Nachdem das US-Justizministerium in der Nacht zum Samstag seine Kritik am Google Book Settlement beim zuständigen New Yorker Gericht eingereicht hat (hier das Dokument zu Download), frohlockt der Börsenverein. Jetzt seien gravierende Änderungen am Settlement wahrscheinlich, die auch den europäischen Verlagen und Autoren Rückenwind gäben. Dies zeige wiederum, „welche Kräfte die deutsche Buchbranche und insbesondere ihre Verlage entwickeln können“, schreibt Justiziar Christian Sprang (Foto: Mike Minehan) in einer langen Stellungnahme.
Sprang verweist in seinem Newsletter u.a. auf folgende Punkte aus der Stellungnahme des Justizministeriums:
- Die u.a. vom Börsenverein und seinen Mitgliedsverlagen vorgetragenen juristischen Bedenken gegen das Settlement würden vom Department of Justice (DoJ) geteilt. Folge: Das Settlement habe in der derzeit vorgeschlagenen Form keine Chance mehr.
- Die Vergleichsparteien arbeiteten bereits an wesentlichen Änderungen, die vermutlich noch vor der Anhörung am 7. Oktober an das Gericht gingen.
- Bemerkenswert sei das Schreiben des Ministeriums besonders dadurch, dass es sich nicht nur in seiner Eigenschaft als Kartellbehörde geäußert, sondern das Settlement auch einer vollen urheberrechtlichen Prüfung unterzogen habe.
- Nicht im Raum stehe offenbar für die Parteien ein Wiederaufleben des Rechtsstreits um die grundsätzliche Frage, ob Google überhaupt ohne Genehmigung von Urhebern und Verlagen deren Bücher scannen und online (bislang nur in Form von sog. snippets) nutzen darf.
- Zur Frage, ob die Authors Guild und die klagenden Verlage für Verlage und Autoren weltweit verhandeln durften, habe das DoJ hinsichtlich der Höhe der mit Google ausgehandelten Schadensersatzzahlungen für bereits digitalisierte Bücher und der Aufteilung von Google erzielter weiterer Einnahmen keine Bedenken, wohl aber hinsichtlich der unbegrenzten künftigen Nutzungsrechte an Werken von Autoren und Verlagen, die an dem Verfahren nicht aktiv beteiligt wurden – das Ministerium halte eine wirksame Vertretung der Rechteinhaber von vergriffenen Werken durch die Authors’ Guild und die klagenden Verlage für nicht gegeben.
- Rückendeckung erhalte der Börsenverein besonders bei seinen Einwänden, dass die Information betroffener ausländischer Rechteinhaber über das Settlement unzureichend gewesen sei.
- Gleiches gelte für das Kernargument der Frankfurter: dass Bücher nur noch dann von Google genutzt werden sollen, wenn der Urheber dies zuvor genehmigt hat – also eine Kritik an der bisherigen „opt-out“-Lösung.
- Kartellrechtlich problematisch sei der Vergleich aus Sicht des Ministeriums, da Buchverlagen ermöglicht werde, einen Preiswettbewerb zu unterdrücken (durch die „horizontale Abrede“ von Einheitspreisen für die Online-Nutzung von Buchinhalten aller Verlage). Andererseits drohe das Entstehen einer monopolähnlichen Stellung von Google beim elektronischen Handel mit Bibliotheksinhalten.
- Sprangs Prognose zu den Auswirkungen für europäische Rechteinhaber: „Die wahrscheinlichste Variante ist, dass alle europäischen Autoren und Verlage so behandelt werden, als hätten sie ein ,opt-out‘ aus dem Settlement erklärt. Ihre Bücher werden dann von Google zwar unverändert digitalisiert und – unter Berufung auf das Prinzip des ,fair use‘ – von Google in Form von Schnipseln (,snippets‘) angezeigt. Jegliche weitergehende Nutzung unterbleibt jedoch. Wollen die europäischen Rechteinhaber auch Digitalisierung und Snippet-Nutzung durch Google verhindern, müssten sie dann selbst in den USA vor Gericht gehen und Google verklagen.“ Bis zum Fairness Hearing am 7. Oktober seien alle Mitgliedsverlage des Börsenverein gut beraten, der VG Wort ihre Rechte unter dem Settlement zur treuhänderischen Wahrnehmung zu übertragen.
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