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Florian Gottschick über seinen Debütroman »Henry« und mehr

In den aktuellen Herbst-Programmen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 18 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Florian Gottschick.

Mein Roman in drei Sätzen

„Henry“ erzählt von der 12-jährigen Henriette, die in Berlin-Wilmersdorf überbehütet aufwächst und aus Versehen entführt wird, als sie kurz allein schlafend im Auto liegt. Doch während ihre Eltern Todesängste ausstehen, wird für Henry der Ausflug mit einem jungen Paar zu einem großen Abenteuer. Es ist ein Roman über Aufbrüche und Ausbrüche, über die Lust an Verrücktheiten und die Suche nach dem richtigen Platz im Leben.

Mein Weg zu Penguin

Zunächst hatte ich die Idee zu einem Filmprojekt namens „Damals im Sommer“. Da eines meiner anderen Filmprojekte verschoben wurde, setzte ich mich hin, schrieb die Geschichte runter und schickte sie meiner Freundin und großartigen Agentin Nadja Kossack. Von der Idee zu „Henry“ erzählte ich nur nebenbei. Sie las in Windeseile und sagte, das bekäme sie verkauft. Ein paar Wochen später rief sie an, sagte, ich solle mich hinsetzen und erzählte, sie habe beide Bücher an Penguin verkauft. Dann wurde entschieden, „Henry“ zuerst herauszubringen und das zweite Buch im nächsten Jahr folgen zu lassen.

Florian Gottschick machte 2013 sein Diplom in Filmregie an der Filmuniversität Babelsberg. Die Filme unter seiner Regie liefen auf über 70 internationalen Filmfestivals. Sein Diplom-Film „Nachthelle“ wurde für den Grimme-Preis nominiert und ist, wie seine anderen Werke, auf VoD-Plattformen verfügbar. Seine aktuellen Projekte umfassen drei Serien für ARD und ZDF sowie eins (von insgesamt drei) 2020 produzierten Netflix-Originals. Er lehrt als Dozent Filmschauspiel, Drehbuch/Dramaturgie und Filmregie. „Henry“ (Penguin) ist sein Romandebüt, ein weiterer Roman ist in Vorbereitung. (Foto: Robin Kater)

Das Verdienst meiner Lektorin

Ich schreibe wie mir der Schnabel gewachsen ist, sehr schnell und sehr viel. Marion Kohler (die zwischenzeitlich den Verlag gewechselt hat) und dann Maren Arzt rieten mir, aus dem ersten Manuskript knapp 120 Seiten zu streichen. Ich liebe meine Figuren und liebe es auch, alle ihre Geschichten bis hin in ihre Kindheit zu erzählen … Marion hat sich um Strukturelles gekümmert. Als Maren übernommen hat, kam ihr die Aufgabe des Feinlektorats zu. Sie hat sehr schnell erfasst, welchen Erzählstil ich anstrebe und mich immer dann, wenn mit mir die Pferde durchgingen, zurück auf die Spur gebracht. Ich habe ja das Romanschreiben nie gelernt, sodass es Maren mit einem blutigen Anfänger zu tun hatte.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Ich bin absoluter Literaturbetriebs- und Buchbranchen-Neuling. Ich bin sehr gespannt, herauszufinden, wo die Unterschiede zur Filmbranche liegen und wo die Gemeinsam­keiten. Die Arbeit vor der Veröffent­lichung ist das eine. Der Publikumskontakt, wenn Film oder Buch fertig sind, das andere. Ich liebe es, mich mit Zuschauerinnen und Zuschauern meiner Filme – sei es auf Premieren, Festivals oder über Social Media – auszutauschen. Umso mehr wünsche ich mir, dass im Herbst wieder Lesungen stattfinden können. Schließlich schreibe ich ja vor allem für eine Leserschaft – ebenso drehe ich Filme für die Zuschauer. Ganz im Gegensatz zu einem der Leitsätze eines Profs an der Filmhochschule, an der ich Regie studiert habe: „Du machst Filme für eine Person auf der Welt. Für Dich.“

Meine Lieblingsbuchhandlung

Der Georg Büchner Buchladen Nähe Kollwitzplatz im Prenzlberg

Meine Lieblingsautoren

Ganz schön wilde Mischung … Haruki Murakami, Sergej Lukianenko, Stephen King, Wolfgang Kohl­haase, Terry Pratchett, Michel Houellebecq, Dean Koontz.

So lese ich

Es gibt im Grunde, je nach meiner derzeitigen Lebenssituation, drei „Hauptlesearten“. Bin ich im Urlaub – meist mit meinem Wohnmobil nebst Mann und Hund –, geht nichts über das Buch analog in der Hand. Befinde ich mich auf beruflichen Reisen und bin kaum länger an einem Ort, lese ich auf dem Tablet. Drehbücher lese ich inzwischen ausschließlich digital. Und wenn ich jogge, im Fitnessstudio trainiere oder Auto fahre, lasse ich mir liebend gern vorlesen. Am allerliebsten von David Nathan, Dietmar Wunder, Simon Jäger, Johannes Steck, Robert Frank oder Maximilian Laprell. (Alles Männer, keine Ahnung wieso, und meistens lesen sie Krimis oder Thriller).

Schreiben ist für mich

Kontaktpflege mit dem Universum.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Lese ich, treibe Sport, koche, reise. Den größten Teil nimmt aber mein Hobby ein, das ich zum Beruf machen durfte: an Filmprojekten arbeiten.

Debütantinnen und Debütanten– im buchreport.magazin 07-08/2021

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Der Roman „Henry“ des Filmemachers Florian Gottschick hat uns sofort fasziniert, denn der Autor jongliert darin gekonnt und originell mit ganz unterschiedlichen Elementen: Spannung, Roadnovel, psychologische Tiefe, skurriler Humor, Einsamkeit, Lebensträume. Und über allem schwebt die Frage, wann es Zeit wird, in seinem Leben abzubiegen, um bei sich selbst anzukommen. Packendes, berührendes Kopfkino! Maren Arzt, Lektorin 

Kommentare

1 Kommentar zu "Florian Gottschick über seinen Debütroman »Henry« und mehr"

  1. Bärbel Frische | 22. Juli 2021 um 20:16 | Antworten

    Mach weiter so Flori, hast dich super präsentiert

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