Die Buchpreisbindung könnten bald ein gesamteuropäisches Projekt werden: Auf dem SBVV-Symposium „Vielfalt statt Einfalt“ in Solothurn berichtete der deutsche Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels, dass die französische Regierung wieder eine Harmonisierung der der verschiedenen Preisbindungsnormen in der EU durch die Europäische Kommission ins Gespräch gebracht hat.
Auch wenn es für die Ohren insbesondere deutscher Buchhändler, die sich noch an den verbissenen Kampf der EU-Kommissare Karel van Miert und Mario Monti gegen den Sammelrevers erinnern, kurios klingt: Die Vision von einheitlichen EU-Regeln zur Preisbindung ist nicht mehr illusorisch.
In Stellungnahmen für den Europäischen Gerichtshof, der zur Zeit auf Anfrage des österreichischen Obersten Gerichtshofs das Preisbindungsgesetz der Alpenrepublik überprüft (buchreport berichtete), haben die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Österreich gerade klare Bekenntnisse zu ihren Buchpreisgesetzen abgelegt. Die Chancen dürften noch steigen, wenn der gelernte Buchhändler Martin Schulz (Foto) im kommenden Jahr in den erlauchten Kreis der EU-Kommissare aufrücken sollte (siehe buchreport.express Nr. 18/08).
Unterschiede in den Preisbindungsgesetzen
Trotz Harmoniebestrebungen wurde beim Solothurner Symposium aber auch deutlich, dass die europäische Preisbindungslandkarte ein Flickenteppich bleiben dürfte. Grund: So wenig die gesetzliche Fixierung der Preise in Deutschland, Österreich und Frankreich umstritten ist, so wenig ist es der Verzicht darauf in Großbritannien und Irland. Wie der irische Buchhändler und Präsident der european booksellers federation (ebf), John McNamee, in Solothurn berichtete, haben sich die Sortimenter mit der Situation arrangiert.
Selbst die Regelungen in den Ländern mit Preisbindungsregiment weichen teilweise erheblich voneinander ab:
- Das dänische Gesetz etwa sei „so kompliziert, dass es bestimmt nicht einmal die Dänen selber verstehen“, lästerte McNamee.
- In Italien erlauben die Preisbindungsvorschriften den Händlern, Rabatte von bis zu 15% einzuräumen.
„Loi Lang“ als Vorbild für Europa
Eine Aufweichung der Standards müsste die deutsche Buchbranche von einer europäischen Harmonisierung allerdings kaum befürchten. Maßstab für die europäischen Regeln dürfte die französische „Loi Lang“ sein. In Solothurn ließ deren Schöpfer, der ehemalige französische Kulturminister Jack Lang genüsslich die Erfolgsgeschichte seines Gesetzes Revue passieren: 1981 habe er es gegen heftigen Widerstand in Öffentlichkeit und Buchbranche durchsetzen müssen. „Heute haben sich die Wogen geglättet und niemand stellt das System in Frage“, konstatierte Lang.
Die „Loi Lang“ diente auch schon als Vorbild für die Preisbindungsgesetze in Deutschland und Österreich, so dass die Preisbindungsregime nur in Randbereichen voneinander abweichen:
- In Frankreich und Österreich endet die Preisbindung für ein Buch nach 18 Monaten automatisch, während sie in Deutschland frühestens nach 18 Monaten von Verlag oder Importeur aufgehoben werden kann.
- Anders als hierzulande werden in Frankreich die Preise für Schulbücher nicht vom Verlag festgesetzt.
Freie Preise – Feste Preise: Preisbindung in der Europäischen Union
Mit Preisbindung:
Österreich
Dänemark
Frankreich
Deutschland
Griechenland
Ungarn
Italien
Niederlande
Portugal
Spanien
Norwegen
Ohne Preisbindung:
Belgien
Tschechien
Estland
Finnland
Irland
Lettland
Litauen
Luxemburg
Polen
Schweden
Großbritannien
Quelle: european booksellers federation
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