verkaufen, um denselben Deckungsbeitrag zu erzielen.

Glauben Sie, die Äußerungen aus anderen Verlagen sind die üblichen Kaufmanns-Klagen, oder sind die Erwartungen überzogen, oder läuft da schlicht was falsch?

Das dürfte ganz individuell sein. Wenn ein Verlag nur ein paar Aufträge pro Tag hat, dann macht er sicher was falsch. Aber grundsätzlich sind die Erwartungen vermutlich auch zu hoch.

Was läuft konkret falsch in Shop-Projekten?

Projektbezogen ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis entscheidend. Wenn ich es in der Planung aus dem Blick verliere, werde ich nicht zufriedenstellend wirtschaften.

Sie selber äußern sich zufrieden mit dem Ergebnis Ihrer E-Commerce-Aktivitäten. Tragen die sich tatsächlich im Sinne einer Formel: Ergebnis = Kostendeckung plus ausreichender Gemeinkosten-Beitrag?

Ja, auf jeden Fall. Der Shop erwirtschaftet von allen unseren Vertriebsaktivitäten den höchsten Deckungsbeitrag. Das liegt auch an unserer Leserschaft: junge Leute, von denen viele Amazon boykottieren. Versandkostenfreiheit, schnelle Lieferung und Produkte, die es nur bei uns gibt, erhöhen weiter die Kunden-Loyalität.

Nennen Sie doch mal eine konkrete Kennzahl, damit man sich eine ungefähre Größenordnung vorstellen kann!

Wir setzen etwa 3.000 Euro im Monat im Unsichtbar-Shop um. Ein durchschnittlicher Warenkorb ist über 18 Euro „schwer“. Wir fulfillen für 40 Cent pro Sendung plus Porto. Aber das kam nicht von heute auf morgen, sondern ist Ergebnis jahrelanger strategisch fundierter Arbeit.

Was ist profitabler für Sie, physische Produkte oder digitale?

Bedingt durch unsere junge Leserstruktur, hat das E-Book gar keinen so hohen Stellenwert. Die lesen lieber gedruckte Bücher – aber keine dicken mit 500 Seiten, sondern knackige Texte, die auf den Punkt kommen. Die Digital Natives sitzen den ganzen Tag vor dem Computer und wollen wenigstens eine Tätigkeit ohne Bildschirm. Der Gesamtanteil des E-Books im Unsichtbar Verlag liegt nach Umsatz bei fünf Prozent. Nur unsere Edition kleinLAUT…

… das sind Mini-Books…

… ja, Kurzgeschichten etc. in Buchform mit maximal 40 Seiten und einem Format von 10 x 8 cm – die läuft in E-Book-Form etwas besser. Was in Print vergriffen ist, liefern wir natürlich als E-Book weiter aus.

Was für Technik steckt in Ihrem E-Commerce-Bereich?

Der Shop basiert auf XTCmodified, und ich habe ihn an einem Tag implementiert und produktiv gesetzt. Hinzu kamen dann noch die Einpflege der Produkte und etwas Programmierung für Sonderfunktionen und Anpassungen, welche durch die Standardfunktionen nicht abgedeckt waren.Das allein ist natürlich keine Benchmark für alle Verlage, da ich das wie gesagt selbst machen konnte. Wichtig ist aber die genaue Abschätzung der Funktionen, die ich wirklich brauche. Das meiste Geld wird für unnötige Funktionen und Berater verschwendet. Dabei ist der Shop nicht schmalspurig, sondern eine Hochleistungs-Maschine. Er hat schon bis zu 1.800 Aufträgen in 24 Stunden klaglos verarbeitet – das war, nachdem der Carlsen Verlag gegen unsere Edition kleinLAUT Gebrauchsmuster-Schutzrechte in Anspruch nahm. Um den Schaden zu begrenzen, haben wir unsere Kunden erfolgreich aktiviert. Unser Beispiel zeigt, dass ein Verlag nicht hunderttausend Euro in die Hand nehmen muss, um E-Commerce betreiben zu können.


Im Fulfillment wird viel Geld verballert, was für Abläufe hat der Unsichtbar-Shop?

Seit einem Jahr liefern wir Shopbestellungen selbst aus – nicht weil es günstiger wäre, sondern weil wir damit unsere Werbebeilagen flexibler steuern können. B2B wird bei Herold ausgeliefert.

Woher bekommen Sie Ihre Aufträge und was kostet deren Gewinnung Sie ungefähr?

Wir machen keinerlei Handelswerbung mehr. Lieber werbe ich in einer Metzgerei als in einer Buchhandlung. Vor 10 Jahren hatte man als kleiner Verlag noch Chancen bei Buchhandlungen, heute nicht mehr. Man bekommt nur zu hören, dass man überleben muss und sich deswegen auf die Bestseller konzentriert, und schimpft dann noch etwas auf die Leser. Diese Bestseller bekommt man aber auch bei REWE an der Kasse und somit werden in den nächsten Jahren leider 75% des Buchhandels sterben, da sie nicht verstanden haben, was ihr USP ist.

Was ist dann Ihr Marketing-Mix?

B2C spielt Social Media nicht mehr die zentrale Rolle. Wir verkaufen heute am meisten über Youtube – mehr als über Facebook. Wir haben zwar über Facebook 20.000 Fans, die haben wir früher mit unseren Posts auch erreicht. Wenn ich früher gerade einen 

Praktikanten im Haus hatte, konnte der nach Belieben posten und die Aufträge gleich fulfillen. Das funktioniert heute nicht mehr. Wenn wir ohne zu zahlen posten, erreichen wir nur noch zwischen 200 und 400 Nutzer. Sponsored Posts lohnen nicht. Das liegt sicher auch an unserer Zielgruppe, die heute nicht mehr so aktiv in Facebook ist. Selbst unsere 1.500 Twitter-Follower generieren mehr Response. Pinterest und Tumblr ergänzen unseren Werbe-Mix. Da laufen Sneak Previews unserer Cover recht gut. Was wir fast überhaupt nicht mehr machen, ist E-Mail-Marketing. Die zentrale Rolle spielt quasi ein Empfehlungsmarketing aufgrund von verschiedenen Multiplikatoren, wie z.B. Blogger (egal ob Text oder Video). Wir bemustern wieder sehr stark und zwar mit digitalen Leseexemplaren mit Kopierschutz, was für uns kostentechnisch natürlich ein Traum ist.

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Und neue Kanäle wie WhatsApp?

WhatsApp ist für uns nicht nutzbar. Wir sammeln keine Mobilnummern unserer Interessenten, das ist aus unserer Sicht nicht nachhaltig, da wir es selbst illoyal finden. Wenn wir aber die Netzwerke unserer Autoren mit nutzen, bekommen wir eine direkte Social-Media-Reichweite im 6-stelligen Bereich.


Sie sagen, dass es keine Frage der Größe ist, als Publikumsverlag erfolgreich B2C E-Commerce zu treiben. Lässt sich Ihr Modell denn so ohne weiteres hochskalieren?

Ich würde mir als großer Verlag umgekehrt überlegen, ob ich meine Organisation runterskalieren und kleine Strukturen einziehen könnte. Unter der Einbindung in Verwertungsketten und unter dem Agentenwesen leidet die Qualität des Programms. Wir brauchen die direkte persönliche Beziehung zu unseren Autoren. Verlage leben von loyalen Autoren: wir haben knapp über 30 von ihnen, die ich allein beziehungsweise im familiären und professionellen Netzwerk betreue. Mit denen gut zusammenzuarbeiten, reicht uns. Der Verlag lädt sie alle einmal im Jahr für drei Tage zu einem Urlaub ein. Wir nennen das dann Autorenfreizeit und es hat etwas von einem Schullandheim.

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Das steigert ihre Bindung an den Verlag und an einander. Solche Strukturen und Ideen könnte ich in einem großen Verlag auch implementieren.

Das klingt mit Verlaub ein bisschen nach Liebhaberei.

Ich lebe mit meiner Familie seit fast 15 Jahren vom Verlegen und zwar problemlos, aber es ist trotzdem Liebe zu diesem Beruf, die mich anspornt.

Andreas Köglowitz ist Verleger des Unsichtbar Verlages in Diedorf bei Augsburg. In seinem Programm erscheinen jährlich etwa 15 Buch-Novitäten. In seinem Shop bietet er zusätzlich Nicht-Medien an. Auffällig ist seine Produkt- und Preis-Strategie: Sie setzt stark auf kurze, schnelle und preisgünstige Lektüre.

Andreas Köglowitz hat eine Ausbildung zum IT-Kaufmann absolviert und mehrere Jahre in IT-Firmen Projekt- und Beratungsarbeit betrieben. Unter seiner Leitung entstanden einige der frühesten Mass-Customization-Projekte.

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Teaser-Bild: Opens external link in new windowSharjeel Ashraf / flickr Lizenz: Opens external link in new windowCC BY 2.0

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