K.D. Wolff |
Zwar hält sich in der Branche die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise in Grenzen, weil die Buchkonjunktur eigenen Regeln folgt. Bei der Unternehmensfinanzierung, erst recht der Neugründung von mittelständischen Unternehmen, sieht die Ausgangslage schon schwieriger aus, wie Steueranwalt Horst Werner kürzlich im Interview mit buchreport erklärte: „Die Banken überlegen heute dreimal länger bei jedem Kredit, den sie herausgeben. Das ist nicht förderlich für die Mittelstandsfinanzierung.“
Kreativbranche setzt auf Freunde
Waren es im vergangenen Jahr noch die neuen „Basel II“-Richtlinien, die strengere Anforderungen bei der Kreditvergabe stellten, erschwert jetzt die Finanzmarkt-Krise die Finanzierung. Vor diesem Hintergrund testen Verlage und Sortimenter bankenunabhängige Finanzierungsmöglichkeiten:
- Mit einem Partnerschaftsmodell will der ehemalige Börsenvereins-Vorsteher Dieter Schormann die Übernahme der Universitätsbuchhandlung Holderer in Gießen finanzieren (buchreport berichtete). Dazu hat er mit einem Freund eine GmbH gegründet und in Eigenregie ein Darlehensmodell entwickelt, bei dem sich Freunde, Bekannte und Bürger aus Gießen beteiligen können. Ab einem Betrag von 1000 Euro kann man einsteigen; das Darlehen wird für fünf Jahre ohne Sicherheit mit 6% fest verzinst, nach 6 Jahren kann das Geld wieder herausgenommen werden. Schormann wirbt für sein Modell mit persönlichen Briefen und Anzeigen in der lokalen Presse.
- Der Schweizer Hörbuchverlag Hörkultur Medien AG will sich mit einer „Hörbuch-Aktie“ aus einer finanziell prekären Lage befreien. Das 2005 von von Martina und Wolfgang Koch gegründete Unternehmen war in Schieflage geraten, weil ein Finanzinvestor aufgrund „mangelnder Rendite“ seine finanzielle Unterstützung zurückgezogen hatte. Die Rettung soll eine Hörbuch-Aktie bringen, die im Nennwert von 375 Euro bei einer Mindestlaufzeit von vier Jahren ausgegeben wird. Garantierte Rendite: Ein Hörbuch pro Jahr.
- Kurz vor der Frankfurter Buchmesse sandte der Stroemfeld Verlag per Rundbrief einen Hilferuf aus, weil die Frankfurter Sparkasse die Kreditlinie von 100000 Euro gekündigt hatte. Darin stellte Verleger KD Wolff (Foto) mehrere Optionen zur Wahl, um dem Verlag aus der Bredouille zu helfen: Buchbestellungen, Spenden und Darlehen. Rund 30000 Euro sind bisher geflossen, viele haben sich mit einem Darlehen beteiligt. „Wir zahlen 5% Zinsen und sind zäher als die vielen Investmentbanken, die pleite gemacht haben“, scherzt Wolff. Nachdem der Rückzahlungstermin auf Ende des Jahres verschoben wurde, ist er zuversichtlich, „das Ganze abstottern zu dürfen“. Gerade recht kommt ihm die Verleihung der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt, vor allem wegen des öffentlichen Drucks auf die Bank. Eher eine Anerkennung als finanzielle Hilfe ist auch der mit 2500 Euro dotierte Antiquaria-Preis. Um den Verlag langfristig zu sanieren, ist Wolff mit Freunden im Gespräch, die als Gesellschafter einsteigen könnten.
- Mit rund einem Dutzend Privatpersonen als Gesellschaftern haben im vergangenen Jahr Anya Schutzbach und Rainer Weiss den Verlag weissbooks gestartet. Zusammengekommen ist ein Gesellschaftskapital von knapp 1 Mio Euro. Es gibt eine Reihe weiterer Interessenten, die mit einem zinslosen Darlehen den Verlag unterstützen. „Diese Gelder haben wir für Sonderprojekte und besondere Ausgaben zurückgestellt, z.B. wenn wir bei Lizenzeinkäufen um ein Manuskript bieten oder andere, zunächst im Businessplan nicht vorhergesehene Sonderinvestitionen auftauchen“, sagt Anya Schutzbach. Angepeilt sei der Break-even mit 2,5 Mio Euro Umsatz nach Erreichen des 3. Geschäftsjahrs.
aus: buchreport.express 47/2008
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