Der Vorstand der Kurt-Wolff-Stiftung schlägt Alarm: Nach dem Reprobel-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) treffen die ersten Rückforderungsschreiben von VG Wort und VG Bild-Kunst bei den Verlagen ein. Kleinere Verlage sind durch das Urteil und seine Auswirkungen massiv in ihrer Existenz gefährdet, warnt die Stiftung.
Hintergrund: Vor knapp drei Wochen urteilte der EuGH in dem Musterverfahren Reprobel vs. Hewlett-Packard Belgium, dass Verlage nicht pauschal an den Einnahmen von Verwertungsgesellschaften beteiligt werden dürfen. Damit ist das juristische Tauziehen um die Zukunft der Verlagsbeteiligungen zwar noch nicht endgültig entschieden, denn in Deutschland liegt die Entscheidung beim Bundesgerichtshof (BGH) der in dem Musterverfahren des Urheberrechtlers Martin Vogel gegen die VG Wort zu entscheiden hat.
Mit der Entscheidung der europäischen Richter steigt aber die Gefahr, dass die bisherige Verteilungspraxis der VG Wort auch vom BGH verworfen wird. Die VG Wort hat deshalb aus haftungsrechtlichen Gründen begonnen, ihre Ansprüche zu sichern: Sie verschickt Anwaltsschreiben an die Verlage, in denen sie ihre 2012 unter Rückforderungsvorbehalt geleisteten Zahlungen zurückfordert, da der Rückzahlungsanspruch am 1. Januar 2016 verjähren würde. Da die Gesellschaft das Geld aber gar nicht wirklich wiederhaben will, sind den Schreiben vorformulierte Verjährungsverzichtserklärungen beigefügt – wer sie abgibt, muss (zumindest noch) nicht zahlen. „Die VG Wort empfiehlt – in Übereinstimmung mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels – zur Vermeidung weiterer Kosten eine derartige Verjährungsverzichtserklärung abzugeben“, heißt es in einer Erklärung der Verwertungsgesellschaft.
Allerdings wird die VG Wort einstweilen auch keine Ausschüttungen mehr an Verlage auszahlen – und das trifft gerade die kleinen Verlage hart, wie die Erklärung der Kurt-Wolff-Stiftung deutlich macht: „Die Ausschüttungen der VG Wort und VG Bild-Kunst stellten stets eine verlässliche Einnahme bei der Programmkalkulation dar, ohne die es für viele kleinere unabhängige Verlage kaum möglich war, den ökonomischen Überlebenskampf erfolgreich zu bestreiten. Wenn diese Gelder wegfallen, leidet darunter die Programmvielfalt: vor allem besonders aufwändige, ungewöhnliche und riskante Buchprojekte, die zumeist von kleineren unabhängigen Verlagen unternommen werden, müssen gestrichen, Autorenhonorare gekürzt werden.“
Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass auch die in der Vergangenheit gezahlten Ausschüttungen zurückgeleistet werden müssten, könne das etlichen Verlagen wirtschaftlich das Genick brechen. Die Rückforderungen „entsprechen bei einigen Verlagen einem durchschnittlichen Jahresumsatz, bilden eine existentielle Bedrohung und stellen deren Fortbestand massiv in Frage“, heißt es in der Erklärung.
Hier lesen Sie die komplette Erklärung auf der Website der Kurt-Wolff-Stiftung.
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