Gemessen an der Zahl seiner Unterstützer ist der „Heidelberger Appell“ ein Erfolg: Seit die Verfasser des Aufrufs gegen das Digitalisierungsprojekt GoogleBooks vor zwei Wochen an die Öffentlichkeit traten, haben über 900 Unterzeichner ihre Unterstützung bekundet, darunter viele prominente Autoren, Verleger, Wissenschaftler und Journalisten.
Das Medienecho auf den „Heidelberger Appell“ aber ist zwiespältig – nicht wegen seiner Kritik an Google, sondern weil die Verfasser des Aufrufs auch gleich die Open-Access-Initiative der „Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen“ ins Visier genommen haben. Die wehrt sich energisch gegen die „inakzeptable Unterstellung, die Freiheit zur Veröffentlichung in grundgesetzwidriger Weise beschneiden zu wollen“ und den „irreführenden Eindruck“, ihre Initiative betreffe belletristische Schriften und missachte Verlagsinteressen. Und sie erhält öffentliche Rückendeckung, zum Beispiel in bemerkenswerter Eintracht von den gerichtsnotorischen Streithähnen „FAZ“ und „Perlentaucher“. Und so scheint der Appell unversehens eher wieder das Thema Open Access als Googles Digitalisierung auf die Tagesordnung gebracht zu haben.
Dabei haben die meisten Wissenschaftsverlage sich längst mit Open Access arrangiert, wie im Januar auf dem Verlegerkongress APE deutlich wurde. Umso bedauerlicher ist, dass diese hochkomplexe Debatte jetzt in der öffentlichen Wahrnehmung des „Heidelberger Appells“ die fällige Diskussion über Googles Digitalisierungspraxis zu überlagern droht. Deshalb kann man einerseits zwar nachvollziehen, dass die Verfasser des Aufrufs beide Themen einbringen wollten, die im Urheberrecht ja auch eine sachliche Klammer haben. Der öffentlichen Wirksamkeit ihres Appells aber hat es nicht genützt.
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