Als vor wenigen Tagen die Kunde aus den USA drang, dass Hachette für einen neuen Vertrag mit James Patterson angeblich 150 Mio Dollar (ca. 103 Mio Euro) auf den Tisch gelegt hat, hat die Buchbranche weltweit erst einmal tief durchgeatmet, denn der Deal passt so gar nicht in ein wirtschaftliches Umfeld, in dem sich immer mehr Autoren mit massiv reduzierten Vorschüssen zufrieden geben müssen.
Dass sich der vom Washingtoner Super-Agent Robert Barnett initiierte Abschluss über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt und 17 Bücher umfasst, relativiert die gewaltige Summe nur wenig: Mehr als 8,8 Mio Dollar pro Buch sprengen in Zeiten, in denen vor allem die großen US-Publikumsverlagsgruppen den Cent dreimal umdrehen, ebenfalls jeden Rahmen. Zum Vergleich: Der in diesem Jahr bislang teuerste (bekannt gewordene) Bucheinkauf eines US-Verlags war Audrey Niffeneggers neuer Roman „Her Fearful Symmetry“, für den die Simon & Schuster-Tochter Scribner im März 4,8 Mio Dollar bezahlt hat (buchreport berichtete).
Patterson baut seine Marktposition aus
Während Vielschreiber Patterson seiner Krone als derzeit unbestritten erfolgreichste Autorenmarke der Welt einen weiteren Zacken zufügen kann, knirschen Literaturagenten (und immer mehr ihrer Autoren) in den englischsprachigen Ländern mit den Zähnen. Ganz besonders schlecht ist die Stimmung in Großbritannien, wo die Vorschüsse seit Ende letzten Jahres im freien Fall sind und um bis zu 50%, in Einzelfällen angeblich sogar bis zu 80% unter dem vorigen Buch liegen.
Andrew Nurnberg, Geschäftsführer der Londoner Literaturagentur Andrew Nurnberg Associates, kann wie viele seiner Kollegen ein Lied von der neuen Zurückhaltung der Publikumsverlage singen: „Die Autorenhonorare gehen im Eiltempo zurück, betroffen sind erzählende Literatur und Sachbücher gleichermaßen. Die Verlage wägen alle Risiken genau ab. Wer nicht auf regelmäßigem Bestsellerlisten-Niveau ist, hat es schwer.“
Keiner will so richtig mit der Sprache raus
Mit konkreten Beispielen halten die Agenten gleichwohl zurück. Einzig Autor Iain Banks, dessen Bücher auf der Insel bei der Hachette-Tochter Little, Brown UK erscheinen (und in deutscher Übersetzung bei Heyne), hat sich bisher öffentlich zu dem Thema geäußert. Der Schriftsteller hat in einem Interview mit dem „Guardian“ bestätigt, dass sein neuer Buchvertrag (trotz Bestsellerplatzierung des Vorgängers) schlechter honoriert ist als jener und auf die prekäre Lage vieler schreibender Kollegen aufmerksam gemacht (hier das Interview).
Der Sparkurs beschränkt sich nicht auf den angloamerikanischen Markt. Rund um den Globus beobachten die Londoner Agenten, dass ihre Verlagskunden zunehmend das Geldsäckel dicht halten. Das gilt auch für Deutschland, obwohl sich der deutsche Markt aus der Sicht von Carole Blake (Blake Friedmann) wacker hält. „Die Lage ist nicht mehr so gut wie vor einigen Jahren, aber der Markt ist deutlich gesünder als in anderen Ländern.
Im Rahmen der aktuellen Diskussion über Autorenhonorare ist in Großbritannien auch ein Thema wieder hochgekocht, das bereits vor anderthalb Jahren die Gemüter erregte. Seinerzeit hatte der Hachette-Verlag Weidenfeld & Nicolson im Rahmen einer „Programmumstellung“ genannten Aktion eine Reihe von Buchverträgen zurückgegeben. Angeblich häufen sich seit geraumer Zeit Vorfälle, in denen Verlage unterzeichnete Buchverträge absagen, doch vorerst lassen sich die Betroffenen nur anonym zitieren.
aus: buchreport.express 38/2009, Foto: Frankfurter Buchmesse
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