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Gestern Buchhändler, morgen Medienanbieter?

Der stationäre Buchhandel wächst im Kerngeschäft nicht mehr. Neue Angebote und auch neue Medien könnten für Zusatzumsätze sorgen. Eine buchreport-Runde diskutierte im Juni die Optionen und Herausforderungen. Zunächst die Ausgangssituation, dann die Positionen der Diskutanten.

Die Ausgangslage

Die Ausgangslage ist für den Buchhandel auf den ersten Blick relativ entspannt: Das Buch hält sich in der aktuellen Wirtschafts- und Medienkrise zumindest im deutschsprachigen Markt ordentlich. Der Börsenverein wird Anfang dieses Monats in seiner Wirtschaftspressekonferenz über die Stabilität der Branche referieren.
Aber: Bücher sind und bleiben ein „reifer“ Markt, die Wachstumsperspektiven sind, wenn überhaupt, gering. Zudem wird die Digitalisierung der Medien auch in der Buchbranche absehbar zunehmend Wirkung zeigen. Derzeit kommt es in der Gesamtbranche vor allem zu Verschiebungen

  • zwischen den Buch-Genres, derzeit etwa mit Plus für die Belletristik und Jugendbuch,
  • zwischen den Ausgabeformaten, womöglich mittelfristig zugunsten von E-Books,
  • zwischen den Vertriebswegen mit weiterem Wachstum im Online-Versandhandel.

Stationäre Umsätze gehen zurück

Der stationäre Buchhandel ist unverändert der wichtigste Vertriebsweg für Bücher, steht aber mehrfach unter Druck.
Erstens wegen der Umsatzentwicklung:

  • Der Marktanteil des stationären Sortimentsbuchhandels geht kontinuierlich zurück, das jährlich in der Börsenvereinsstatistik gezeichnete Kuchenstück am Gesamtmarkt ist von über 59% (1998) auf 53,6% (2007) geschrumpft und wird in der nächsten Ausgabe von „Buch und Buchhandel in Zahlen“ wohl erstmals unter 53% liegen.
  • Auch das tatsächliche Volumen des stationären Buchhandels ist leicht rückläufig und wird in der Verbandsstatistik mit zuletzt 5,14 Mio Euro gegenüber 5,3 Mio 1997 beziffert.
  • Das entspricht auch den Repräsentativ-Erhebungen des buchreport-Umsatztrends. Setzt man 1998 als Index = 100, bleibt nach dem Auf und Ab in den letzten 10 Jahren am Ende eine „rote“ Stagnation auf 99.
  • Die DBH hat eben diese stagnierende Entwicklung im Juni als Begründung für ihren Konzeptwechsel und den massiven Personalabbau herangezogen: „Seit 1998 sind die Umsätze im deutschen Buchhandelsmarkt inflationsbereinigt rückläufig. Eine Erholung ist weder in diesem Jahr noch in den kommenden Jahren in Sicht.“

Die Flächenleistung sinkt

Zweitens ist trotz fehlender Wachstumsperspektive in den letzten Jahren massiv in buchhändlerische Ladenfläche investiert worden. Vor allem die marktführenden Ketten Thalia, Hugendubel und Mayersche haben zahlreiche Großflächen eingerichtet, ohne dass dieser Expansion Geschäftsaufgaben im Standortbuchhandel oder Flächenrückbau in vergleichbarem Umfang gegenüberstanden. Bei Immobilienunternehmen galt der Buchhandel deshalb in den letzten Jahren als expansionsfreudiger Kunde.

Zwar gibt es keine saldierende Buchflächenstatistik, aber die Flächenausweitung der Filialisten, von buchreport in seinem jährlichen „Filialatlas“ festgehalten, ist eindrucksvoll:

  • 2008 hat die Filialistenfläche um ca. 60000 qm zugelegt.
  • Der filialisierte Vollbuchhandel (also ohne Spezial- und Schmalspursortimente) ist zuletzt um 13% auf 458000 qm gewachsen.

Im laufenden Jahr sind allerdings Bremsbewegungen auszumachen: Es werden deutlich weniger Buchflächen neu eröffnet und es kommt zu Flächenschließungen. Auch für nicht erfolgreiche neue Flächen, sind Schließungen oft wegen langfristiger Mietverträge aber keine Option, zumal Nachmieter in diesen Tagen nicht leicht zu finden sind…

Neue Umsätze mit Ergänzungsmedien

Neben einem limitierten Personaleinsatz, der – siehe DBH – gelegentlich sogar noch weiter reduziert wird, nutzen vor allem die großen Ketten, aber auch Standorthändler ihre größeren Flächen, um das Buchangebot mit neuen Sortimenten anzureichern. Dazu zählen Themenwelten aus Büchern und Nonbooks sowie weitere Medien. Neben den verwandten und mittlerweile etablierten Kalendern und Hörbüchern lauten die weiteren Medienoptionen:

  • Presse (bei geeigneten Standorten)
  • Videos auf DVD und andere Formaten
  • Musik-CDs.

Ende Juni hat buchreport auf einer Veranstaltung im Kongressprogramm der Buchtage in Berlin die Öffnung des Buchhandels Richtung Video und Musik in Präsentationen und einer Diskussionsrunde thematisiert. Die wichtigsten Argumente sind im Folgenden dokumentiert.

Thomas Wilking, wilking@buchreport.de, (Foto: Mike Minehan)

Die Positionen:

Der Musikverleger: Michael Haentjes (Edel AG)

Der DVD-Anbieter: Alexander Follmann (Sony Pictures)

Die Kultur-Kauffrau: Julia Claren (Dussmann)

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