Die Offensive von Andrew Wylie auf dem E-Book-Markt wird nach der Meinung von Ernst Piper Nachahmer unter den Agenten finden. Im Interview mit buchreport.de beschreibt der frühere Chef von Piper und Pendo sowie seit 2003 Gesellschafter der literarischen Agentur Piper & Poppenhusen außerdem die Auswirkungen der Digitalisierung im Börsenverein.
Andrew Wiley geht selbst unter die Verleger und vertreibt mit Amazon E-Books…
Ich würde nicht sagen, dass Wiley unter die Verleger geht, wenn er bestimmt Vertriebsrechte an Amazon vergibt. Als literarische Agenten haben wir es mit unterschiedlichen Partnern zu tun, mit denen wir über Verwertungsrechte an den Werken unserer Autoren verhandeln.
Wylie verhandelt exklusiv mit Amazon.
Es ist problematisch, sich exklusiv an ein Unternehmen zu binden. Auch E-Books sollten über alle denkbaren Kanäle verbreitet werden. Ich halte nichts davon, Amazon bestimmte Verwertungsrechte exklusiv einzuräumen und so den Monopolanspruch dieses Unternehmens zu unterstützen. Amazon ist ein tüchtiger Medienhändler, in dieser Rolle ist er uns willkommen, aber Monopolisten behindern die Entfaltung des Marktes. Außerdem sollte Amazon Händler bleiben, Verwertungsrechte würde ich dem Unternehmen nicht einräumen.
Wird Wylie Nachahmer finden unter den Agenten?
Das kann ich mir gut vorstellen. Ob das eine wünschenswerte Entwicklung wäre, ist eine andere Frage.
Welche Perspektive sehen Sie im Streit um die E-Book-Tantiemen?
Ich bin ein notorischer Optimist und davon überzeugt, dass auch bei den deutschen Verlagen die Einsicht wachsen wird, dass sie im eigenen Interesse den Autoren einen fairen Anteil an den Erlösen aus den Verkäufen von E-Books einräumen sollten.
Spaltet die Digitalisierung die Branche?
Die deutsche Situation ist anders als in den meisten Ländern, weil Verleger und Buchhändler im selben Verband organisiert sind. Die Beschwörung gemeinsamer Interessen stößt da oft auf Schwierigkeiten. Spätestens, wenn der gebundene Ladenpreis fällt, werden die Differenzen noch mehr in den Vordergrund treten, zumal die klassische Funktionsteilung zwischen den Sparten im Zeitalter der Digitalisierung ohnehin obsolet ist.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
Foto: Cordula Giese
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