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Erfolgsfaktoren für E-Book-Bundles

Geben die Leser viel Geld für E-Books aus, wenn sie den Preis selbst bestimmen können? Offenbar ja, zeigt der Erfolg des E-Book-Pakets bei „Humble Bundle“. Über 1,2 Mio Dollar haben Autoren dort mit ihrem Science-Fiction und Fantasy-Paket umgesetzt. Lässt sich der Erfolg auch auf andere Titel übertragen?
Wie berichtet, haben verschiedene Science-Fiction- und Fantasy-Autoren über die US-Plattform „Humble Bundle“ ein E-Book-Paket aus 13 englischsprachigen Werken angeboten. Das Besondere: Die Nutzer konnten selbst bestimmen, wie viel sie für das Paket bezahlen wollen. Die Aktion war auf zwei Wochen befristet.
Nach zwei Wochen ist die Aktion jetzt abgeschlossen. Die Bilanz:
  • Insgesamt wurden 84.000 E-Book-Pakete verkauft.
  • Rund 1,2 Mio Dollar wurden eingenommen, davon gehen 120.000 Dollar an die gemeinnützige Organisation „Child’s Play“.
  • Im Durchschnitt haben die Nutzer 14,28 Dollar für das Bundle ausgegeben.

Den Erfolg des Projekts führt der Autor John Scalzi, dessen E-Book „Old Man’s War“ Teil des Pakets war, im Blog der Plattform auf folgende Faktoren zurück:
  • Die Marke: Für das E-Book-Projekt konnten die Autoren auf eine große Community zurückgreifen. „Humble Bundle“ hat bereits zahlreiche Bundles verkauft, vor allem Games, aber auch Musiktitel sind dort zum Wunschpreis erhältlich. So habe sich die Plattform einen guten Ruf für hochwertige Bundles sichern können, werde als glaubwürdig und vertrauenswürdig angesehen.
  • Ein attraktiver Mix: Das Paket sei genau auf die Zielgruppe der Gamer zugeschnitten, die sich insbesondere für Genres Science-Fiction und Fantasy interessierten. Auch der Autoren-Mix habe sich bewährt und habe sowohl begeisterte Genre-Fans als auch Neulinge angesprochen. Auch die Titel hätten sich ideal ergänzt: Sowohl neue wie ältere Titel, Bestseller und Raritäten, Romane und Reihen, Klassiker und neue Trendthemen waren enthalten. Zudem konnten einige Autoren auf eine große Online-Community zurückgreifen, um das Paket zu bewerben.
  • Verzicht auf Kopierschutz: Das E-Book-Bundle wurde ohne Kopierschutz (DRM) angeboten. Scalzi: „Für eine signifikante Gruppe von Personen ist der Kopierschutz ein Deal-Killer und umgekehrt der nicht vorhandene Kopierschutz selbst ein Verkaufsargument.“
  • Ein gemeinnütziger Aufhänger: Die Nutzer konnten auch bestimmen, wie die Einnahmen aufgeteilt werden soll: Über einen Schieberegler ließ sich der Betrag zwischen den Autoren, den Betreibern der Plattform und gemeinnützigen Organisationen verteilen. Für Scalzi ein wichtiger Aspekt: „Die Menschen scheinen eher gewillt zu sein sich für ein Online-Angebot zu engagieren, wenn es einen gemeinnützigen Aufhänger gibt.“
  • Einzigartigkeit: Zudem sei „Humble Bundle“ das erste öffentlichkeitswirksame E-Book-Bundle-Angebot bekannter Autoren gewesen. Allein diese Tatsache habe viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
  • Wunschpreis: Die Tatsache, dass man sie das E-Book-Paket auch für einen Penny erwerben konnte, habe viele Nutzer aufhorchen lassen. Auch nach oben wurden keine Grenzen gesetzt, bis zu 1.200 Dollar haben sich andere das Paket kosten lassen.
  • Zeitliche Begrenzung: Da die Aktion auf zwei Wochen begrenzt war, mussten die Nutzer zudem schnell zuschlagen.
Die Chancen ständen gut, den Erfolg zu wiederholen, sofern man die Erfolgsfaktoren berücksichtigt oder neue Faktoren hinzunehme, resümiert Scalzi. Allerdings müssten fremde Unternehmen erst einmal eine entsprechende Community und Markenbekanntheit aufbauen. Verlage sollten in Betracht ziehen, sich vom harten Kopierschutz zu verabschieden – auch wenn nicht auszuschließen sei, dass man auch mit anderen Modellen Erfolg haben könnte, hier sei Experimentierfreude gefragt. 
Aus Sicht von Katja Splichal von PaperC ist der Erfolg von „Humble Bundle“ für Verlage eine schlechte Neuigkeit: „Es sind die Vorboten einer neuen Generation von Autoren, die die Spielregeln selbst schreiben wollen, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, wo ihre Bücher mit welchen Konditionen, Preisen und Schutzmaßnahmen verkauft werden, die den Gewinn lieber mit Hilfsorganisationen und NGOs teilen als mit Verlagen – und die auch bereit sind, den riesigen Berg an Arbeit zu übernehmen, den die Abkehr vom institutionalisierten Publishing mit sich bringt“, schreibt sie im PaperC-Blog.
Doch eins zu eins übernehmen können Urheber das Geschäftsmodell in Deutschland nicht. Ein ähnliches Experiment vom Berlin Story Verlag war nicht mit dem Buchpreisbindungsgesetz vereinbar, erklärten die Preisbindungstreuhänder. Der Verlag bzw. Vertreiber ist verpflichtet, einen festen Preis festzusetzen (hier mehr). Nehmen die Autoren stattdessen den Umweg über den Verleih – bieten sie beispielsweise eine themenspezifische E-Book-Bibliothek – könnte die Idee jedoch auch hierzulande im Einklang mit der Buchpreisbindung umgesetzt werden. 

Kommentare

4 Kommentare zu "Erfolgsfaktoren für E-Book-Bundles"

  1. Ich meine, so ein Konzept könnte in Deutschland auch durchgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass nur eBooks angeboten werden, bei denen die Preisbindung aufgehoben wurde.
    § 8 BuchPrG Dauer der Preisbindung

    (1) Verleger und Importeure sind berechtigt, durch Veröffentlichung in geeigneter Weise die Preisbindung für Buchausgaben aufzuheben, deren erstes Erscheinen länger als achtzehn Monate zurück liegt.
    Dies sollte bei allen eBooks, die vor Mai 2011 erschienen sind, sofort möglich sein.
    Interessant ist dann weiterhin die Frage, bei wem die eBook-Rechte liegen, ob beim Verlag oder dem Autor. Gewöhnlich fallen Rechte hierzulande ja nur dann an den Autor zurück, wenn der Verlag einen Titel nicht mehr vorhält, wenn also eine Druckauflage abverkauft wird und der Verlag sich nicht zu einem Nachdruck durchringen kann.
    Ebooks sind ja aber eigentlich nie ausverkauft. Wenn also die Autorenverträge keine zeitliche Limitierung vorsehen, wären hierzulande eher die Verlage diejenigen, die ein deutsches Humble-Bumble-Paket anbieten könnten.
    Nun gibt es ja aber viele Backlist-Titel von Autoren, deren Rechte an sie zurückgefallen sind, weil die Verlage die Titel nicht mehr drucken wollen. Diese könnten also dann als Humble-Bumbles angeboten werden, wenn sie jetzt zuvor anderthalb Jahre als eBooks angeboten würden. Demnach müßten Autoren, die sich für ein solches Modell interessieren, kurzfristig einen alten Titel zu einem eBook machen, um ihn anderthalb Jahre auf dem Markt zu haben, um dann den Ladenpreis aufheben zu können und so ein Projekt selbstständig anzugehen.
    Interessant wäre dazu die Frage, ob es reicht, irgendwo sein Buch als Ebook zu verlegen, es anderthalb Jahre auf dem Markt zu halten und dann den Ladenpreis aufzuheben, um es dann in so einer Humble Bumble-Packung wiederauferstehen zu lassen.
    Könnten Autoren also ihren Backlist-Titel, an dem sie die Rechte haben, z.B: im Rahmen des Amazon-KDP-Programmes schnell als Ebook auf Amazon einstellen (wahrscheinlich für viele Autoren der einfachste Weg, mal eben an ein Ebook zu kommen), um dann nach anderthalb Jahren den Titel bei Amazon wieder rauszunehmen, um ihn zu humbel-bumbeln? Wer ist eigentlich der Verleger im Sinne des BuchPrG, wenn Autoren ihre Titel bei Amazon einstellen? Amazon oder der Autor? Und ist die einmal dort oder auf einer anderen Plattform erschienenen Ausgabe die, deren LP der Autor als Selbstverleger dann aufheben kann, um künftig damit tun und lassen zu können, was er will?
    Klingt nach Arbeit für die Rechtsabteilung und den Grenzen des Preisbindungsgesetzes in Zeiten neuer Ebook-Modelle…

  2. Stefan Holzhauer | 25. Oktober 2012 um 20:40 | Antworten

    Die Variante mit dem Preis von 0,01 Euro pro Buch wird ebenfalls nicht funktionieren, zumindest dann nicht, wenn die eBooks bereits auf dem Markt erhältlich sind – wie es beim Humble eBook Bundle der Fall war. Die Rechtsabteilung des Börsenvereins ist der Ansicht, dass eine solche Aktion in Deutschland gegen das Buchpreisbindungsgesetz verstößt. Und das sogar dann, wenn sie vom Ausland aus angeboten werden würde. Woher ich das weiß? Ich habe nachgefragt: http://phantanews.de/wp/?p=205
    Man kann leider nur konstatieren, dass die Anwendung unzeitgemäßer Gesetze hierzulande für deutliche Wettbewerbsnachteile sorgt.

  3. Angepasst kann man das Projekt auch in Deutschland wiederholen.
    Das Bundle kostet ja mindestens ein Penny.
    Warum nicht 0.01€ als Verkaufspreis ansetzen und gerne größere Spenden annehmen?
    Ds wäre ja der große Unterschied zum Versuch des Berlin Story Verlags- das Buch kostete keine 0€, sondern „das was man bereit zu zahlen war“. Ein kleiner, aber gewichtiger Unterschied.

    Die Spender beim Humble Bundle haben ja auch deutlich mehr gezahlt.

    Leider besitze ich kein nötiges Organisatiostalent, aber das Projekt könnte man locker mit deutschen Indieautoren wiederholen.

    Natürlich müssten die eBooks dann eine Sonderausgabe sein- sprich epub Datei plus „Sonderausgabe“ im Titel.

  4. — im Blog schreibe ich aber auch „Ich glaube nun nicht, dass jeder Autor in der Lage ist, Bücher mit derart großer Nachfrage zu schreiben. Ich glaube auch nicht, dass es jedem Autor gegeben ist, sich eine auch nur ansatzweise mit der von Neil Gaiman und Kelly Link zu vergleichenden Reichweite und Anhängerbasis zu erarbeiten oder dass im ungleich kleineren deutschen Markt (mittlerweile, eine Stunde später) 78.000 Bundles über den Router gegangen wären – aber ich glaube, dass wir hier mal wieder einen Evolutionssprung hin zu nutzerseitig gedachten und visionären, dennoch rentablen eBook-Vertriebsmodellen zu sehen bekommen, und ich glaube, dass Verlage gut daran tun, sich diese Vorgänge gründlich anzusehen, zu lernen und den Vordenkern zu danken.“

    Was mir wichtig ist:
    Nicht zuletzt der Charity-Aspekt bedarf hierbei einiger gesonderter Überlegungen, denn es verbindet die Teilhabe des Individuums wie beim Crowdsourcing mit dem Interesse am Produkt und das halte ich für einen neuen Weg der Wertschöpfung, der auch für etablierte Unternehmen zusehends spannender wird.

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