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Geheimrezept gegen Überlastung

Qualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland sind heute sicher, fordern aber meist Tempo, Flexibilität und guten Umgang mit Erfolgsdruck und Frust. Diese Widerstandsfähigkeit, Resilienz genannt, ist ein Thema für die betriebliche Gesundheitsvorsorge und für jeden Mitarbeiter. Denn weder Schulen noch Elternhäuser lehren sie.

Wenn Resilienz nicht zum charakterlichen Erbteil gehört, sollte sie durch Erfahrung und Training erworben werden. Im HR-Channel von buchreport.de erklärt Trainerin Julia Düttmann, wie jeder an seiner Resilienz arbeiten kann.

Einfach alles abperlen lassen können: Das ist Resilienz. Foto: Pixabay.

Stress, Überlastung, psychische Erkrankungen begegnen uns alltäglich, sei es im eigenen Umfeld oder zumindest in den Medien. Für Unternehmen ist dieses Thema besonders relevant, denn rund 50-60% aller verlorenen Arbeitstage stehen mit Stressproblemen in Zusammenhang. Was kann man dagegen tun?

Trainerin Julia Düttmann. Foto: privat.

Trainerin Julia Düttmann. Foto: privat.

Man kann erstens bei äußeren Stressoren ansetzen – wie ein hohes Arbeitsaufkommen, permanenter Zeitdruck, ständige Veränderungen und andere Belastungen. Zweitens macht es Sinn, die persönlichen Stressverstärker bewusst zu erkennen und zu verändern. Dabei gilt es möglichst frühzeitig anzusetzen, damit es nicht erst zu einer sich verstärkenden Abwärtsspirale von Stress, Belastung und körperlichen Auswirkungen kommt.

Krisen und Stress bewältigen

Seit einigen Jahren wird vermehrt auf diejenigen Menschen geblickt, die trotz widriger Umstände, großer Krisen und einer Häufung sogenannter Risikofaktoren sich positiv entwickeln und damit offensichtlich innere Stärke besitzen. Daraufhin hat man in Studien untersucht, welche Eigenschaften und Fähigkeiten sie so geprägt haben, dass sie trotz ungünstiger Bedingungen gedeihen und sich von diesen Stressoren nicht unterkriegen lassen. Diese Stärke wird Resilienz genannt. Resilienz (von lat. „resilire“ = „zurückspringen“, „abprallen“) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.

In stressigen Zeiten denken wir häufig an ein besseres und strafferes Zeitmangement, um die vielfältigen Aufgaben in den Griff zu bekommen. Zeitmanagement setzt an den äußeren Stressoren an. Es kann sicherlich in vielen Situationen hilfreich und unterstützend sein. Die wichtigste Kompetenz in einer solchen Situation ist jedoch die mentale Stresskompetenz, die Resilienz ausmacht und dazu führt, dass wir mit solchen herausfordernden Situationen gelassener umgehen.

Personalkonzepte für die Zukunft

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Sie kennen aus Ihrem Arbeitsalltag sicherlich Zeiten, in denen Sie sich gestresst und überfordert gefühlt haben. Welche Aspekte des Resilienzkonzeptes können in solchen Situationen für Sie hilfreich sein? Ist Resilienz überhaupt trainierbar?

Schutzfaktoren der Resilienz

Im Allgemeinen spricht man von sieben Schutzfaktoren der Resilienz aus der Feder von unterschiedlichen Resilienz-Autor/innen und aus unterschiedlichen Studien und Quellen. Zu entscheiden, welche die richtigen oder falschen sind, ist vermessen. Klar ist, die Faktoren beeinflussen sich wechselseitig. Sie dienen dazu, die mentale Stärke zu verbessern, also Resilienz zu trainieren. Ziel ist es, unempfindlicher auf psychische Belastungen wie Stress oder Frust zu reagieren sowie flexibler in schwierigen und sich ändernden Situationen zu handeln. Hier sind meine persönlichen (acht) Faktoren, die zum Großteil auf Reivich und Shatté aufbauen:

  1. Emotionssteuerung
  2. Impulskontrolle
  3. Realistischer Optimismus
  4. Akzeptanz
  5. Verantwortung übernehmen
  6. Empathie und Bindungsfähigkeit
  7. Selbstwirksamkeit
  8. Zielorientierung

Emotionssteuerung

Dies ist die Fähigkeit, seine eigenen Emotionen wahrzunehmen, diese richtig zu deuten und – falls dies notwendig erscheint – Maßnahmen zu ergreifen, um seine Gefühle in eine andere, situationsadäquatere Richtung zu steuern. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass Sie sich über einen Ihrer Mitarbeiter ärgern, sich dann aber vergegenwärtigen, dass dieser momentan selber viel zu bewältigen hat. So verwandeln Sie Ihr Gefühl des Ärgers in Nachsicht und Verständnis. Nicht gemeint ist hier die permanente Unterdrückung eines negativen Gefühls, beispielsweise eines Callcenter-Mitarbeiters, der permanent frustriert und verärgert ist, jedoch am Telefon immer lächelt.

Impulskontrolle

Dies ist die Fähigkeit, kurzfristige Belohnungen aufzuschieben, um langfristig eine höhere Belohnung zu erzielen. Hoch resiliente Menschen verstehen es, ihre ersten Impulse, insbesondere in Drucksituationen, effektiv zu steuern. Dies ist nicht nur in Situationen starker Emotionen von Bedeutung, sondern auch in unserem alltäglichen Leben.

Daher ist Impulskontrolle auch nicht mit Emotionssteuerung gleichzusetzen, wie man es an dieser Stelle vermuten könnte. Impulskontrolle kann entsprechend auch mit dem sehr bekannten und wenig beliebten Wort Disziplin übersetzt werden.

Für den Arbeitsalltag bedeutet dies zum Beispiel unangenehme Aufgaben frühzeitig anzugehen und nicht bis kurz vor der Deadline zu warten. Es bedeutet auch, konzentriert und achtsam an einer Aufgabe zu arbeiten und sich nicht permanent von anderen Aufgaben, Ideen oder Menschen ablenken zu lassen. Diese konsequente Zielverfolgung bedeutet, Dinge zu Ende zu bringen, was wiederum ein positives Gefühl wie Zufriedenheit und Stolz mit sich bringt.

Wie häufig lassen Sie sich aus der konzentrierten Arbeit an einer Aufgabe durch eine eingehende Mail oder Nachricht ablenken?

Realistischer Optimismus

Dies ist die Fähigkeit, auf der Basis der Realität an den bestmöglichen Ausgang einer Krise zu glauben. Der Optimismus resilienter Menschen entsteht aus einer positiven Weltsicht und einem positiven Selbstkonzept. In Schwierigkeiten wird nach dem Guten gesucht. Neue Situationen und Gegebenheiten werden als unerwartete Chancen gesehen und Enttäuschungen als Erfahrung gewertet. Unsere Grundhaltung und wie wir auf die Menschen in unserer Umgebung zugehen, bestimmen unsere Wahrnehmung. Wir sehen, hören und verarbeiten bevorzugt die Anteile, die wir erwarten und unsere Vorannahmen bestätigen.

Achten Sie auf Ihre eigenen Gedanken. Pessimistische Gedanken demoralisieren und entmutigen. Wer überzeugt ist, dass andere ihn schlecht behandeln ruft unbewusst genau diese Reaktion hervor. Wie sagt es so schön das Sprichwort: wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück… Nehmen Sie täglich die positiven Dinge wahr, die Sie im Leben haben und die Ihnen widerfahren. Dankbarkeit und Glücklichsein hängen eng zusammen.

Akzeptanz

Dies ist die Fähigkeit zu akzeptieren, dass Unglück, Enttäuschung und Widrigkeiten Teile des Lebens sind, die sich weder vermeiden noch spurlos beseitigen lassen. Es bedeutet nicht, sich fatalistisch allem zu fügen, sondern gewisse Dinge als unabänderlich hinzunehmen und ihnen eventuell auch eine positive Seite abzugewinnen. Im Coaching nennt sich das Reframing. Was habe ich aus der verpatzten Prüfung gelernt? Resiliente Menschen sehen Fehler vor allem als Lernerfahrung und Chance für Entwicklung. Dazu gehört auch, zu unterscheiden, was ich als gegeben und unabänderlich hinnehmen muss und was in meinen Einflussbereich fällt.

Wie gehen Sie mit sich selbst um? Wie reagieren Sie, wenn die Dinge nicht so laufen, wie Sie es sich vorstellen? Wie leicht fällt es Ihnen zu unterscheiden, ob Sie etwas ändern oder beeinflussen können?

Verantwortung übernehmen

Resiliente Menschen übernehmen die Verantwortung für Ihre Probleme. Sie verwandeln Probleme in Möglichkeiten und Chancen. Sie konzentrieren ihre Energie darauf, erwünschte Ergebnisse zu erzielen, Ressourcen zu aktivieren, Verbesserungen und Fortschritte zu erreichen bzw. neue und kreative Lösungen zu erzielen. Jeder konstruiert seine eigene Wirklichkeit. Ob ich etwas als Problem oder als Chance wahrnehme, ist ein Ergebnis meiner eigenen Denkweise. Ziel ist es, möglichst viele unterschiedliche Optionen zu entwickeln, um daraus eine angemessene Lösung zu wählen. Dafür ist es häufig notwendig, automatisierte Denkmuster und Handlungsoptionen zu durchbrechen. Lösungsorientiertes Vorgehen bedeutet in der Praxis, eine Vielzahl von Ideen zu entwickeln und zu erkennen, was funktioniert und was nicht. Dann liegt es nahe, all das verstärkt und häufiger zu tun, was zu erwünschten Ergebnissen führt.

Empathie und Bindungsfähigkeit

Die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Gefühlswelt des anderen hineinzuversetzen, heißt Empathie. Sie hilft uns, die Perspektive zu wechseln und unser Gegenüber zu verstehen. Hierzu zählt generell die Fähigkeit, Beziehungen aktiv zu gestalten: die Pflege der eigenen Netzwerke, die Inanspruchnahme von Hilfe sowie die Unterstützung anderer.

Selbstwirksamkeit

Die Selbstwirksamkeitsüberzeugung gehört zu den am besten untersuchten menschlichen Eigenschaften in der Psychologie. Glauben Sie, dass Sie Ihr eigenes Schicksal in der Hand halten und dass Sie durch Ihr eigenes Verhalten sich und die Dinge, die Sie umgeben, zum Besseren ändern können? Wenn ja, ist das Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Dies ist der Glaube daran, dass ich mich selbst und externe Umstände ändern kann. Menschen mit einer niedrigen Selbstwirksamkeitsüberzeugung begeben sich schnell in die Opferrolle und verlassen sich darauf, dass andere Menschen Herausforderungen für sie lösen. Sie haben eine geringe Meinung über ihre eigenen Stärken und Möglichkeiten. Selbstwirksamkeit bedeutet dagegen die Zuversicht, Dinge aktiv ändern zu können, mit einer realistischen Einschätzung darüber, was beeinflussbar ist und was auch nicht.

Zur Erhöhung Ihrer eignen Selbstwirksamkeit notieren Sie sich die Situationen, die anfänglich schwierig und extrem herausfordernd wirkten und die Sie dann doch gemeistert haben. Halten Sie diese Erinnerung am besten in einem inneren Bild fest. Bei der nächsten herausfordernden Situation können Sie sich dann an Ihre vorhergehenden Erfolge erinnern und sich so wieder Ihrer eigenen Stärken bewusst werden.

Zielorientierung / »Reaching out«

Resiliente Menschen haben herausfordernde Ziele und verfolgen diese konsequent. (Siehe Resilienzfaktor Impulskonktrolle). Sie setzen sich realistische Ziele (Analysefähigkeit), denn sie sind sich ihrer Stärken und Möglichkeiten bewusst. Aber sie wissen ebenso, dass auch Scheitern dazugehören kann. Zielorientierung korreliert stark mit Selbstvertrauen. Hier geht es nicht um das permanente Arbeiten im Hamsterrad, um sich und der Umwelt zu beweisen, wie wichtig und unabkömmlich man ist. Hoch resiliente Menschen mit hohen Werten im Bereich Zielorientierung sind Personen, denen es einfach Spaß macht, sich neue Ziele zu setzen, etwas dazuzulernen und das im Rahmen früherer Aktivitäten erworbene Wissen neu anzuwenden und weiterzuentwickeln.

Fazit: Gelassen bleiben

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Thema Resilienz zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Resilienzquotienten (RQ) und den Faktoren

  • psychosomatische Beschwerden (-0,24),
  • emotionale Erschöpfung (-0,22) und
  • Zynismus (-0,30) sowie
  • Leistungsfähigkeit (+ 0,51).

Menschen mit einem hohen RQ berichten somit über ein deutlich höheres Gefühl der Leistungsfähigkeit, sind weniger zynisch und emotional weniger erschöpft. Sie berichten außerdem über tendenziell weniger psychosomatische Beschwerden als Personen mit einem niedrigen RQ.

Für unsere heutige VUCA-Berufswelt (volatile, uncertain, complex und ambiguous = flüchtig, unsicher, komplex, mehrdeutig) ist Resilienz eine wichtige mentale Fähigkeit, die hilft, trotz aller Herausforderungen und Turbulenzen gelassen und stabil zu bleiben.

 

Mit freundlicher Genehmigung von Raum Für Führung.

Fotos: Pixabay, privat.

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