Es hätte so eine ruhige Woche für die Volltextsucher am Frankfurter Hirschgraben werden können: Am Donnerstag hatte Microsoft bekannt gegeben, die konzerneigene „Windows Live Book Search“ einzustellen (hier) – ein Wettbewerber weniger. Hintergrund: Nach der Digitalisierung von rund 750000 Büchern (zum Vergleich: Google liegt bei über 1 Mio Titeln) u.a. in der British Library zweifelt Microsoft offenbar daran, jemals Geld damit verdienen zu können; die Ausrüstung will der Bill-Gates-Konzern an den Partner Internet Archive übergeben und diese ermutigen, den Service weiterhin zur Verfügung zu stellen.
Es hätte also ein rundum sonniges Wochenende für das MVB-Team um Ronald Schild werden können – wäre nicht am selben Tag eine Stellungnahme des Sortimenterausschusses ins Haus geflattert. Nachdem beim letzten Treffen Ende April dort schon kontrovers darüber diskutiert wurde, ob Libreka beim Vertrieb der digitalen Texte überhaupt selbst als Plattform in Erscheinung treten solle oder ob nicht der E-Commerce besser nur über die Webseiten der Buchhandlungen laufen soll, wettern die Sortimenter jetzt gegen den Direktvertrieb der Verlage.
Eindringlich“ appelliert das von Heinrich Riethmüller angeführte Gremium an die teilnehmenden Partnerverlage, vom Direktvertrieb auf Libreka abzusehen. Weil der Sortimentsbuchhandel „der wichtigste Vertriebskanal für Bücher und Buchinformationen“ sei, sollten stattdessen möglichst viele Buchhandlungen Libreka auf ihren Internetseiten als aktives Verkaufsmodul einsetzen. Weitere Anregungen des SoA:
- Sortimenter sollen mindestens 90% der einzelnen Titel über die Libreka-Schnittstelle zur Kundenberatung einsehen können (die MVB empfiehlt sogar 100%).
- Da die kritische Titelmasse bislang noch nicht erreicht worden sei (derzeit sind 33 600 Titel online), müssten fortan „möglichst viele zusätzliche und marktrelevante Titel und Novitäten“ digital bereitgestellt werden; darüber hinaus sei auch die Teilnahme der Barsortimente unabdingbar. „Wir befinden uns zurzeit in Gesprächen, wie Libreka in die Barsortiments-Kataloge eingebunden werden kann“, erklärt Schild im Interview mit buchreport.
„Beteiligte müssen sich einigen“
Der Sortimenter-Ausschuss wettert gegen den Direktvertrieb der Verlage. Wie positionieren Sie sich?
Ronald Schild: Ziel des E-Commerce-Konzeptes für libreka! ist es, eine Diskussion über die Vertriebsformen von E-Content anzustoßen. Wir freuen wir uns, dass der Sortimenter-Ausschuss mit seiner Stellungnahme einen wesentlichen Beitrag zu dieser Diskussion geleistet hat.
Wo sehen Sie Ihre Rolle?
Die MVB sieht sich als Plattform, die den Vertrieb von E-Books über die etablierten Marktstrukturen ermöglicht. Dies spiegelt sich in dem E-Commerce-Konzept wider. Alle weitergehenden Vereinbarungen wie beispielsweise zu Vertriebsformen und Rabattgestaltung müssen von den Beteiligten direkt getroffen werden.
Microsoft hat sein Digitalisierungsprogramms eingestellt – zu Recht?
Microsofts Ausstieg ist nur konsequent. Verlage müssen und werden sich darauf einstellen, ihre Inhalte unabhängig von der Publikationsform vorzuhalten. Es macht wenig Sinn, zunächst ein gedrucktes Buch zu produzieren, um es nachträglich in ein digitales Format zu pressen. Genauso wenig Sinn macht es, durch proprietäre Standards und willkürliche Einschränkung der Marktvielfalt zu versuchen, Monopole zu schaffen. Daher unterstützen wir offene Standards und suchen aktiv das Gespräch mit allen Marktteilnehmern, um eine möglichst breite Nutzung des digitalen Contents zu erreichen.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
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