Nachdem sich Google mit Random House USA auf eine Kooperation beim Volltextsuche-Programm „Google Book Search“ geeinigt haben, folgt ein Handschlag, der noch weiter reicht: Die US-Autorenvereinigung Authors Guild, die Verlegervereinigung Association of American Publishers (AAP) und Google haben nach zweijährigen Verhandlungen ihre Fehde beendet – eine Zäsur in der jüngeren Geschichte des Verlagswesens. Die wichtigsten Details der Einigung im Überblick:
- Die Vereinbarung betrifft hauptsächlich urheberrechtlich geschützte, aber nicht mehr verlegte Bücher: Google ermöglicht den Lesern, 20 Prozent der Seiten kostenlos zu betrachten.
- Neu: Leser können künftig einen Online-Zugang zu einem kompletten Buch erwerben. Ebenfalls ein Novum: Akademische, öffentliche und andere Organisationen können Abonnements kaufen, die ihren Mitgliedern Online-Zugriff auf den kompletten Text ermöglicht.
- Nach den in Bibliotheken gescannten urheberrechtlich geschuützten Büchern, die noch verlegt werden, können Leser zwar suchen, mehr als kurze „Snippets“ sind jedoch nicht zu sehen; Verlage können künftig aber entscheiden, ob diese Titel gegen Bezahlung zur Online-Lektüre freigegeben.
- Google zahlt an Autoren und Verlage, deren Werke in Bibliotheken ohne Rücksprache gescannt wurden, mindestens 45 Mio US-Dollar.
- Für ein Buchrechte-Register investiert Google 34,5 Mio Dollar. Die Rechteagentur, das Autoren-Pendant etwa zur GEMA, identifiziert Rechteinhaber und verteilt die Einnahmen aus dem Geschäft mit privaten oder institutionellen Kunden.
- Google will das neue Modell schnellstmöglich auf Europa ausweiten.
Links zur Vereinbarung
Mitteilung von Google zum Urheberrechtsvergleich
Erklärung von Roy Blount Jr., President Authors Guild
Kommentar von David Drummond, Senior Vice President bei Google
Echo zur Einigung
„Das ist der größte Buch-Geschäft in der Geschichte der amerikanischen Verleger. Millionen Bücher finden nun im Internet ein neues Zuhause und neue Leser.“
Paul Aiken, Chef der Authors Guild
„Die Vereinbarung dient den Lesern, indem sie einen breiteren Zugang zu einer großen Auswahl ansonsten schwer auffindbarer
Bücher schafft und ermöglicht Verlagen die Nutzung eines kommerziell attraktiven Geschäftsmodells, das sowohl Kontrolle als auch Wahlmöglichkeiten für Rechteinhaber beinhaltet.“
Richard Sarnoff, Vorsitzender der Association of American Publishers
„In den Anfängen der Google Buchsuche war es unser Traum, einen Online-Zugang zu Büchern zu haben und die Suche nach Büchern immer weiter zu vereinfachen. Schritt für Schritt nähern wir uns diesem Ziel. Mit der heutigen Vereinbarung haben wir ein Riesenschritt in die richtige Richtung getan.“
Sergey Brin, Mitgründer und Präsident von Google
Diese Vereinbarung gestattet Google, ohne Zustimmung der betroffenen Autoren und anderer Rechteinhaber in Bibliotheken gescannte Werke im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Dies ist eine Enteignung der Urheber auf kaltem Weg. Es kann nicht darum gehen, mit einem golden Handschlag den Autorinnen und Autoren ihre unveräußerlichen Rechte abzukaufen. Der Schriftstellerverband will und muss, zusammen mit dem Börsenverein, eine Regelung erreichen, die dem urheberrechtlichen Schutz des geistigen Eigentums in Europa und insbesondere in Deutschland gerecht wird.
Die Vereinbarung kann in dieser Art kein Modell für Deutschland sein. Man muss bedenken, dass die Vereinbarung nur zustande kam, weil Google durch eine Sammelklage von Verlegern und Autoren unter Druck gesetzt wurde. Freiwillig hätte das Google nie gemacht, trotz aller schönen Worte, die jetzt die Google-Führung als Pressemeldungen verbreitet.
Hintergrund ist der entstehende Markt für die online-Nutzung der Inhalte. Dafür ist einerseits die Verfügbarkeit der eingescannten Bücher notwendig, andererseits die Verfügbarkeit der Metadaten, also der notwendigen Informationen über die Rechteinhaber. Beides gehört zum Kapitalstock eines jeden Verlages. Sowohl die Verfügung über die Inhalte als auch die Information über die Rechte. Wenn Google mit einem Vertrag jetzt beides von den Verlagen bekommt, die Genehmigung zum Einscannen und die Information über die Rechte, dann sind die Verlag aus dem Spiel. Sie werden in den nächsten Jahrzehnten über die Verwertungsgesellschaften ihre Almosen bekommen und können sich im Bereich der Online-Rechte ins Altersheim zurückziehen. Wir müssen alles dafür tun, dass die Kollegen begreifen, dass eine solche Vereinbarung verhängnsivoll ist.