Malcolm Gladwell (hier die Webseite) hat den Hattrick geschafft. Nach „Tipping Point“ (2000) und „Blink“ (2005) hat der in Kanada aufgewachsene gebürtige Engländer seinen dritten Sachbuch-Bestseller geschrieben. „Outliers: The Story of Success“ sorgt seit Anfang Dezember in den USA für Furore und beschert dem Buchhandel klingelnde Kassen. Die Startauflage von 700000 Exemplaren war in wenigen Tagen abverkauft.
Outlier ist der englische Begriff für einen statistischen Ausreißer. Gladwells Ausreißer sind Menschen, die durch bestimmte Umstände erfolgreich geworden sind. „Über-flieger sind jene, denen sich Gelegenheiten eröffnet haben, und die dann die Stärke und Geistesgegenwart hatten, um diese zu ergreifen“ sagt der 45-Jährige. Microsoft-Gründer Bill Gates zum Beispiel gehört dazu, der in Seattle zufällig neben einer der weltweit ganz wenigen Schulen lebte, die bereits 1968 einen Computerclub hatte, in dem er schon frühzeitig das Programmieren lernte.
Erfolg im zweiten Anlauf
Auch Gladwell selbst fällt in diese Rubrik, obwohl er sich selbst nicht als Überflieger sieht und den eigenen Erfolg in Interviews immer wieder herunterspielt. Der Sohn einer Psychotherapeutin aus Jamaika und eines Engländers, der an der kanadischen Universität von Waterloo Mathematik unterrichtete, wollte eigentlich in die Werbung, fand dort aber keinen Job und wurde stattdessen Journalist. Über das Politmagazin „The American Spectator“ kam er 1987 zur „Washington Post“ und wechselte 1996 zum „New Yorker“.
Gladwells Kolumnen über „Gott und die Welt“ hatten schon eine große Fangemeinde als er „Tipping Point“ veröffentlichte, in dem er das Entstehen und Funktionieren von Trends unter die Lupe nahm und damit eine Bibel für Marketingprofis schuf. Endgültig zum Kultautor „intellektueller Abenteuergeschichten“, wie es ein amerikanischer Kritiker einmal formulierte, wurde Gladwell 2005 mit „Blink“, dem Bestseller über die Rolle der Intuition bei Entscheidungsfindungen.
Ob „Tipping Point“, „Blink“ oder „Outliers“ – Gladwells Bücher haben einen wissenschaftlichen Hintergrund, sind aber keine trockenen Abhandlungen. Stattdessen bereitet der Autor mit dem Afro-Wuschelkopf als Markenzeichen seine Thesen mit Vignetten aus dem täglichen Leben so populär auf, dass sich jeder Leser darin irgendwo wiedererkennt. Den „Gladwellschen Dreh“ nennt seine deutsche Verlegerin Annette C. Anton diesen Aha-Effekt, der beim Publikum so gut ankommt.
Die Bücher des Kanadiers erscheinen in 30 Ländern, sein größter Markt aber sind die USA:
- 2,5 Mio Exemplare Gesamtauflage von „Tipping Point“; seit 2000 steht das Buch ohne Unterbrechung auf der „Business Week“-Bestsellerliste.
- 2 Mio Exemplare Gesamtauflage von „Blink“.
- 4 Mio Dollar hat Little, Brown angeblich für die Rechte an „Outliers“ bezahlt.
- 40000 Dollar, in Einzelfällen sogar noch erheblich mehr, kassiert die Redneragentur Leigh Bureau für jeden Auftritt Gladwells als Gastredner; vor allem internationale Großkonzerne reißen sich um den 45-Jährigen.
Von den US-Auflagen ist Campus zwar weit entfernt. Aber mit 25000 verkauften „Blink“ im Hardcover und einer Startauflage von 30000 Exemplaren für den am 15. Januar erschienenen Titel „Überflieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht“ ist Campus-Programmchefin Anton durchaus zufrieden. „Wir hoffen mit diesem Buch auf den großen Durchbruch auch in Deutschland“.
Das Interesse an Gladwell und „Überflieger“, der auf Platz 36 in die „Spiegel“-Bestsellerliste eingestiegen ist, ist erheblich. Unmittelbar vor dem Erscheinungstermin hatte der „Spiegel“ ein Interview mit dem Autor veröffentlicht, der zudem im Januar bei vier Vortragsveranstaltungen in Köln, Berlin, Frankfurt und Zürich medienwirksame Schützenhilfe geleistet hat.
Für den US-Import hat Campus ein dickes Marketingpaket geschnürt:
- 14 Tage Radiowerbung in Berlin zusammen mit Dussmann, der „Überflieger“ zeitgleich in einem Schaufenster zur Friedrichstraße und auf einem Büchertisch im Erdgeschoss präsentiert.
- Anzeigen im Faltblatt „Ihr Reiseplan“ der Deutschen Bahn in 100 Zügen (Auflage 600000).
- Trailer auf Youtube (s. Abb.), campus.de und Amazon sowie Präsentation auf LitVideo Displays in 73 Buchhandlungen.
- Intensive Online-Werbung u.a. mit Werbebanner bei hugendubel.de und Zeit Online sowie durch Google Adwords.
Anja Sieg, sieg@buchreport.de
aus: buchreport.magazin 2/2009
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