Russ Grandinetti verantwortet bei Amazon das Geschäft mit E-Books. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE erklärt der Manager, an welche neuen Regeln sich die Verlage gewöhnen müssen. Ein Auszug (hier das komplette Interview mit SPIEGEL ONLINE):
SPIEGEL ONLINE: Wozu sind denn Verlage in Zukunft noch gut, wenn jeder Mensch jederzeit ein E-Book veröffentlichen und der gesamten Welt via Kindle Direct Publishing zugänglich machen kann?
Grandinetti: In der Vergangenheit haben Verlage Knappheit verwaltet. Sie haben aus der Fülle der Manuskripte diejenigen ausgewählt, die gedruckt werden und Platz finden im begrenzten Regalraum der Buchhandlungen. Diese Funktion fällt online weg. In Zukunft werden Verlage vor allem dem Autor einen Mehrwert bieten müssen.
SPIEGEL ONLINE: Aber diesen Job erledigen die Lektorate und Marketingabteilungen der Verlage doch schon immer. Was ist daran neu?
Grandinetti: Lassen Sie es mich mit den Anfängen der Blogs vergleichen: Anfangs haben viele Leitmedien Blogs als Zweite-Klasse- bzw. Laien-Journalismus gesehen, der nicht wirklich Aufmerksamkeit verdient. Heute lesen Menschen Artikel aus Spiegel Online oder aus der „New York Times“ parallel zu den Meinungen guter Blogger. Dieselbe Demokratisierung und Grenzüberschreitung passiert gerade in der Buchbranche.
SPIEGEL ONLINE: Warum hat Amazon Publishing bis heute keinen wirklich großen Autorennamen in seinem Programm?
Grandinetti: Die ganz großen Namen fahren im konventionellen Verlagsystem noch am besten. Ein Großteil dessen, was Verlage tun, dreht sich um diese Top-Autoren. Es sind unter anderen auch international unbekannte Autoren, die wir mit Amazon Publishing einem globalen Publikum bekannt machen können. Nehmen Sie Oliver Pötzsch mit seinem historischen Roman „Die Henkerstochter“. Wir haben sein Buch in der englischen Fassung herausgebracht – und es hat sich seitdem über eine Millionen Mal verkauft.
Das Interview führte Christian Rickens
Mit freundlicher Genehmigung der SPIEGEL ONLINE GmbH
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