Verlage lieben B2C nicht sonderlich. Dies gilt zumindest für Publikumsverlage. Viele von ihnen stellen fest, dass ihre Investitionen sich nicht gut rechnen. In solchen Fällen muss etwas schief gelaufen sein, findet Verleger Andreas Köglowitz (Foto). Er hat seinen E-Commerce konsequent ausgebaut – auch angesichts schwindender Aussichten im Buchhandel. Der prozentuale Deckungsbeitrag des B2C-Kanals ist bei ihm fünfmal so hoch wie der Großhandels-Vertrieb. Vielleicht ein Muster für viele kleine – und große? – Buchverlage.
Köglowitz ist Verleger des Unsichtbar Verlages in Diedorf bei Augsburg. In seinem Programm erscheinen jährlich etwa 15 Buch-Novitäten. In seinem Shop bietet er zusätzlich Nicht-Medien an. Auffällig ist seine Produkt- und Preis-Strategie: Sie setzt stark auf kurze, schnelle und preisgünstige Lektüre. Köglowitz hat eine Ausbildung zum IT-Kaufmann absolviert und mehrere Jahre in IT-Firmen Projekt- und Beratungsarbeit betrieben. Unter seiner Leitung entstanden einige der frühesten Mass-Customization-Projekte.
Die wenigsten Verlage äußern sich öffentlich zufrieden mit ihrem direkten Endkundengeschäft übers Internet. Teilen Sie diese Unzufriedenheit?
Nein, die teile ich nicht. Der Unsichtbar Verlag erzielt etwa ein Drittel seines Gesamtgewinns übers Direktgeschäft aus dem Shop. Wir müssten die fünffache Menge über den Großhandel verkaufen, um denselben Deckungsbeitrag zu erzielen.
Glauben Sie, die Äußerungen aus anderen Verlagen sind die üblichen Kaufmanns-Klagen, oder sind die Erwartungen überzogen, oder läuft da schlicht was falsch?
Das dürfte ganz individuell sein. Wenn ein Verlag nur ein paar Aufträge pro Tag hat, dann macht er sicher was falsch. Aber grundsätzlich sind die Erwartungen vermutlich auch zu hoch.
Was läuft konkret falsch in Shop-Projekten?
Projektbezogen ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis entscheidend. Wenn ich es in der Planung aus dem Blick verliere, werde ich nicht zufriedenstellend wirtschaften.
Sie selber äußern sich zufrieden mit dem Ergebnis Ihrer E-Commerce-Aktivitäten. Tragen die sich tatsächlich im Sinne einer Formel: Ergebnis = Kostendeckung plus ausreichender Gemeinkosten-Beitrag?
Ja, auf jeden Fall. Der Shop erwirtschaftet von allen unseren Vertriebsaktivitäten den höchsten Deckungsbeitrag. Das liegt auch an unserer Leserschaft: junge Leute, von denen viele Amazon boykottieren. Versandkostenfreiheit, schnelle Lieferung und Produkte, die es nur bei uns gibt, erhöhen weiter die Kunden-Loyalität.
Nennen Sie doch mal eine konkrete Kennzahl, damit man sich eine ungefähre Größenordnung vorstellen kann!
Wir setzen etwa 3000 Euro im Monat im Unsichtbar-Shop um. Ein durchschnittlicher Warenkorb ist über 18 Euro „schwer“. Wir fulfillen für 40 Cent pro Sendung plus Porto. Aber das kam nicht von heute auf morgen, sondern ist Ergebnis jahrelanger strategisch fundierter Arbeit.
Was ist profitabler für Sie, physische Produkte oder digitale?
Bedingt durch unsere junge Leserstruktur, hat das Ebook gar keinen so hohen Stellenwert. Die lesen lieber gedruckte Bücher – aber keine dicken mit 500 Seiten, sondern knackige Texte, die auf den Punkt kommen. Die Digital Natives sitzen den ganzen Tag vor dem Computer und wollen wenigstens eine Tätigkeit ohne Bildschirm. Der Gesamtanteil des Ebooks im Unsichtbar Verlag liegt nach Umsatz bei fünf Prozent. Nur unsere „Edition kleinLAUT“…
… das sind Mini-Books…
… ja, Kurzgeschichten etc. in Buchform mit maximal 40 Seiten und einem Format von 10 x 8 cm – die läuft in E-Book-Form etwas besser. Was in Print vergriffen ist, liefern wir natürlich als E-Book weiter aus.
Was für Technik steckt in Ihrem E-Commerce-Bereich?
Der Shop basiert auf XTCmodified, und ich habe ihn an einem Tag implementiert und produktiv gesetzt. Hinzu kamen dann noch die Einpflege der Produkte und etwas Programmierung für Sonderfunktionen und Anpassungen, welche durch die Standardfunktionen nicht abgedeckt waren.Das allein ist natürlich keine Benchmark für alle Verlage, da ich das wie gesagt selbst machen konnte. Wichtig ist aber die genaue Abschätzung der Funktionen, die ich wirklich brauche. Das meiste Geld wird für unnötige Funktionen und Berater verschwendet. Dabei ist der Shop nicht schmalspurig, sondern eine Hochleistungs-Maschine. Er hat schon bis zu 1800 Aufträgen in 24 Stunden klaglos verarbeitet – das war, nachdem der Carlsen Verlag gegen unsere Edition kleinLAUT Gebrauchsmuster-Schutzrechte in Anspruch nahm. Um den Schaden zu begrenzen, haben wir unsere Kunden erfolgreich aktiviert. Unser Beispiel zeigt, dass ein Verlag nicht hunderttausend Euro in die Hand nehmen muss, um E-Commerce betreiben zu können.
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