Aus der Flut der vielen Diskussionen um die Digitalisierung der Buchwelt ragt ein Thema heraus: Welche Veränderungen, Risiken und Chancen bringen E-Books? Zu Recht, da es sich um etwas wirklich Neues handelt. Damit der Buchhandel auf dem neuen Markt nicht untergeht, müssen digitale Bücher im Handel günstiger als im Netz angeboten werden.
Für einige Segmente des Buchmarktes sind die Weichen schon sinnvoll gestellt. Darüber hinaus herrscht das Prinzip Hoffnung. Speziell im stationären Buchhandel sehen manche das Buch der Schrecken geöffnet, andere hoffen auf innovative Verkaufskonzepte, die auch dem Buchhandel einen auskömmlichen Teil dieses neuen Marktes belassen.
Fraglos ist der einfachste und damit alles beherrschende Weg des Vertriebs von E-Büchern das Netz. Sperrige Konstruktionen wie zum Beispiel eine Geschenkversion für den Buchhandel sind chancenlos, zumal die digitale Verpackungsindustrie attraktive Wege finden wird (E-Cards, Filmchen, Musik, etc.), das E-Book als Geschenk deutlich spannender zu gestalten als eine Geschenkkarte mit Download-Code.
Ausgestattet mit Geld, Macht und Kreativität schreiten die Riesen des digitalen Wirtschaftens über den Buchhandel hinweg und merken bestenfalls bedauernd an, dass ja auch der Hufschmied weitgehend ausgestorben sei. Verunsichern ist allerdings ein wesentlicher Teil der Verdrängungsideologie dieser Unternehmen.
Der einzige und fraglos schwierige Weg, dem Problem für eine Übergangszeit zu begegnen, ist: E-Books müssen im stationären Buchhandel signifikant preisgünstiger angeboten werden als im Netz.
Das Preisbindungsgesetz von 2002, das nicht nur die Preisbindung regelt, sondern auch den wirtschafts- und kulturpolitischen Rahmen des Buchmarktes beschreibt formuliert in § 1 Zweck des Gesetzes:
„Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot (Bücher) für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert“.
Weiter heißt es in § 6:
„Verlage müssen bei der Festsetzung ihrer Verkaufspreise…. gegenüber Händlern den von kleineren Buchhandlungen erbrachten Beitrag zur flächendeckenden Versorgung mit Büchern sowie ihren buchhändlerischen Service angemessen berücksichtigen.“
Da auch § 5.5 bestimmt, dass
„die Festsetzung unterschiedlichen Endpreise für einen bestimmten Titel durch einen Verleger zulässig ist, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist“
sind aus meiner Sicht zwei Preise denkbar: ein Netzpreis und ein günstigerer Buchhandelspreis.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
– ein Innovationsschub für den stationären Buchhandel
– eine qualitativ hochwertige Entwicklung des E-Bookmarktes
– eine breitere und schnellere Akzeptanz dieser neuen Technologie.
Die Verlage sind in diesem Fall gefordert, die Initiative zu ergreifen. Keiner kann ein Interesse daran haben , die noch flächendeckende Struktur des Buchhandels weiter zu beschneiden. Sie ist der wichtigste Faktor für die Wahrnehmung und Markteinführung von Büchern. Man sollte nicht den Ast absägen auf dem man sitzt.
Natürlich gibt es eine Fülle von Details , die bedacht, und Probleme, die gelöst werden müssen. Will man aber den kulturpolitischen Ansatz von 2002 weiterhin ernst nehmen, bleibt kaum ein anderer Weg. Der Kunde braucht einen Grund, E-Books an der Kasse zu kaufen. Ein guter ist der Preis.
Hartwig Schulte-Loh war Geschäftsführer beim Berliner Kulturkaufhaus Dussmann und zuletzt Berater der Edel AG im Musikgeschäft. Aktuell lässt er sich zum Coach ausbilden und berät Firmen mit seinem Unternehmen Buchnet.
Selbst wenn ich ein eBook in der örtlichen Buchhandlung billiger bekomme als Online bei Amazon, werde ich trotzdem Online kaufen. Denn das kann ich jederzeit von zuhause auf dem Sofa aus, ohne in diese Geschäfte voller totem Holz zu müssen.. Schafft die Buchpreisbindung endlich ganz ab… Warum sollen Bücher einen höheren Schutz genießen als Musik, Lebensmittel oder Medikamente? Müsst ihr es erst auf die harte Tour lernen? Habt ihr nichts gelernt aus dem, was die Musik-Industrie durchmachen mußte?
Sorry, das Problem ist nicht der Preis sondern die Bequemlichkeit. Fast alle Büromenschen haben Zugang zum Internet. Ganz gleich, ob Buch oder eBook – es ist nur einen klick entfernt, und ich erhalte das gedruckte Buch spätestens nach 48 h in die Packstation meiner Wahl. Warum soll ich nach Feierabend noch in die Stadt fahren und einen Parkschein lösen und beim Buchhändler ein Buch bestellen, das ich am nächsten Tag dann abholen darf (evtl. auch mehrmals hinfahren weil es „nicht mitgekommen“ ist)
Der Buchhandel ist noch ein Relikt aus der Zeit des Hoheitswissens über Bücher. Einer Zeit als Buchkataloge nicht im Netz zugänglich waren, sondern der Buchhändler diese recherchiert hat. Wir leben ohne Stellmacher, Hufschmied, Fahrkartenverkäufer sogar ohne Dinosaurier. Da werden wir die paar Buchhändler noch verkraften.
Zum Schutze der Buchhändler bin ich für die Endabschaltung aller Onlinebuchshops, einem landesweiten Verbot von Onlinerecherchen in Buchkatalogen und Netzsperren an den Landesgrenzen (damit bloß keiner im Ausland bestellt).
Also mal ehrlich: soll wirklich jedes Buch auf Papier gedruckt werden müssen? Sollten wir nicht den Leser und Käufer entscheiden lassen? Deshalb gibt es de facto nur eine Lösung, die aber im Moment nicht einmal andiskutiert wird: die Möglichkeit, sich ein E-Book in der Buchhandlung ausdrucken und binden zu lassen. In den USA gibt es ja diesbezüglich schon Erfahrungen mit einer Druckmaschine, die das in einem Schwung erledigt.
Das wäre mal ein konstruktiver Ansatz. Seit dem Web und der Einführung der E-Books reagiert die Branche hysterisch und kopflos.
Hallo Herr Schulte-Loh,
was halten Sie denn von folgendem Vorschlag:
Der Kunde darf ein E-Book erst kaufen, wenn er nachgewiesen hat, dass er vorher die Printversion im stationären (!) Buchhandel erworben hat und weiterhin durch einen Onlinetest nachweist, dass er diese auch tatsächlich gelesen hat 😉
Aber im Ernst: Ihr Vorschlag scheint dem Wesen digitaler Produkte zu widersprechen. Wäre es dann nicht einfacher E-Books gleich ganz abzuschaffen?
Sicher, viele Buchhandlungen werden aufgrund der Digitalisierung noch untergehen, doch jede Buchhandlung ist ein magischer Ort und kann etwas bieten, über das kein E-Book und kein Onlineshop jemals verfügen wird. Weil sie diese Magie lebendig halten, wird es vielen anderen stationären Buchhandlungen gelingen erfolgreich zu überleben. Glaube ich als Kunde!
Ich kann diese Einstellung leider nicht teilen? Unterschiedliche preise sind meiner Meinung nach der völlig falsche Anatz. Hier wird die Verantwortung, auf Verlage abgeschoben, wo Initiative vom Buchhandel gefragt ist.
zu
Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot (Bücher) für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert.
Es ist nirgendwo die Rede davon, dass diese Verkaufsstellen auch stationär sein müssen. Dieser Grundsatz ist also durch das E-Book keineswegs gefährdet.
Wollen Buchhändler zukünftig am E-Book-Markt profitieren, müssen sie ihr Geschäftswelt auch auf den Online-Bereich erweitern bzw. ausbauen.
Ein Online-Händler verlangt ja auch keine Buchrabatte,nur weil er die gedruckten Exemplare einzeln versenden muss.
Nein, eine solche Forderung ist aus meiner Sicht in keiner Weise gerechtfertigt und entspringt schlicht der Existenzangst (die ich für nicht begründet halte) des klassischen Buchhandels.
Wer überleben will, muss sich entwickeln und dem Markt anpassen. Das gilt gleichermaßen für Verlag wie Handel.
Herzlichst
Christian H. Stuttgart