Nach den Vorsitzenden des baden-württembergischen Landesverbandes antworten nun die Vorsitzenden der Landesverbände – mit Ausnahme der nordrhein-westfälischen, die eine Fusion mit dem Bund nach wie vor befürworten – gemeinsam auf den offenen Brief der Osiander-Chefs Hermann-Arndt und Heinrich Riethmüller.
Erstaunt zeigen sich die Unterzeichner vor allem über das Verständnis ehrenamtlichen Engagements, das von den Osiander-Chefs als „Verbandsbürokratie“ bezeichnet wird. Die Arbeit der Ehrenamtlichen sowohl im Bund als auch in den Ländern sei unverzichtbar, so die Vorsitzenden.
Hier der Brief im Wortlaut:
„In der Diskussion um die Verschmelzung des NRW-Landesverbandes auf den Bundesverband haben nun die Kollegen der Osianderschen Buchhandlung, Hermann-Arndt und Heinrich Riethmüller, in einem Offenen Brief Stellung bezogen. Der Aufforderung der baden-württembergischen Kollegen, in dieser Frage eine lebendige, offene Diskussion zu führen, kommen wir sehr gerne nach.
Unserer Meinung nach liegt der Argumentation des Offenen Briefes der Osianderschen Buchhandlung allerdings ein grundsätzliches Missverständnis zugrunde. So heißt es dort anfangs: „Im Jahr 2007 [Anmerkung: das war übrigens 2002] hat der Landesverband Baden-Württemberg mit einer aufwendigen Satzungsänderung seine Selbständigkeit aufgegeben.“ Begründet wird diese Auffassung dann mit einem Zitat aus § 1 der Satzung, in der geregelt ist, dass der Landesverband „eine rechtlich selbständige (!), regionale Untergliederung des Gesamtvereins Börsenvereins“ sei.
Wie verhält es sich nun wirklich? Sowohl die Landesverbände als auch der Frankfurter Bundesverband haben sich bei der Gründung des Gesamtvereins 2002 als dessen gleichberechtigte und nach wie vor rechtlich selbständige Verbände definiert. Wenn man der Osianderschen Argumentation folgt, könnte man ebenso der Meinung sein, der Frankfurter Bundesverband hätte „seine Selbständigkeit aufgegeben“, was selbstverständlich nicht der Fall ist. Bundesverband und Landesverbände sind und bleiben nach wie vor eigenständige und selbständige Teile des Gesamtvereins, bis die jeweiligen Mitglieder etwas anderes entscheiden.
Und genau darum geht es in der aktuellen Diskussion. Der Landesverband NRW will sich auf den Bundesverband verschmelzen und die Osiandersche Buchhandlung möchte diesen Prozess jetzt auch in Baden-Württemberg einleiten, was ihr gutes Recht ist. Die Mitglieder dort sollen und müssen selbst entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Da diese Frage allerdings sehr grundsätzlicher Natur ist, das Grundkonzept des Gesamtvereins tangiert und deshalb letztlich alle Landesverbände betrifft, möchten wir an dieser Stelle – ohne genau auf die finanziellen und verbandspolitischen Verhältnisse in NRW und Baden-Württemberg eingehen zu wollen – doch einige grundsätzliche Anmerkungen zu diesen Überlegungen öffentlich machen.
Bisher war die Verbandspolitik von dem Verständnis geprägt, dass sich die Arbeit der Landesverbände und die des Bundesverbandes komplementär verhalten. Der Bundesverband kümmert sich um Fragen von nationaler und internationaler Bedeutung, die Landesverbände setzen die verbandspolitisch gewollten Themen, Aktionen und Veranstaltungen in den Regionen um, so dass die Arbeit auf beiden Ebenen der Vorder- und Rückseite einer wohlüberlegt geprägten Börsenvereinsmedaille gleicht. Diese Form der Zusammenarbeit der Verbände und der gemeinsamen Interessensvertretung der Mitglieder hat sich in der Vergangenheit bewährt und wir sind dezidiert der Meinung, dass diese Form der dezentralen Organisation bestens geeignet ist, dem Strukturwandel unserer Branche zu begegnen.
Insbesondere sind wir erstaunt über das Verständnis ehrenamtlichen Engagements, das sich in dem Offenen Brief artikuliert, indem die Tätigkeit auf 41 ehrenamtlichen Positionen im baden-württembergischen Landesverband als „Verbandsbürokratie“ begriffen wird. Ist dann auch die Tätigkeit der Ehrenamtlichen im Frankfurter Bundesverband (Vorstand, SoA, VA usw.) lediglich eine „Verbandsdemokratie, die vor allem sich selber verwaltet“? Unserer Auffassung nach ist die Arbeit der Ehrenamtlichen sowohl im Bund als auch in den Ländern unverzichtbar. Wir Ehrenamtlichen entscheiden – ohne die Arbeit des Hauptamtes dadurch gering schätzen zu wollen – über den verbands-, wirtschafts- und kulturpolitischen Kurs des Börsenvereins, denn wir wissen aus unseren Unternehmen sehr genau, welche Zukunftsaufgaben bewältigt werden wollen und müssen. Und vor allem: Wir, die Mitglieder, sind der Börsenverein.
Wir haben uns im Jahr 2002 für den Gesamtverein, für die Zusammenfassung der Wirtschaftsbetriebe in einer Holding und damit für die Zukunftsfähigkeit des Börsenvereins entschieden. Wir sollten mögliche zukünftige finanzielle Engpässe im Bund und in den Ländern zum Anlass nehmen, unsere Arbeit auf der Grundlage des Gesamtvereins auf allen Ebenen im Interesse der Mitglieder weiter zu professionalisieren und die Arbeit in den Landesverbänden auch zukünftig daran auszurichten, die Nähe zu unseren Mitgliedern zu vertiefen, die Partizipation der Mitglieder an den verbandspolitischen Entscheidungen auszubauen, die regionalen Interessen der Mitglieder nachhaltig zu vertreten und dieses Leistungspaket effizient und transparent anzubieten.“
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