Das Fach Ausbildung ist für die Branche versetzungsrelevant. Ein Zwischenzeugnis von Monika Kolb (Foto), Bildungsdirektorin des Börsenvereins.
Die Zukunft einer Branche hängt entscheidend von den Nachwuchskräften ab, die herangezogen werden. Welches Zeugnis bekommen Verlage und Buchhandel im Fach „Ausbildung“ von der Bildungsdirektorin?
Ein gutes, denn die Hausaufgaben wurden gemacht. Nach den extremen Wegbrüchen haben viele Betriebe, aber auch fast alle großen Buchhandelsfilialisten die Zahl der Ausbildungsplätze im letzten Jahr wieder deutlich aufgestockt. Von einer um sich greifenden Deklassierung des Personals und einer verstärkten Ausrichtung auf ungelernte Billigkräfte kann nach meiner Einschätzung deshalb keine Rede sein. Es ist allerdings Fakt, dass alle Branchen vor enormen Herausforderungen im Zuge der demografischen Entwicklung stehen. Nicht nur in der Buchbranche wird in das Ausbildungs- und Nachwuchsmarketing investiert werden müssen, um auch in Zukunft ausreichend Fachkräfte und qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung zu haben.
Die Zahl der geeigneten Bewerber sackt immer tiefer in den Keller?
Das ist ein großes Problem, mit dem sich Verlage und Buchhandel konfrontiert sehen. Beide Seiten klagen über die zunehmend sinkende und mangelnde Qualität der Kandidaten, die sich vorstellen. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge läge noch deutlich höher, wenn es mehr Interessenten mit einer ausreichenden Eignung für den Berufseinstieg gegeben hätte.
Das bedeutet, die klugen Köpfe streben lieber in andere Berufe, weil die Buchbranche weiterhin kein gutes Image hat?
Nein, das ist nicht grundsätzlich ein Imageproblem. Ausnahmslos alle Branchen verzeichnen mehr oder weniger große Nachwuchsprobleme und verankern das Thema Personalgewinnung/-marketing als festen Bestandteil in die Personalarbeit. Tatsächlich ist es aber auch so, dass viele junge Menschen immer noch nicht wissen, was unsere Berufe leisten, welche Anforderungen es gibt und vor allem welche Entwicklungsmöglichkeiten sie ihnen bieten. Die Imagekampagnen des Börsenvereins zeigen Wirkung, es bleibt aber eine Aufgabe, an der wir weiterarbeiten müssen. In den Unternehmen setzt sich auf der anderen Seite die Erkenntnis durch, dass man Ausbildungsmarketing betreiben muss, wenn man die guten Leute erreichen will. Mittlerweile werden auch die Social-Media-Möglichkeiten des Internets im Kontext solcher Bemühungen mit messbarem Erfolg eingesetzt. Personalverantwortliche gehen aktiv – auch mit anderen Werbeformen – auf die relevanten Personengruppen zu, um sie für einen Berufseinstieg zu gewinnen. Hier ist viel in Bewegung.
Zukunftssicherung bedeutet auch, dass man in Personal mit Potenzial investiert und Qualifizierungsmöglichkeiten offeriert. Wird das erkannt?
Wie schaffe ich es, gute Mitarbeiter zu bekommen und wie halte ich sie in meinen Reihen. Das sind Überlegungen, die in der Strategie heute vielfach eine wichtige Rolle spielen. Der Stellenwert von weiterführenden Qualifikationen wird durchaus gesehen. Das spiegelt sich auch in den steigenden Anmeldezahlen für die Bildungsangebote des mediacampus frankfurt.
Vor einem Jahr haben Sie in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin des mediacampus frankfurt nicht ohne Kritik die Steinbeis-Hochschule als Partner für einen berufsbegleitenden Bachelor-Studiengang ins Boot geholt. Wie fällt die Zwischenbilanz aus?
Das Angebot ist in der Branche angekommen. Wir haben 2010 mit 22 Studentinnen und Studenten begonnen, jetzt haben insgesamt 24 neue Teilnehmer aus Verlagen und Buchhandel ihr dreijähriges Studium aufgenommen. Das hohe Interesse an unserem berufsbegleitenden Bachelorstudiengang Buchhandels- und Medienmanagement beziehungsweise Verlags- und Medienmanagement ist ein weiterer Beleg für den Wertewandel, der sich in den Unternehmen im Kampf um die besten Köpfe momentan vollzieht.
Das Hereinholen eines privaten Bildungsanbieters hat Universitäten verärgert, die ihrerseits branchenrelevante Studiengänge anbieten. Ist die Funkstörung beseitigt?
Ja, wir treffen uns nun zweimal im Jahr zum regelmäßigen Austausch. Außerdem haben wir vor, den Berufsbildungsausschuss des Börsenvereins im Herbst neu zu besetzen. Wir werden einen ständigen Vertreter der Hochschulen in dieses Gremium aufnehmen, um die Vernetzung zu intensivieren. Beim Karrieretag während der Leipziger Buchmesse sind wir mit den Hochschulen gemeinsam aufgetreten und die Angebote wurden entsprechend gemeinsam vorgestellt. Und noch einmal deutlich gesagt: Mit der Steinbeis-Hochschule unterbreiten wir ein ausschließlich berufsbegleitendes Angebot. Den staatlichen Universitäten wollen wir auch in Zukunft keine Konkurrenz machen.
Die Fragen stellte Rainer Uebelhöde
Zur Person
Monika Kolb hat im Sommer 2007 als Bildungsdirektorin und Geschäftsführerin der Schulen des Deutschen Buchhandels beim Börsenverein unterschrieben. Zuvor war sie als Marketing- und Vertriebsleiterin beim Bildungsdienstleister Provadis beschäftigt. Unter ihrer Leitung hat sich der Wandel der Schulen des Deutschen Buchhandels zum Mediacampus Frankfurt vollzogen.
Aus: buchreport.magazin 7/2011
Foto: © Nodesign
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