Das E-Book wird in Deutschland immer populärer, und immer mehr Verlage bieten ihre Bücher parallel in gedruckter und digitaler Form an. Im Moment steht die Entwicklung von enriched E-Books im Vordergrund, die dem Leser zusätzliche Funktionen anbieten. Ein weiterer Trend könnten interaktive Bücher sein, in denen der Leser die Handlung mitbestimmen darf.Welche Tür soll geöffnet werden – die rote oder die blaue? Soll der Protagonist in den Schrank gucken oder doch lieber schleunigst die Flucht ergreifen? In den 80er-Jahren waren so genannte Spielbücher der Renner, denn der Leser konnte mit der Wahl der nächsten Seite selbst entscheiden, wie die Geschichte weitergeht. Bücher dieses Formats erleben nun ihr Revival, sowohl Fischer wie auch der Aufbau Verlag werden 2011 eine interaktive E-Variante veröffentlichen, in denen die Leser auf den Handlungsverlauf Einfluss nehmen können.
Warum setzen die Verlage gerade jetzt wieder auf diese Erzählform? Einerseits haben sich die technischen Voraussetzungen verändert. Aufgrund der Digitalisierung lassen sich Bücher mit verschiedenen Handlungssträngen kostengünstig als E-Book produzieren, ohne dass gleich ein dicker Wälzer gedruckt werden muss. Andererseits trifft es den Zahn der Zeit, denn insbesondere die Zielgruppe der „Digital Natives“ möchte sich ihre Inhalte selbst zusammenstellen. Wenn das mit Fachbüchern oder Zeitschriftenartikeln geht – warum dann nicht auch in der unterhaltenden Literatur?
Mit der Etablierung der sozialen Netzwerke ist es möglich, ohne größere Kosten in direkten Kontakt mit den Lesern zu treten und ihnen die Möglichkeit zur Interaktion zu geben. Neben der alltäglichen Werbung für neue Bücher könnte man diese Plattformen auch dafür nutzen, die Leser an der Weiterentwicklung der Geschichte teilhaben zu lassen. Ein gutes Beispiel ist der Autor Gergely Teglasy, der auf Facebook gemeinsam mit anderen Nutzern einen interaktiven Roman entwickelt, dessen neue Handlungsstränge aus den Posts der Nutzer entstehen.
Eine interessante Entwicklung in diesem Bereich kommt gerade aus einer ganz anderen Branche: der Videospielindustrie. Der Spieleentwickler Nintendo geht mit gutem Beispiel voran und zeigt mit Flips, einem interaktiven Buchprogramm für den Nintendo DS, wie Kinder aller Altersstufen ihre Lieblingsbücher auf neue Art entdecken können. Bisher ist die von EA entwickelte Buchserie jedoch noch nicht in Deutschland erhältlich.
Von der beliebten Autorin Enid Blyton, die mit ihren Büchern über die fünf Freude viele Fans gefunden hat, gibt es nun die Serie „enchanted woods“. Der Leser kann innerhalb der Bücher Rätsel lösen und Informationen über die Charaktere erhalten.
Außerdem gibt es in der Flips-Reihe alle Bände von Percy Jackson. Im Buch sind Münzen versteckt, die der Leser sammeln kann, um sie dann gegen Informationen über Charaktere und Stammbäume zu tauschen, des Weiteren sind multimediale Inhalte wie Fotos und Videos verfügbar. Über die DS-Wireless-Verbindung können dem Community-Charakter entsprechend Probekapitel mit Freunden geteilt werden. Als Anreiz dafür wird dem Leser neuer Bonus-Content freigeschaltet. Damit entsteht für beide Seiten ein Nutzen, denn für Nintendo sind diese Empfehlungen unter Freunden die beste Werbung, die es geben kann.
Auch der Verlag ist zufrieden mit der Zusammenarbeit: Jeremy Ettinghausen, Digital Publisher bei Penguin, sagte: „We’re thrilled with the addition of the Percy Jackson series to the Flips range. The stories are perfectly suited to treatment in this way and the additional material gives real benefit to young readers keen to delve deeper into the world of the Greek Gods. Children’s response to the Flips‘ titles already published has been really pleasing and we’re sure that they will enjoy this new addition to the range.”
Viele Verlage gewöhnen sich erst langsam daran, dass sich der Leser in den letzten zwanzig Jahren stark gewandelt hat und sich deshalb auch das Produkt Buch verändern muss. Dabei können die Digitalisierung und die Nutzung der sozialen Netzwerke hilfreich sein, um neue Ideen auszuprobieren. Aber auch die Möglichkeit mit anderen Branchen zu kooperieren, wie das Beispiel Nintendo und Penguin zeigt, sollte berücksichtigt werden. Die Verlage müssen neue Wege gehen und sich vom traditionellen Medium Buch lösen, um sich an die Interessen und Bedürfnisse der neuen Lesergeneration anzupassen.
Friederike Gildemeister studiert Buchhandel/Verlagswirtschaft an der HTWK Leipzig
Schöner Beitrag und direkt mal ein kleiner tipp und link von meiner Seite 🙂 Guck mal bei BookRix vorbei, die haben passend zum Thema gestern das SocialBook gelauncht. http://www.bookrix.de/socialbookinfo.html
Lg Tim