Die ersten 100 Tage im „Leben“ neuer Führungskräfte entscheiden oft auf Jahre hinaus über die Produktivität ihres Verantwortungsbereiches. Sonderbar, dass viele Unternehmen zwar mit großer Sorgfalt diese Kräfte aussuchen, sie aber völlig allein lassen bei der Aufgabe, sich zu integrieren. Ein mitunter folgenschweres Versäumnis.
Im HR-Channel von buchreport.de wirft Coach und Change-Berater Günther Wagner Licht auf diesen „blinden Fleck“ in der Managementkultur vieler Firmen und schlägt Maßnahmen vor, die eine erfolgreiche Integration unterstützen:
„Sie haben eine neue Führungskraft in Ihr Unternehmen geholt, bzw. ein vorhandener Mitarbeiter übernimmt eine neue Führungsaufgabe. Sie setzen viel auf diese neue, kompetente und motivierte Führungskraft. Ihre neue Führungskraft geht höchstwahrscheinlich sehr engagiert an die Aufgaben heran.
Eine große Chance mit einigen Herausforderungen
Eine große Chance mit einigen Herausforderungen, insbesondere in den ersten 100 Tagen, aber auch in den Folgemonaten. Ein Führungskräftewechsel löst einen kleinen oder auch größeren Change aus. Das ist meine langjährige Erfahrung und Beobachtung.
Leider vernachlässigen die Vorgesetzten die meist unterschwellig und unbewusst wirkenden Hürden im Einarbeitungsprozess einer neuen Führungskraft so gut wie immer.
Das ist kurzfristig etwas ärgerlich, und langfristig hat es spürbar negative Folgen für Sie, die Mitarbeiter und Ihr Unternehmen. Auf den Social-Media-Plattformen (Facebook, Xing, Twitter u.a.) entstehen Diskussionen. Ihre neuen Führungskräfte werden sehr schnell öffentlich bewertet, und damit auch Sie und Ihr Unternehmen. Reputationsschäden und Fluktuationskosten werden Sie vertreten müssen.
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Dabei ist der Beginn einer neuen Führungskraft und der damit ausgelöste Change einmalig und bietet dementsprechend viele Chancen – äußerst schade, wenn die Kompetenz, das Talent und die Motivation Ihrer neuen Führungskraft aufgrund unbewusst wirkender Einstiegshürden nicht zum Wirken kommen. Welche Hürden sind dies?
Die Herausforderungen erkennen
Neun von zehn Führungskräften fühlen sich bei einem Neubeginn ins kalte Wasser geworfen.
- Der Wissenstransfer ist unstrukturiert und unzureichend, die Kooperation mit einem möglichen Vorgänger ist unbefriedigend, der Umgang mit der Komplexität ist unbefriedigend, und die persönlichen Belange werden unterdrückt. Doch nach außen hin agiert Ihre neue Führungskraft als ob alles passt – ein Trugbild, das nicht ohne Folgen bleibt.
- Ein Führungswechsel löst einen Change aus. Doch wird ein Führungswechsel bzw. der Einstieg einer neuen Führungskraft oft nicht wie ein Changeprozess angesehen. Damit wird der Wechsel unterschätzt und die notwendigen Maßnahmen werden einseitig und oberflächlich angesetzt.
- Die offizielle und gelebte Unternehmenskultur klaffen auseinander. Das Wissen darüber spielt jedoch für einen erfolgversprechenden Einstieg einer von außen kommenden Führungskraft eine enorme Rolle. Ohne dieses Wissen wird die neue Führungskraft sehr bald an Grenzen und Blockaden stoßen. Mag sein, dass Sie dieser Widerspruch, wie manche andere auch, selbst betrifft. Doch beim Führungswechsel geht es ebenfalls genau darum. Dieser löst auch bei Ihnen und Ihrem Team Reflexionsbedarf aus.
- Von Seiten der Mitarbeiter gibt es Bedenken und Befürchtungen in Bezug auf den Führungswechsel bzw. den Einstieg einer neuen Führungskraft – diese Bedenken werden oft nicht offen ausgesprochen, wirken ebenfalls aus dem Stillen heraus, mit unangenehmen Auswirkungen.
- Der neuen Führungskraft ist ihre Vorbildwirkung nicht bewusst. Die Mitarbeiter sehen aber gerade dort sehr genau hin.
Was können Sie tun?
Was getan werden kann, damit Ihre neue Führungskraft den Wechsel bzw. den Einstieg in Ihr Unternehmen und den dadurch auslösenden Change optimal bewältigt:
Ihre neue Führungskraft sollte sich bewusst machen, welche unterschwelligen Hürden und Erwartungen – leistungsbezogen, führungsbezogen und auch persönlich – den Einstieg und Change erschweren könnten. Dieser Punkt wird allzu oft unter den Tisch gekehrt.
Mit Hilfe eines fachkundigen und die persönlichen Belange berücksichtigenden Strategie-Plans sollte der Einstieg und der dadurch ausgelöste Change entsprechend gestaltet werden.
Ihre neue Führungskraft sollte gezielt in Bezug auf ihre Vorbildwirkung und der Rollenmodellierung gebrieft werden. Ebenfalls ein Faktor, der bekannt ist, doch meist vergessen wird. Das Wissen und der bewusste Einsatz der Vorbildwirkung als Führungskompetenz wird jedoch allgemein im Businessalltag gerne vernachlässigt.
Den Prozess der Einarbeitung durch ein begleitendes Coaching unterstützen. Ich habe dafür einen Blended Coaching-Ansatz entwickelt.
Das heißt, neben dem klassischen ‚face-to-face‘ Coaching können auch verschiedene digitale Beratungs- und Trainingsformate zum Einsatz kommen.
Endziel ist die Integration der neuen Führungskraft ‚nach unten und nach oben‘ sowie in den betrieblichen Leistungsprozess.“
Günther Wagner ist Experte für Change Management und (Digital) Leadership, Coach und Speaker und versteht sich als Brückenbauer zwischen Old and New Economy.
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