Konflikte im Team sind die zuverlässigsten Produktivitätskiller und Spaßbremsen. Eine Führungskraft wird daher auch daran gemessen, inwieweit sie es versteht, für angst- und konfliktfreie Zusammenarbeit zu sorgen und Konflikte zügig zu beenden. Aber auch Konflikte im Führungskreis müssen gelöst werden. Aussitzen hat oft fatale Folgen.
Krisenmanagerin und Personal Coach Anke Sommer zeigt im HR-Channel von buchreport.de, wie man Konflikte beherrscht, statt sich von ihnen beherrschen zu lassen.
Im Wesentlichen ist es Ihr innerer Schweinehund, der Ihnen die Vorlage zum Scheitern von Arbeitsbeziehungen liefert. Sie leiden unter einem Konflikt, fühlen sich diesem aber ausgeliefert. Es fällt Ihnen schwer, zu erkennen, dass es Ihre Handlung ist, die Ihnen heraushilft. Irgendwann einmal spricht Ihr innerer Schweinehund mit Ihnen; gibt Ihnen zu verstehen, dass der Konflikt schon irgendwann verschwindet. Oder er suggeriert Ihnen, dass die Hauptsache ist, Sie verdienen genug Geld. Er zeigt Ihnen aber auch die anderen, deren Fehlverhalten. Die Essenz von Fallen für Arbeitsbeziehungen lautet, Sie verlieren sich und Ihre Handlungsfähigkeit aus den Augen und geraten ins Getriebe des Konflikts. Was Ihnen bleibt, ist ein Hoffen. Das Hoffen hilft Ihnen nicht, den Konflikt zu überwinden. Dieses Kapitel unterstützt Sie, diese Fallen zu erkennen und selbst das Ruder in die Hand zu nehmen, ganz im Sinne Ihres Wohlbefindens.
Was machen Missstände mit geschäftlichen Beziehungen?
Missstände vergiften Beziehungen und damit das Herz eines jeden Unternehmens. Wenn die Arbeit keinen Spaß macht, dann ist ihr Sinn verfehlt. Wir arbeiten zu viel und auf unsere Lebensdauer bezogen zu lang, um einen erheblichen Anteil unseres Lebens mit vergeudeter Zeit bei der Arbeit zu verbringen. Das sollten wir uns nicht zumuten. Ein Kreislauf aus nicht geklärten Verletzungen, Anschuldigungen, (latenten) Bedrohungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehung hat es in sich. Verletzte suchen nach Vergeltung, die hinter Sachargumenten versteckt wird. Stress aktiviert negative Rollen. Der unbewusste Anteil eines Menschen tritt in den Vordergrund, die verstandesgemäße Kontrolle gerät ins Hintertreffen. Verletzungen verursachen Störungen, und Störungen wirken wie Magnetfelder. Sie polarisieren die Streitenden und deren Mitarbeiter.
Haben Sie die Folgen von Störungen verstanden, dann gibt es nur eine Konsequenz: Sie beenden diese.
Konflikte verzerren die Realität
Schon im Privaten ist es schwer, sich mit unangenehmen Wahrheiten konfrontieren zu lassen, auch wenn diese bei Akzeptanz zur Verbesserung der Situation führen würden. Tatsache ist, dass Wahrheit oft abgelehnt, abgewehrt und negiert wird. Kommt ein Konfliktgeschehen hinzu, wird das Annehmen der Realität unmöglich. Innerhalb des Konflikts ist kein Platz mehr für die Wahrheit und eine Konfrontation mit ihr. Verzerrungen auf beiden Seiten machen dies unmöglich. Von dieser Warte aus gesehen gibt es in Konflikten keine Möglichkeit, Sachverhalte zu klären. Eine Klärung kann nur außerhalb des Konfliktgeschehens stattfinden. Zur Klärung kommt es oft sehr spät. Der Konflikt zieht uns immer tiefer hinein, wo die Realität nicht mehr erkannt wird. Empfundene Ungerechtigkeit, Benachteiligung und erfahrene Demütigung erzeugen Verletzungen, wodurch ein Sog in Richtung der Rollen entsteht, die in Kapitel 3 des Buches beschrieben wurden. Konflikte haben darüber hinaus eine weitere verzerrende Eigenschaft: Dauern sie zu lange an, lassen sie den Beteiligten die Welt allmählich immer düsterer sehen. Das Düstere ist die verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit. Für unseren Körper fühlt sich dieser Zustand wie eine Krise an. Haben wir die Krise bewältigt, sind wir wieder auf der positiven Seite der Welt. Dauerhafte Negativsituationen hingegen verändern die Warte, von der aus wir die Welt betrachten. Da dieser Prozess schleichend geschieht, fällt es uns irgendwann nicht mehr auf, dass wir dort sitzen, wo wir die Strahlen der Sonne nicht mehr als Licht, sondern als Anstrengung empfinden. Das Problem ist, dass wir auf dieser Position stehen bleiben, und uns entgeht, dass diese Position keine Handlung mehr ermöglicht, deren Konsequenz positiv ist. Bildhaft gesprochen gehen von dieser Position unzählige abschüssige Wege aus, die in die Selbstzerstörung führen. In diese Position geraten Menschen, die keineswegs als psychisch oder physisch krank gelten, doch einen Anteil Krankheit tragen wir alle in uns. Konflikte aktivieren diesen Teil in uns. In stabilen Situationen ruht dieser Anteil. Allein das Gefühl der Resignation birgt unzählige Möglichkeiten, unserem eigenen Körper Schaden zuzufügen. Der Griff zum Alkohol oder zu sonstigen Drogen oder ein innerlicher Rückzug sind nichts anderes als eine gelebte Aggression gegen sich selbst. Deshalb gilt, je schneller wir die negative Situation verlassen, desto besser ist es für uns. Verlassen bedeutet hier aber keinesfalls die Notwendigkeit, das Unternehmen zu verlassen. Verlassen bedeutet hier, Abstand zu gewinnen, damit wir zur Erkenntnis und raus aus dem Problem kommen.
Hieraus ergibt sich eine wichtige Konsequenz:
Arbeiten Sie sich nie am Verhalten Ihres Kollegen oder Mitarbeiters ab, sondern verdeutlichen Sie ausschließlich die Konsequenz seines Verhaltens für das Unternehmen – aus der Sicht des gesamten Unternehmens. Kommunizieren Sie also nicht das beobachtete Defizit oder die wahrgenommene Fehlhandlung, sondern zeigen Sie deren Konsequenz auf.
Wie hält man Distanz?
Zu negativen Geschehnissen ist Distanz nötig. In der Krise eines dauerhaften Konfliktgeschehens fehlt diese jedoch. Daher wirken nicht aufgelöste Missstände wie ein dosiertes Gift, das die Möglichkeit zur Distanz nimmt. Innerhalb des Problems kann der Betroffene nichts anderes sehen als das Problem. Er ist blind für den Ausweg, den es aus dem Konfliktgeschehen gibt. Die Gedanken kreisen um das Problem, angestachelt vom Gefühl erfahrener Ungerechtigkeit. Die Resignation wächst, und damit sinkt die Kraft, zu handeln.
Das Prinzip von Hoffnung versus Resignation fungiert zeitweise als Stabilisator für den Körper, die Seele und die Psyche, nur leider im negativen Sinn, denn es verhindert lediglich unseren Zusammenbruch. Betroffene schildern den Zusammenhang zwischen „nicht mehr wollen beziehungsweise können“ und „aushalten“. Wird am Anfang noch zwischen Hoffnung und Resignation geschwankt, nimmt mit dem Fortdauern der negativen Situation die Resignation proportional zu. Wer in der Hoffnung oder in der Resignation versucht, der Situation zu entkommen, geht fehl. Das ist verständlich, denn es kann immer nur ein Gefühl zur gleichen Zeit existieren. Da die Hoffnung hier mit Resignation verbunden ist, ist sie lediglich ein Vorreiter der Selbstaufgabe, und die Resignation bildet die Nachhut der aussichtslosen Hoffnung. Wo eines der beiden Gefühle vorherrscht, ist kein Platz mehr für das Handeln oder ein Ziehen der Notbremse.
Distanz ist nur außerhalb von sogenannten Teufelskreisen möglich. Diese Bewusstheit brauchen wir. Innerhalb von Negativkreisläufen schaffen wir es nicht mehr, die notwendige Distanz aufzubauen. Distanz bedeutet daher lediglich, den Schritt aus dem Gefühl heraus zu tun, hinein in das neutrale Beobachten der Situation. Haben wir es bis hierhin geschafft, dann entdecken wir auch die Handlung, die es uns ermöglicht, das Konfliktkarussell anzuhalten.
Distanz bedeutet, Abstand von der Lähmung zu finden, die mit dem Prinzip „Hoffnung versus Resignation“ einsetzt. Ziel ist es, einen Schritt zurückzutreten, aus dem Konflikt heraus, und von dort aus kann die Situation betrachtet werden. Aus der Distanz existiert das Gefühl der Wut, des Schmerzes und der Ohnmacht nicht mehr. Vielmehr erkennen Sie jetzt ein Muster, das in jedem Problem steckt, das länger als vier Wochen anhält. Die bitteren Gefühle halten uns im Schmerz und sind daher die wahren Feinde unserer Handlungsfähigkeit. Solange wir in dem Gefühl verweilen, ein Opfer der Umstände zu sein, so lange haben wir lediglich die Möglichkeit, selbst zum Täter zu werden, um die Ohnmacht nicht mehr zu spüren, die Teil der Opferrolle ist. Werden wir zum Täter, werden wir zum Teil des Problems und geben diesem zusätzlich Futter. Ähnlich wie sich Hoffnung mit Resignation abwechselt, wechseln sich auch die Positionen Täter und Opfer ab.
Häufige Fallen
Welche Faktoren lassen eine Zusammenarbeit scheitern? Scheitern findet auf der zwischenmenschlichen Ebene statt und überträgt sich auf die geschäftlichen Sachverhalte. Krisensituationen befördern Störungen zwischen den beteiligten Personen. Der Umstand, dass das Geschäft schlecht läuft, wird zwischenmenschlich ausagiert. Aus schwierigen Situationen werden so persönliche Konflikte. Fallen als Quellen, die zum Scheitern führen, verdeutlichen die Gefahr, die von gestörten Arbeitsbeziehungen ausgeht.
Unangenehme Wahrheiten
Wie sagen Sie dem Kollegen oder dem Mitarbeiter, was unangenehm ist? Aus einer unangenehmen Wahrheit wird beim Empfänger oft Kritik. Wann beginnt bei einem selbst die Übertragung, und wann geht es bei der Kritik, die man äußert, um eine eigene verzerrte Sichtweise? Mit der Wahrheit ist es schwer. Es gibt zwar nur eine Realität, aber unzählige Interpretationen von ihr. Die existenzielle Situation der Firma spiegelt sich in der Kommunikation wider. Empfindet ein Kollege eine Existenzbedrohung, drückt dieser das auch aus, häufig völlig ungewollt. „Wir schaffen das nicht mehr; das ist zu viel; das wird uns um die Ohren fliegen …“ Diese Botschaften beeinflussen die jeweilige Situation. Greifen wir hier nicht führend ein, entfaltet die Botschaft ihre Wirkung und richtet die Aufmerksamkeit auf das Nichtschaffen.
Gestörte Beziehungen zwischen Führungskräften (insbesondere in Doppelspitzen) beeinflussen die Kommunikation in der gesamten Firma. Zurückgehaltene Botschaften werden hinter Sachinformationen versteckt, und eine negative Stimmung wird auf eine bestimmte Person gelenkt. So gelangen diese Botschaften indirekt, über den Empfänger der Botschaft, Stück für Stück in die gesamte Mitarbeiterschaft. Die Kommunikation überträgt die Störung und wird Teil der Störung: „Wenn Herr X. nicht wieder verschläft, hätten wir zumindest eine kleine Chance …“ Ausdrucksweisen wie „Morgen werden ein paar Köpfe rollen“ offenbaren die Stimmung im Unternehmen und werden mit Sicherheit eine Wirkung entfalten. Die Haltung und Einstellung Mitarbeitern gegenüber „Wer stört und/oder einen Fehler macht, muss gehen“ fließt so in die Kommunikation mit ein. Je indirekter Botschaften in die Kommunikation eingespeist werden, desto mächtiger ist ihre Wirkung.
Emotionalität versus Rationalität
Emotionale Konflikte rein rational lösen zu wollen, verstärkt die Frontenbildung durch Frustration. „Das Gefühl fühlt sich nicht gehört.“ In Arbeitsverhältnissen passiert das stündlich. Das Dilemma besteht darin, dass es auch nicht klappt, Konflikte und Probleme emotional lösen zu wollen. Emotionalität unterdrückt die Realität. Der Verstand bildet die Realität nicht mehr sachlich ab, sobald Wut und Verletzungen eine Rolle spielen. Bei der Begleitung von Prozessen in Unternehmen kann ein Außenstehender sofort erkennen, ob Wut und Verletzung mitsprechen, sei das vorgebrachte Argument noch so sachlich.
Geschäftliche Beziehungen sind einem hohen Druck ausgesetzt. Unter Druck wird Emotionalität freigesetzt, die zum Problem wird, sobald es um rationale Lösungen geht. Emotionalität ist dort gut, wo sie den Kopf frei macht. Emotionalität, die aus Verzweiflung, Angst und unterdrückter Wut entsteht, verschließt den Weg zu rationalem Handeln und Denken.
Für die firmeninterne Kommunikation gilt daher: Sachverhältnisse können nur dann geklärt werden, wenn alle Stimmen außerhalb des Konflikts gehört werden. Damit das möglich wird, muss es eine Moderation und Begleitung dieses Prozesses von außen geben. Wer Teil des Problems ist, wird unwillkürlich hineingezogen, es sei denn, man hat selbst bereits viel Bewusstsein im Umgang mit dem eigenen Prozess erlangt.
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Vermeidungstaktik
Wächst die Krise oder der Konflikt, wächst bei einem Teil der Mitarbeiter auch die Vermeidungshaltung. Statt aktiv gegen die Störung vorzugehen, um den sich zuspitzenden Prozess zu stoppen, wird ausgewichen. Das ist eine der typischen Reaktionen auf überfordernde Situationen. Der Kontakt zum Problem wird vermieden. So sinkt die Produktivität, obwohl gerade jetzt das Gegenteil gebraucht wird. Auch körperlich wird auf die Zuspitzung reagiert. Die Symptome nehmen zu. Sie zeigen nichts anderes als eine körperliche Reaktion auf den Konflikt. Mitarbeiterfluktuation, zurückgehende Umsätze, die Zunahme von Mobbing untereinander sowie der Anstieg von Erkrankungen sind einige Reaktionen auf diese Falle. Vermeidungsverhalten führt zur Verstärkung des Problems.
Zuschreibungen
Bei ungeklärten Störungen im Zwischenmenschlichen tritt in der Kommunikation vermehrt das Phänomen der gegenseitigen Zuschreibungen auf: der Schnelle und die Langsame, die Kluge und der Trottel, der Gewiefte und der Naive, der Geschäftemacher und der Verlierer und so weiter. Zuschreibungen sind polarisierend, und auf Dauer beeinflussen sie unsere Sicht auf Personen. In stressgeplagten Unternehmen treten diese Verzerrungen deutlicher auf als in Unternehmen, die in Balance sind.
Innerhalb von Teams führen Zuschreibungen entweder zur Integration oder zur Ausgrenzung Einzelner, das macht sie so machtvoll. Jeder wird sich bemühen, integriert zu werden. Zahlreiche Mitarbeiter entscheiden sich für das Mitmachen. Es wird heftig polarisiert, Opfer sind die jetzt schon ausgegrenzten Personen. Es gibt Teamdynamiken, bei denen die Kommunikation untereinander zu über 75 Prozent aus Zuschreibungen besteht. Solche Teams fallen auf, weil Gemeinheiten hinter Witzen versteckt werden. Die Pausenkommunikation reduziert sich auf Floskeln.
Die Reduzierung auf einen Einzelaspekt eines Menschen zeigt eine Störung an. Das Umfeld nimmt die Zuschreibung an und unterstützt damit die Polarisierung. Da Arbeitsverhältnisse zur Versachlichung von Emotionen neigen, verstecken sich diese Rollenzuschreibungen hinter fachlichen Facetten und Witzen. Achtung, hinter dieser Verzerrung der Wirklichkeit verbirgt sich die Vernichtung von Potenzial, die letztendlich Auswirkungen auf das Unternehmen hat. Der Betroffene agiert zunehmend innerhalb der Grenzen dieser Zuschreibung.
Auf diesem Niveau angelangt trägt der Teamleiter diese Art der Kommunikation mit, da er nicht korrigierend eingreift. Ohne das Mitwirken der Teamleitung käme diese hohe Prozentzahl nicht zustande. Oft sieht sie die Korrektur nicht als ihre Aufgabe an. Fakt ist jedoch, ignoriert sie dieses Geschehen, stützt sie es. Macht sie mit, dann verstärkt sie es noch zusätzlich.
Mit freundlicher Genehmigung des Hanser Verlages.
Anke Sommer, Schlachtfeld Arbeitsplatz. Das Praxishandbuch für Konfliktmanagement im Unternehmen.
240 Seiten gebunden mit E-Book inside. EUR 34,-
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