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So organisieren Sie einen Persona-Workshop

Schlange stehende Bewerber – das war einmal. Fachkräftemangel stört das Wachstum vieler Branchen – vor allem dann, wenn sie wie Verlage kaum auf ausländische Kräfte zurückgreifen können. Zeit, das Problem kreativ zu meistern. Teil 2 einer 3-teiligen Persona-Serie im HR-Channel von buchreport.de.

Eine geeignete Kreativtechnik im Recruiting basiert auf dem Persona-Konzept, das seine Wirkmacht zuerst im Marketing bewies. Persona-Workshops ermöglichen es Unternehmen, fokussierter am Personalmarkt zu agieren.

Wie ein solcher Persona-Workshop im Einzelnen vonstattengeht, erläutern und erzählen Susanne Nickel und Christian Berndt in einer 3-teiligen Serie im HR-Channel von buchreport.de. Die Personalberater und -entwickler sind auch als Buchautoren und TV-Persönlichkeiten hervorgetreten. Im zweiten Teil der Serie informieren sie über Vorbereitung und Projektablauf eines Persona-Workshops. Dazu bitten sie die Leser, sich gedanklich in die HR-Abteilung der Hallo AG, eines mittelständischen Traditionsunternehmens, zu versetzen.

Im Folgenden skizzieren wir den Beratungsprozess und starten mit dem Konzept der Persona (auf Deutsch „Maske“), dem Element, das als wichtigstes definiert wurde. Es ist der Startpunkt für die Candidate-Journey sowie alle anderen Veränderungen im Rahmen des Recruiting-Prozesses.

Was ist das Persona-Konzept?

Das Persona-Konzept kommt ursprünglich aus dem Marketing und hat in der verbraucher- und kundenorientierten Wirtschaft seinen festen Platz. Es dient dazu, den typischen Kunden als reale Person mit Bedürfnissen, Vorlieben und Wünschen abzubilden. Als Erstes beschrieb Alan Cooper 1995 diese Methodik, die er einsetzte, um anhand von Prototypen potenzielle Nutzer und Kunden zu verstehen.

Eine Persona repräsentiert eine Kundengruppe. Wie reale Menschen besitzt sie Ziele, hat Werte und Erwartungen sowie einen Bedarf und sie zeigt ein bestimmtes Nutzungsverhalten. Das Ziel ist, die potenziellen Nutzer eines Produkts möglichst umfassend zu erforschen. Das Persona-Konzept beruht darauf, dass unser Gehirn Stereotypen als Ordnungssysteme bildet; und so sollen auch potenzielle Bewerber eingegrenzt und greifbarer gemacht werden. Kandidaten-Personas im Recruiting sind ideale Bewerberprofile beziehungsweise Talente, die Personen, die einer festgelegten Kandidatenzielgruppe angehören, durch bestimmte Merkmale charakterisieren. Wir versetzen uns in die Lage des idealen Bewerbers, um zu verstehen, wie er tickt.

Um die Ergebnisse zu validieren, werden sie überprüft, indem Interviews mit der entsprechenden Zielgruppe geführt und über diese Recherchen angestellt werden. Im Anschluss lassen sich alle Inhalte, die Ansprache sowie die Prozesse im Recruiting-Zusammenhang auf diese idealen Kandidaten ausrichten und abstimmen. Daher erhält eine Persona auch meist einen Namen, ein Gesicht und Aussehen sowie weitere Merkmale je nach Detailtiefe, darunter zum Beispiel Hobbys, Kompetenzen, Tätigkeiten, Ausbildung und Wissen, Familienstand.

Das Verhalten von Zielpersonas hilft den Unternehmen dabei, passende Lösungen für ihre Kunden zu entwickeln. Diese Methode kann auch genutzt werden, um heißbegehrte Kandidaten besser zu verstehen und sie ebenfalls als Personas abzubilden. Die Kandidaten-Personas wiederum helfen dabei, die Zielgruppen zu definieren, um sie anschließend anzuziehen oder überhaupt zu finden. Zudem nutzen die Unternehmen die entwickelten Personas als Indikator, um an die gewünschte Zielgruppe ranzukommen und deren Nerv zu treffen. Im Beratungskontext unseres Fallbeispiels starten wir mit dem Persona-Workshop als Kick-off.

Personalkonzepte für die Zukunft

Mehr zum Thema Personalmanagement und -führung lesen Sie im HR-Channel von buchreport und Channel-Partner Bommersheim Consulting. Hier mehr

Leitfaden: Durchführung des Persona-Workshops

Set-up für den Workshop zum Persona-Konzept

Wir führen den Workshop mit zwölf Teilnehmern aus HR, diversen fokussierten Fachabteilungen, Mitarbeitern und Managern der gewünschten Fachabteilungen mit unterschiedlicher Betriebszugehörigkeit, New Hires – also Mitarbeiter, die ganz neu oder relativ kurz im Unternehmen sind – sowie Bachelor- oder Masterstudenten aus der gewünschten Zielgruppe durch. Wichtig ist vor allem, dass Personen aus der begehrten Zielgruppe teilnehmen.

In einem Workshop schafft man es, drei bis fünf Personas zu erstellen. Für die zwölf Teilnehmer wird also ein Raum mit ausreichend Platz benötigt, um die vier vorbereiteten Canvas ausgedruckt an die Wand zu hängen. Auf diesen befinden sich die Persona-Templates mit den unterschiedlichen Fragestellungen. Gebraucht werden zudem verschieden dicke, farbige Filzstifte und gegebenenfalls dicke Wachsmalblöcke zum Ausmalen von Flächen. Jede Gruppe bekommt eine Metaplanwand, auf der sie ihre Persona visualisieren kann. Für die Recherche brauchen die Teilnehmer einen Laptop oder ein Tablet; ein Stapel Zeitschriften wird bereitgelegt, in denen sich Anregung für die Visualisierung finden lassen. Zudem ist es sinnvoll, alte oder aktuelle Stellenanzeigen und Anforderungsprofile auszudrucken, falls vorhanden.

Step 1: Pre-Workshop

Bevor der eigentliche Workshop beginnt, werden die Bereiche definiert, in denen es schwer zu besetzende Stellen gibt, zum Beispiel IT, spezielle Ingenieure, spezielle Fachberufe ohne Studium. Alle zugänglichen Informationen werden gesammelt – Zahlen, Daten, Fakten zur Besetzung wie Zeit, Anzahl der Bewerbungen, interne Prozesse, Abbrecherquote etc. –, auch zur bisherigen Kommunikation intern und mit den Kandidaten. So erfahren wir mehr über die bisherige Candidate-Journey, die Erkenntnisse nutzen wir später zum Qualitätscheck bezüglich der Ergebnisse aus dem Persona-Workshop und für die Weiterentwicklung der Recruiting-Prozesse.

Wir starten den Workshop mit einer kurzen Einführung zum Persona-Konzept, wo es herkommt und was man damit erreichen kann.

Step 2: Festlegen der betroffenen Berufsfelder

Danach legen wir die sehr gesuchten Berufsbilder fest, zum Beispiel:

  1. Elektriker/in für die Fertigung mit Ausbildung zum Elektriker.
  2. Informationstechniker/in für die IT mit Studium der Informatik.
  3. Gleisbauingenieur/in mit Studium Maschinenbau, Mechatronik.

Wir achten darauf, dass die jeweiligen Teilnehmer in den Gruppen fundiert etwas zur gesuchten Persona sagen können und gegebenenfalls über besondere weitere Informationen verfügen. Das könnte etwa ein New Hire im Bereich Gleisbauingenieur sein oder jemand mit Berufserfahrung aus der jeweiligen Abteilung.

Step 3: Startsignal für den Persona-Workshop

Dann teilen wir die Anwesenden je nach gewünschter Anzahl der Personas in entsprechend viele Gruppen auf. Um drei Personas zu erarbeiten, bilden wir drei Gruppen mit maximal vier Teilnehmern. Wichtig ist, dass unterschiedliche Bereiche und unterschiedliche Betriebszugehörigkeiten vertreten sind, damit sich eine gute Mischung bezüglich Alter, Wissen, Unvoreingenommenheit und Einstellung zum Thema ergibt.

Step 4: Informationen sammeln

Anforderungsprofile und Stellenanzeigen zu den bislang gesuchten Kandidaten werden in den Gruppen verteilt. Die Profile von alten Bewerbern erweisen sich oft als Goldgrube beim Erarbeiten von Personas. Auch wenn die betreffende Person nicht mehr verfügbar ist, regen solche Unterlagen oft neue Ideen an. So nutzen die Teilnehmer verschiedene Informationsquellen, um sich ein noch genaueres Bild von der gesuchten Persona zu machen. Und hier können sie recherchieren:

  • alte Stellenanzeigen, Job- und Anforderungsprofile,
  • Online-Recherche,
  • Informationen aus dem Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis.

Die weitere Vorgehensweise sieht dann so aus:

  • Die Teilnehmer bilden Hypothesen, zum Beispiel aus den Aussagen von Zeugen und vom Hörensagen.
  • Wir interviewen die Teilnehmer beziehungsweise die Teilnehmer interviewen sich untereinander.
  • Eventuell finden auch Interviews mit neu eingestellten Kandidaten oder mit Bewerbern statt, das hängt vom Zeitplan ab.

Step 5: Fakten zusammentragen

Im nächsten Schritt tragen die Teilnehmer alle bis dahin gefundenen Fakten zusammen. Zuerst die harten Fakten: Name, Alter, Geschlecht usw. Die Persona soll visualisiert werden, das heißt, die Teilnehmer nutzen auch Zeitschriften oder Zeichnungen, um diese so reell wie möglich abzubilden. Wir als Berater unterstützen sie dabei.

Persönliches:

  • Gewünschtes Alter.
  • Familienstand: Single, in einer Beziehung oder Familie mit Kindern? Das kann wichtig sein, wenn Reisebereitschaft gefragt oder für den Job ein Umzug notwendig ist. Auch bezüglich der Firmenstandorte kann das wichtig sein: Großstadt oder ländlicher Kontext. Beispiel: Single, will etwas erleben, eher Großstadt. Oder junge Familie: Kinder sollen eher ländlich aufwachsen.
  • Wohnort: Stadtluft oder Landliebe? Hier kann auf den Familienstand verwiesen werden.

Qualifikationen:

  • Welche Qualifikation muss/soll der Kandidat haben? Mindestanforderungen und Wunschanforderungen werden hier definiert. Welche Abschlüsse bringt der Bewerber mit? Legt er Wert darauf, sich nebenberuflich weiterzubilden? Ist er Quereinsteiger ohne fachliche Ausbildung, aber mit Interesse an Fortbildungen im Job?
  • Berufspraxis: Berufsanfänger oder alter Hase? Falls der Kandidat bereits berufstätig ist, in welcher Position arbeitet er? Ist er Angestellter ohne Führungsverantwortung?

Skills:

  • Welche Kompetenzen soll der Kandidat neben den fachlichen Skills haben? Beispiel: Er arbeitet im Team und muss dort kommunikativ tätig werden. Günstig wären Konflikt- und Kommunikationskompetenzen.

Im nächsten Schritt füllen wir das Profil mit Informationen zu weiteren Themen aus.

Interessen/Hobbys:

  • Wo hält sich der Kandidat auf?
  • Was mag und liebt er?
  • Wo ist er in seiner Freizeit anzutreffen?

Berufliche Perspektive:

  • Welche Wünsche hat der Kandidat für seine berufliche Entwicklung?
  • Welche Ziele verfolgt der Kandidat im Berufsleben?

Anforderungen an die Stelle:

  • Warum diesen Job?
  • Welche Gründe hat der Kandidat für die Jobsuche oder den Jobwechsel?
  • Befindet er sich aktiv auf Jobsuche, würde er einem Wechsel offen gegenüberstehen oder bräuchte es Vorlaufzeit, um ihn für eine Tätigkeit im Unternehmen zu begeistern?
  • Welche Bedenken könnte er gegenüber einem Jobwechsel hegen?
  • Lässt sich der gewünschte Bewerber mit einem Jobinserat erreichen?
  • Wie muss das Stelleninserat gestaltet sein?
  • Welche Informationen sucht der ideale Bewerber auf der Karriereseite im Internet?
  • Muss sich das Unternehmen auf die Suche nach passenden Bewerbern machen?
  • Auf welchen Wegen erreicht es seinen Idealkandidaten ‒ online und offline?
  • Warum ist die Stelle im Unternehmen attraktiv für die Persona? Wie können Sie die Stelle an diese Persona verkaufen?

Und das ist immer noch nicht alles, die Persona wird noch detaillierter entwickelt.

Vorlieben und Abneigungen:

  • Was mag der Kandidat besonders? Was wäre ein typischer Satz von ihm?
  • Was mag der Kandidat gar nicht? Was wäre ein typischer Satz hierzu?
  • Was hindert ihn daran, die Stelle anzunehmen?

Kulturelle Anforderungen:

  • Was ist das Wofür für diese Persona?
  • Wie will sie arbeiten? Wie sollte die Unternehmenskultur gestaltet sein?

Die Ergebnisse werden dann in ein Persona-Canvas-Template übertragen, das aussehen kann, wie in der folgenden Abbildung gezeigt.

Vorlage für ein Persona-Canvas-Template.

Vorlage für ein Persona-Canvas-Template

Step 6: Die Zielpersona lebt

Die Gruppen kreieren anhand der gesammelten Informationen ihre Zielpersona und visualisieren diese auf einer großen Metaplanwand als Zeichnung. Alter und weitere wichtige Eigenschaften werden hinzugefügt.

Die Erwartungen der drei definierten Personas bilden nun die Blaupause für die neuen Candidate-Journeys sowie für die Active-Sourcing-Strategie, also das proaktive Finden passender Arbeitskräfte. Mit den Personas werden alle spezifischen Faktoren berücksichtigt, die auf die Arbeitgeberattraktivität einzahlen. So können die Unternehmen ihre Candidate-Experience verbessern, denn in solchen Workshops werden alle kritischen Punkte des Recruiting-Prozesses ‒ von der ersten Kontaktphase bis hin zum Onboarding ‒ auf den Prüfstand gestellt.

Die Candidate-Experience.

Die Candidate-Experience

Step 7: Pitch (optional)

Am Ende pitchen die drei Gruppen mit ihren Zielpersonas und deren Geschichte, die anderen bewerten mit Daumen hoch oder runter und ihrem Feedback.

Unsere Erfahrungen

Das Erstellen von Personas ist ein kreativer Gruppenprozess, bei dem jeder einzelne Teilnehmer der Gruppe wichtig ist und seinen Beitrag zum Gesamtbild der Persona einbringt. Nach unseren Erfahrungen kann der Persona-Workshop am Beginn einer neuen Active-Sourcing-Strategie stehen oder ‒ wie in unserem Fallbeispiel ‒ der Kick-off für eine neue Recruiting-Strategie sein. Als weitere Tools, um eine Recruiting-Vision und -Strategie zu erarbeiten, sind zum Beispiel LSP (siehe Story 1) und das Business-Canvas-Modell (siehe Story 4) gut geeignet. Mit diesen Instrumenten lassen sich Strategien mit Leben füllen und Business-Development im Hinblick auf die neue Recruiting-Strategie betreiben.

Gesamtprozess: Entwicklung einer neuen Recruiting-Strategie.

Gesamtprozess: Entwicklung einer neuen Recruiting-Strategie.

Mit freundlicher Genehmigung der Haufe Group.

 

Susanne Nickel / Christian Berndt

Let’s change mit innovativen Tools. Zehn Co-Creation-Storys für eine gelungene Transformation

259 Seiten Broschur. ISBN 978-3-648-12101-6. EUR 24,95

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Mit Co-Creation können Unternehmen Change-Prozesse steuern, sie effektiv starten und die Betroffenen einbinden und für den Wandel begeistern.

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