Der Bundestag hat zwei Reformen des Urheberrechts durchgewunken. Neben den Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken geht es um ein Zweitveröffentlichungsrecht für Autoren, das den Verlagen und dem Börsenverein nicht schmeckt.
Das vom Bundestag beschlossene unabdingbare Zweitverwertungsrecht für steuerfinanzierte Wissenschaftsautoren bedeutet konkret: Verlage können sich von Autoren, die an öffentlichen Hochschulen forschen, in Zukunft kein ausschließliches Nutzungsrecht mehr übertragen lassen. Zwölf Monate nach der Erstveröffentlichung können die Autoren ihre Werke ohne Zustimmung des Verlags frei zugänglich machen. Weitere Details:
- Das Zweitveröffentlichungsrecht gilt nach Einschätzung von Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang allerdings nicht für Veröffentlichungen von Hochschullehrern und anderen öffentlich finanzierten Autoren, deren Publikationsvorhaben nicht auf einer gesonderten Forschungsförderung basieren.
- Betroffen seien nur Veröffentlichungen in mindestens zweimal jährlich erscheinenden Periodika, also Zeitschriftenbeiträge, nicht jedoch Artikel in anderen Sammelwerken wie Festschriften oder Jahrbüchern.
- Das Zweitveröffentlichungsrecht tangiere nur die Manuskriptversion eines Artikels, nicht aber die zitierfähige Verlagsversion.
- Die Autoren sollen nicht zu einer Zweitveröffentlichung ihrer Beiträge verpflichtet werden.
Kommentar von Sprang: „Mit diesem Ausgang werden die Interessen der Wissenschaftsverlage aller Voraussicht nach zumindest ansatzweise gewahrt. Es ist nicht davon auszugehen, dass Repositorien entstehen, deren Inhalte die Subskription von wissenschaftlichen Zeitschriften gefährden werden.“ Gleichwohl seien in dem Gesetzgebungsverfahren Chancen für eine bessere Lösung – insbesondere den vom Börsenverein angebotenen Vorrang von originären Open Access-Publikationen („Golden Open Access“) – vertan worden. Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen (wie DFG, Max Planck, Helmholtz, Leibniz etc.) sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung seien erkennbar nur an Open Access-Zweitveröffentlichungen („Grüner Weg“), nicht aber an dem „wohl als unfinanzierbar angesehenen“ „Goldenen Weg“ (gemeint ist die primäre Veröffentlichung wissenschaftlicher Texte in einem Open-Access-Medium) interessiert.
Fazit: Dies sei ein „schlechtes Vorzeichen für die kommende Legislaturperiode, in der sich das Ringen um ein akzeptables Urheberrecht für den Bereich Bildung und Wissenschaft wohl fortsetzen wird.“
Neben dem Zweitveröffentlichungsrecht widmet sich das Gesetz dem Problems der verwaisten und vergriffenen Werke. Öffentliche Insitutionen wie Bibliotheken und Archive sollen künftig Werke, deren Rechteinhaber nicht ermittelt werden können, digitalisieren und der Öffenlichkeit bereitstellen dürfen. Mit dieser Regelung entspricht die Bundesregierung der Richtlinie des Europäischen Parlaments vom September 2012, die durch die nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden muss, sowie den Forderungen des Deutschen Kulturrats.
Solange wissenschaftliche Werke – die letztlich bereits durch den Steuerzahler finanziert wurden – zu einem Preis verkauft werden, die es z. B. Anwälten, die mit sozial verträglichen Gebühren arbeiten, unmöglich macht, sich eine vernünftige Bibliothek aufzubauen und normalen Bürgern es unmöglich macht, sich selbst Sachkunde anzueignen – außer den paar, die das Glück haben neben einer UB zu wohnen – kann man nur darauf hoffen, daß Buchpiraten hier für Demokratie sorgen! Denn das Wissen gehört allen Menschen und nicht einer kleinen reichen Gruppe! Spellsurf
Da hat sich wenig bis nichts geändert. Schon immer konnten Wissenschaftler Preprints ihrer Arbeiten herausbringen. Diese wurden dann (meist) für die Veröffentlichung bei Journalem eingereicht. Dort wurden sie noch einmal (redaktionell) überarbeitet und dann in der zitierfähigen Version im Fachjournal veröffenlicht. Was unterscheidet die Manuskriptversion vom Preprint? Die Unterschiede dürften doch, so überhaupt vorhanden, marginal sein?
Die Einschätzung von Herrn Sprang, dass „normale“ Forscher (ohne Drittmittel?) von dieser Praxis ausgeschlossen sein sollen, halte ich für fraglich. Dem Fazit kann man entnehmen, dass die Lobbyarbeit des BV mal wieder wirkungslos war, wie so oft.
BV=Erfolglosigkeit?