Mein Arbeitszimmer verdient diese Bezeichnung eigentlich nicht. Passender wäre „bewohnbarer Fan-Shop“. Denn es ist ein Raum, in dem ich umgeben bin von Büchern, Plüschfiguren, Tassen und Hausschlappen mit meinen Figuren drauf. Der Raum ist hell, gemütlich und ein bisschen wuselig (was ich mag).
Mittendrin befindet sich mein Schreibtisch, gegenüber davon ein Sofa. Längere Texte schreibe ich dort (liegend), kürzere am Schreibtisch. Ehrlich gesagt ist das aber alles gar nicht so wichtig, denn ich liebe Tapetenwechsel und kann überall schreiben. Sehr gern setze ich mich mit meinem Laptop und Noise-Cancelling-Kopfhörern in mein Lieblingscafé. Schreiben wird nie schlechter durch einen doppelten Espresso und ein warmes Croissant.
Früher, als Single, habe ich sehr viel nachts gearbeitet. Seit ich verheiratet bin und wir Zwillinge haben, arbeite ich vor allem am Tag und strukturiere mich besser – anders könnte ich meinen Output nicht halten. Nach dem Aufstehen bringe ich meiner Frau einen Kaffee ans Bett (Hallo Schatz – du weißt, dass es wahr ist), setze mich gegen 7:30 Uhr an den Schreibtisch und beantworte E-Mails. Danach beginnt mein eigentlicher Arbeitstag entweder mit Zeichnen (neue Cartoons und Elemente für meine Videos) oder Schreiben.
„Schreiben“ hat bei mir drei Bedeutungen:
1. Ich texte neue Cartoons (Ein-Bild-Witze), wobei ich tatsächlich meist mit einem Dialog beginne, der sich auf zwei Sprechblasen verteilt.
2. Ich schreibe redaktionelle Texte für meine Facebook-Seite. Begonnen hat das vor vier Jahren mit einem langen (nicht illustrierten) Post über meine Ansichten dazu, wie man Menschen behandeln sollte, die in dieses Land kommen, weil sie in ihrer Heimat nicht bleiben können. Seitdem äußere ich mich immer wieder schriftlich auf meinen Social-MediaKanälen über alles Mögliche: die Klimakrise, Vegetarismus oder darüber, wie meine Clips entstehen.
3. Ich entwickle Drehbücher für meine animierten Videos (im Schnitt zwischen 5 und 15 Seiten lang) oder, wie jetzt gerade, für meinen Kinofilm (rund 100 Seiten).
Mein Arbeitszimmer darf jederzeit betreten werden und deshalb kommt meine Frau auch ohne zu klopfen herein. Ich freue mich fast immer über den Besuch. Wenn ich aber mal grade an einem Dialog feile oder mich dramaturgisch in die Ecke geschrieben habe, sieht sie mir das sofort an und kommt lieber später noch mal wieder. Meine Kinder sind noch ein bisschen zu klein, um das zu erkennen und stürmen in den Raum, wie es ihnen gefällt. Vielleicht wissen sie es auch ganz genau, es ist ihnen einfach nur egal, was der Alte will. Von Montag bis Freitag komme ich pro Tag im Schnitt auf 9 Stunden Arbeit, wovon 2 bis 3 Stunden schreiben sind – länger hält meine Konzentration nicht. Den Rest der Zeit mache ich andere Dinge (Zeichnen, Sprachaufnahmen). Am Wochenende arbeite ich insgesamt noch mal ca. 9 Stunden.
Ich grübele auch gern während langer Autofahrten an neuen Ideen, die spreche ich dann in mein Handy. Ein Notizbuch habe ich nicht, mir genügen lose Blätter oder ein geöffnetes Word-Dokument.
Inspiration kann alles sein – egal ob aufgeschnappte Gesprächsfetzen, ein Zeitungsartikel oder ein Film, den ich gesehen habe. Geschichten ausdenken und lustige Situationen zu schreiben und zu zeichnen ist einfach, was ich seit über 30 Jahren mache. Ein bestimmtes Ritual oder Ähnliches ist dafür nicht nötig. Gut, wie gesagt – der doppelte Espresso kann nicht schaden.
Ralph Ruthe
Mehr als 1,2 Mio Facebook-Nutzer haben bei Ralph Ruthe den Gefällt-mir-Button geklickt. Fast täglich veröffentlicht er auf der Plattform Cartoons, Videos oder persönliche Mitteilungen, in denen er sich zu gesellschaftspolitischen Themen positioniert. Mit seiner Multimedia-Show geht der gebürtige Bielefelder regelmäßig auf Tour. Bei Lappan erscheinen seine Cartoons als Buchreihen (Serie „Shit happens!“) und Kalender. Ein abendfüllender Kinofilm rund um das Ruthe-Universum ist für den Herbst 2022 anvisiert.
Bestseller (Auswahl)
Titel | bester Platz
Oh Gott (8/2019) | 5
Im Urlaub (2/2019) | 3
Läuft! (8/2018) | 4
Best of Shit Happens! (8/2017) | 2
Flossen (4/2017) | 10
Frohes Fest! (9/2016) | 3
Kein Stress! (11/2016) | 6
Kenn ich von Facebook (9/2016) | 2
Halt die Fresse, Ingo! (3/2016) | 9
Themenbestseller Cartoons; Quelle: buchreport
Schwerpunkt Comic & Manga – im buchreport.magazin 12/2019
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im buchreport.magazin im Schwerpunkt Comic & Manga. Weitere Themen:
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