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»Angst am Arbeitsplatz ist gut behandelbar«

Die meisten Befragungen zeigen, dass die Mehrzahl der Arbeitnehmer mit ihrem Job zufrieden ist. Aber eine wachsende Minderheit fühlt sich überfordert bis zum „Horror“ vor dem nächsten Montag im Büro. Eine Herausforderung für Führungskräfte, Kollegen und vor allen Dingen für die Betroffenen selbst. Psychotherapeutin Andrea Pabst kennt das Problem und umreißt es im HR-Channel von buchreport.de.

Wenn der Arbeitsplatz zum Abgrund wird... Foto: Unsplash.

Wenn der Arbeitsplatz zum Abgrund wird… Foto: Unsplash.

Dir ist schlecht. Der letzte Schluck Kaffee liegt als Stein in deinem Bauch und du würdest alles geben, um einfach umzudrehen zu können. Nur damit du nicht an den Ort musst, der dir solche Angst macht: Dein Arbeitsplatz. – Wem es so geht, der ist nicht allein. Jede vierte Krankschreibung geht laut Statistiken des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen auf psychische Ursachen zurück. Was aber kann gegen Arbeitsphobien getan werden, damit es soweit gar nicht erst kommt? Andrea Pabst im Gespräch.

Was versteht man unter Arbeitsphobie und wie wirkt sie sich aus?

Eine Phobie ist eine Angststörung, wenn Ängste regelmäßig ohne reale Bedrohung auftreten und wenn sie das Leben des Betroffenen beherrschen und ihn einschränken. Die Arbeitsplatzphobie kann eine Angst vor dem Arbeitsplatz als Ort, sowie vor Personen oder Situationen, die mit dem Arbeitsplatz in Verbindung stehen, sein. So kommt es bei den Betroffenen häufig zu einer Arbeitsunfähigkeit und zu einem Vermeidungsverhalten mit der angstauslösenden Situation.

Wie häufig treten Angstphobien vor dem Arbeitsplatz auf?

In unserer Gesellschaft sehr häufig! Beispielsweise in Form von Leistungsangst, Versagensangst, sozialen Ängsten, generalisierten Angststörungen oder auch Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte. Von einer Phobie spricht man, wenn Ängste durch bestimmte aber ungefährliche Auslöser hervorgerufen werden und über einen längeren Zeitraum bestehen. Ich denke, dass die Mehrzahl der Personen, die eine Angstphobie entwickeln, aus Scham, Furcht oder strategischen Überlegungen nicht darüber reden.

In unserer Leistungsgesellschaft gilt man schnell als „Drückeberger“ oder als „nicht belastbar“, wenn man den Aufgaben nicht gewachsen ist. Wie ernst werden Arbeitsphobien mittlerweile genommen?

Am Arbeitsplatz wird jeder mit Herausforderungen und Erwartungen konfrontiert: Mit Kollegen, die man sich nicht aussuchen kann. Mit Vorgesetzten, die sanktionieren und Leistung einfordern, um vorgegebene Ziele zu erreichen oder die Wünsche ungeduldiger Kunden zu erfüllen. Phobien beginnen meist mit Konflikten in der Firma, Streitereien unter Kollegen und wenig bis keine Unterstützung und Rückhalt seitens der Vorgesetzten.

Kann diese Phobie ein Zeichen von Burn-Out sein oder muss hier differenziert werden?

Burn-Out ist anfangs schwierig zu erkennen und die Betroffenen gestehen sich das meist auch nicht ein. Symptome wie emotionale und seelische Erschöpfung, abnehmende Leistungsfähigkeit, wenig Motivation und Selbstzweifel können auftreten. Kommt dazu noch Unzufriedenheit, negative Einstellungen und Gedanken über die private und berufliche Situation – das alles kann ein Burn-Out Syndrom auslösen. Eine Phobie muss aber nicht unbedingt mit einem Burn-Out zusammenhängen. Eine umfangreiche Diagnostik kann helfen, zwischen Phobie und Burn-Out zu unterscheiden, um dann die richtige Therapie und Behandlung zu wählen.

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Welche Ursachen können zur Arbeitsphobie führen?

Dass Ängste in unserer Gesellschaft vermehrt auftreten, ist ein Zusammenspiel aus biologischen und sozialen Faktoren. Sie resultieren zum Teil aus Erziehungsstilen und individuellen Lernerfahrungen. Auch die seelische und körperliche Belastung eines Arbeitnehmers sowie die Fähigkeit, Konflikte anzusprechen und aufzulösen, spielen hier eine wichtige Rolle.

Gibt es Berufsgruppen oder Positionen in Unternehmen, bei denen die Phobie vermehrt auftritt?

Ich würde unterscheiden zwischen der Persönlichkeit eines Menschen und dem Beruf selbst. Ein erhöhtes Risiko an einer Phobie zu erkranken, haben besonders sensible und ängstliche Menschen. Im Beruf sind es Tätigkeiten, die eine hohe Anforderung mit sich bringen und einer großen Verantwortung unterliegen. Dann gibt es noch Berufe, wie beispielsweise Bühnenkünstler oder auch Lehrer. Sie stehen ständig vor einem Publikum oder unter genauer Beobachtung, dies kann ebenfalls Erfolgsdruck erzeugen.

Was kann ich als Betroffener zunächst selber tun und ab wann sollte ich mir professionelle Hilfe suchen?

Angststörungen sind gut behandelbar, auch wenn man die genauen Ursachen nicht immer findet. Die Verhaltenstherapie kann hier gute Ergebnisse erzielen. Der Klient lernt die bewusste Auseinandersetzung mit speziellen Situationen, vor denen er sich fürchtet. So stärkt er die Fähigkeit, sich mit der Angst zu konfrontieren und sie zu besiegen. Wenn Angststörung und Symptome über einen längeren Zeitraum auftreten, kann eine professionelle Beratung und Therapie sehr hilfreich und entlastend sein.

Woran erkenne ich, dass mein Kollege Hilfe braucht und was kann ich tun?

Bei Menschen, die eine Phobie entwickeln, können verschiedene Symptome auftreten. Sie erröten, haben zitternde Hände, ihnen wird übel oder schwindelig. Sie beginnen bestimmte Situationen oder Menschen zu vermeiden, fehlen plötzlich häufiger am Arbeitsplatz. Dabei spielt auch ein niedriges Selbstwertgefühl und die Furcht vor Kritik eine ebenso wesentliche Rolle. Betroffene kann man dabei unterstützen und ermutigen, sich sehr bald konkrete psychotherapeutische Beratung zu suchen!

Andrea Pabst ist Psychotherapeutin in Wien und Baden. Sie unterstützt unter anderem bei Depressionen und in Krisensituationen wie Trennung, Angst- und Panikzuständen.

 

Das Interview erschien ursprünglich im Blog von kununu, der nach eigenen Angaben größten Arbeitgeber-Bewertungsplattform in Europa.

Kommentare

1 Kommentar zu "»Angst am Arbeitsplatz ist gut behandelbar«"

  1. Paltian Winfried | 29. Januar 2021 um 23:43 | Antworten

    Es ist traurig,aber wahr. Ich war ein Perfektionist,bis ich im Jahr 2009 Burn-Out bekommen habe.Ich war ca. vier Monate arbeitsunfähig.Dannach konnte ich wieder arbeiten.Im Dezember 2012 habe ich einen Herzinfarkt bekommen.Im Januar 2014 einen zweiten Herzinfarkt.Seit dem hat sich für mich die Welt verändert. Ich habe einen Tremor und leide an Depressionen.Nach Ausbruch der Corona Pandemie,habe ich im März 2012 einen weiteren Rückschlag erlitten (Körperliche Erschöpfung, Angststörungung und mehr.Seitdem bin ich krankgeschrieben.Nach 6 Monaten Eingliederung musste ich diese aus gesundheitlichen Gründen abbrechen.Ich hoffe das die Reha,die ich nächste Woche antrete mich weiterbringt,und ich wieder in meinem Beruf als Filialleiter weiter machen kann.
    Winfried Paltian
    Januar 2021

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