Das Mobiltelefon als Lesegerät für E-Books wird in der Buchbranche zwar immer noch skeptisch beäugt, doch einige Verlage testen bereits die Möglichkeiten des neuen Vertriebsweges. In Kooperation mit dem Berliner Unternehmen Textunes liefern rund ein Dutzend Verlage Stoff speziell für das iPhone: Darunter etwa die Edition Nautilus mit Krimi-Bestsellern von Andrea Maria Schenkel, Hoffmann und Campe bringt Siegfried Lenz’ „Schweigeminute“ und der Michael Müller Verlag seine mobilen Reiseführer.
Im Comic-Genre bietet Tokyopop als Testballon mit Fox Mobile Distribution, dem Betreiber des Portals Jamba, drei Manga exklusiv auf jamba.de zum Herunterladen aufs Handy an. In einem zweiten Schritt soll das Angebot um drei weitere Reihen ergänzt werden. Fox Mobile führt auch Gespräche mit anderen Comic-Verlagen, was Tokyopop-Geschäftsführer Joachim Kaps positiv bewertet: „Je schneller es ein möglichst umfangreiches Angebot an Comics auf dem Handy gibt, umso attraktiver wird es für die Nutzer sein“. Im Interview mit buchreport.de beschreibt Kaps das Potenzial von Handy-Mangas in Deutschland und erklärt, warum sie keine Konkurrenz für den Buchhandel sind.
In Japan sind Manga fürs Handy ein Millionenmarkt. Wie groß ist das Potenzial in Deutschland?
Diese Frage kann zurzeit niemand seriös beantworten. Vieles spricht aber dafür, dass gerade bei einer jungen Zielgruppe generell ein sehr hohes Potenzial gegeben ist. Handy-Downloads haben den Hasen Schnuffel vor einiger Zeit an die Spitze der deutschen Musikcharts katapultiert. Warum sollte es also nicht möglich sein, auch Manga und Romane über das Handy zu verbreiten? Die ersten Zahlen stimmen Jamba und uns auf jeden Fall durchaus optimistisch.
Welche Zielgruppe haben Sie im Blick?
Zunächst einmal die Zielgruppe, die es längst gewohnt ist, Medieninhalte mobil zu konsumieren: Junge Menschen zwischen 12 und 20 Jahren. Wir fanden es überraschend, dass die Buchbranche im vergangenen Jahr fast ausschließlich über die E-Book-Reader gesprochen hat, die sich an Erwachsene richten und bislang bei uns noch kaum verbreitet sind. Dagegen besitzen über 80% der 14- bis 15-Jährigen ein Handy und nutzen es auch regelmäßig. Da erscheint es doch viel wahrscheinlicher, dass diese Generation mit den bereits vorhandenen Geräten das digitale Lesen als Erste für sich erobern wird.
Wird Ihr Startschuss für E-Manga nicht zur Folge haben, dass der stationäre Buchhandel als Vertriebsweg an Relevanz verlieren wird?
Nein, ganz im Gegenteil. Alle uns vorliegenden Daten aus anderen Märkten belegen, dass mobiles Lesen zwar den Verkauf von Zeitungen und Magazinen, aber nicht den Verkauf von Büchern beeinträchtigt. Die Rezeptionssituation für Bücher ist einfach eine grundlegend andere als die, die das Lesen am Handy bedient. Wer unterwegs liest, sucht die knappe, kurzweilige Beschäftigung für zwischendurch, nicht die intensive Dauerlektüre. Daher gehen wir viel eher davon aus, dass die Handy-Manga sogar neue Leser an den Buchhandel heranführen.
Dann werden Manga in gedruckter Form auch nicht durch elektronische abgelöst?
Eindeutig nein. Mobile Lesestoffe ersetzen im Alltag keine Bücher, sondern machen spontanes Lesen in Situationen möglich, in denen man bislang Magazine oder Zeitungen gelesen oder sich schlicht gelangweilt hätte. Das Buch hat als Medium noch immer so viele Vorteile gegenüber elektronischen Medien, dass mir um seine Zukunft nicht bange ist, auch nicht bei Manga. Wer möchte schon nach drei Stunden Lektüre von Dragon Ball oder Stieg Larsson nur noch in der Nähe einer Steckdose weiterlesen?
Sie bieten die Manga exklusiv über Jamba an. Warum nicht auch über andere Portale wie z.B. iTunes?
Die Exklusivität für Jamba ist auf sechs Monate begrenzt, d.h., es mag später auch den Schritt hin zu anderen Portalen geben. Für uns ist aktuell aber viel wichtiger, dass Jamba sehr viel für uns und die neuen Inhalte tut, was weit über eine reine Portalfunktion hinausgeht. Die Inhalte werden von einer eigenen TV-, Online- und Print-Kampagne begleitet. Zudem bietet Jamba die Themen nicht nur als Handy-Manga an, sondern verwertet sie auch als Desktop-Themes und in verschiedenen Flash-Applikationen. All das wäre auf anderen Portalen so nicht erreichbar gewesen. Jamba behandelt uns und unsere Autoren als Partner im besten Sinne des Wortes. Eine zeitlich begrenzte Exklusivität ist das Mindeste, was wir dafür zurückgeben können.
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