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Hallo Nachbar, was tun?

Der Online-Handel drückt auf die Kundenfrequenz in den Städten. Um die Standortpflege kann sich der Buchhändler nicht allein kümmern. Ein Kommentar von Thomas Wilking.
Wenn das Wetter halbwegs mitspielt, wird sich das jetzt beginnende Weihnachtsgeschäft höchstwahrscheinlich wie immer anfühlen: Trubelige Einkaufszonen und Kunden, die motiviert sind, Geschenklösungen zu finden und Läden nicht mit leeren Händen zu verlassen. Dank guter Konsumlaune und der von Sortimentern gelobten Programmqualität könnte es etwas werden mit der schwarzen Null im stationären Buchhandel.
Stationär stabil, online wachsen
Das wäre ein großer Erfolg, denn der Internet-Buchhandel wird auch in diesem Weihnachtsgeschäft noch weiter zulegen – auch in den Online-Shops des stationären Buchhandels selbst, die laut buchreport-Umfrage ebenfalls, wenn auch nicht spektakulär, zulegen. Ein hoffnungsfrohes Szenario hat kürzlich ein Regionalfilialist so beschrieben: Stationär stabil bleiben und online wachsen. Denn das würde nicht weniger bedeuten, als dass man mit einem gepflegten und offensiv vermarkteten eigenen Online-Buchshop nicht nur Kunden halten, sondern sogar von den großen Plattformen zurückgewinnen kann. 
Es ist das oft bemühte Multichannel-Ziel und damit jener Ansatz, den ein Einzelhändler aktiv verfolgen kann: Persönlicher beraten, Präsenz und Online-Kanal intelligent und für den Kunden nachvollziehbar verbinden und liefertechnisch noch ein bisschen fixer in die Pedalen treten, um die Paketdienste abzuhängen.
In dem ungleichen Zweikampf mit Amazon den smarten David zu geben, wird aber nur ein Teil der Lösung sein. Eine neue offene Flanke der Buchhandlungen ist das Umfeld, der Nachbar.
Während im Buchhandel, als dem Online-Angriffspunkt der ersten Stunde, der Versandanteil schon ein Stück weit ausgereizt ist, stehen andere Einzelhandelsbranchen erst am Anfang der Online-Dynamik. Und diese Entwicklung ist auch eine weitere Bedrohung für Buchhandlungen, weil diese meist nicht selbst der Magnet für die Fahrt in die Innenstadt oder ins Einkaufszentrum sind, sondern von der Frequenz leben, die die Nachbarn erzeugen. Es geht also nicht nur um Buchhandlung X gegen das große A, sondern im eigenen Interesse auch um Wohl und Wehe der Textiler und anderer Händlerkollegen und den Auswirkungen eines schleichenden Publikumsschwunds.
Die Kundenfrequenz geht weiter zurück
Denn die Publikumsfrequenz in Einzelhandelsläden und Einkaufszentren geht seit Jahren zurück, wie die Besucherstrom-Messungen von Experian Footfall zeigen:
2012 war die Kundenfrequenz an den bundesweiten Messstellen um durchschnittlich 4% gegenüber 2011 rückläufig.
2013 liegt der aktuelle Jahreszwischenstand (Mitte November) noch einmal mit –2,5% unter Vorjahr.
Neben den großen Hausaufgaben, das eigene Ladenkonzept a jour zu halten und den Online-Shop darin zu integrieren, ist deshalb ein Schulterschluss, ein Crossmarketing mit den Nachbarn gefragt. Das branchenübergreifende Denken könnte sich stärker als der Anti-Amazon-Reflex als der entscheidende Ansatz der Buy-local-Bewegungen erweisen. 
Auch wenn das Weihnachtsgeschäft 2013 wie gehofft ordentlich läuft, muss der Dialog mit den Nachbarn der erste Neujahrsvorsatz sein. Der Blick auf die Kundenzahlen sollte für Gesprächsbereitschaft sorgen.

aus: buchreport.magazin 12/2013

Kommentare

1 Kommentar zu "Hallo Nachbar, was tun?"

  1. Amélie von Tharach | 17. Dezember 2013 um 14:17 | Antworten

    Hallo Nachbar, was tun? (mit solchen Schlusssätzen – ich zitiere): „Neben den großen Hausaufgaben, das eigene Ladenkonzept a jour zu halten und den Online-Shop darin zu integrieren, ist deshalb ein Schulterschluss, ein Crossmarketing mit den Nachbarn gefragt. Das branchenübergreifende Denken könnte sich stärker als der Anti-Amazon-Reflex als der entscheidende Ansatz der Buy-local-Bewegungen erweisen.“

    Ich habe mit Mühe und Not den Über-Expertenrat verstanden, und werde versuchen, das mir schwer im Magen liegende Marketingkauderwelsch zu verdauen, und nicht darauf würgen. Obwohl etwas „Butter zu den Fischen“ hätte der Kompetenz des Verfassers nicht geschadet und mich mehr überzeugt. Zum Beispiel stellt sich mit die Frage: Wie um alles in der Welt soll ein „Ansatz der Buy-local-Bewegung im Crossmarkting“ umgesetzt werden?

    Also liebe Experten, hier kommen meine Wünsche zum Jahresende: Konkrete Aktionen und keine „Heiße-Luft-SEO-Ansätze“ in schick-verquaste Worthülsen verpackt.

    Und kommt mir bitte nicht mit „erste Ansätze entwickeln wir in einem persönlichen Beratungsgespräch, individuell auf Ihr Unternehmen zugeschnitten.“

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