Der beschleunigte Wandel in fast allen Industrien fordert neue Fähigkeiten von Mitarbeitern und Managern – technische Fähigkeiten, aber genauso auch soziale. Führungskräfte müssen sich auf eines einstellen: Wenn sie hinter den Erwartungen ihrer Mitarbeiter zurückbleiben, scheitert leicht auch der digitale Wandel im Unternehmen. Buchautorin und Managerin Ines Gensinger erinnert im HR-Channel von buchreport.de an die Grundlagen moderner Führungskompetenz. Dabei stützt sie sich auf Ergebnisse einer großen Befragung im Auftrag von Microsoft Deutschland.
Zukunftsweisende Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) und Mixed Reality revolutionieren unseren (Arbeits-)Alltag, Mitarbeiter agieren zunehmend selbstbestimmt und flexibel und unsere vernetzte Welt definiert Zusammenarbeit neu – es ist inzwischen wohl bei allen angekommen: Die Digitalisierung verändert unser Leben und damit auch die Arbeit. Sie versetzt uns in einen Zustand der permanenten Veränderung. Das stellt Unternehmen jeder Größe und Branche vor eine große Herausforderung – und insbesondere Führungskräfte vor die Frage, wie sie die digitale Transformation in ihrer Organisation erfolgreich gestalten können.
Eine neue Studie von Microsoft liefert darauf eine klare Antwort: Unternehmen müssen für erfolgreiche Transformation eine digitale Kultur etablieren.
- Die Mehrheit der deutschen Beschäftigten steht der Digitalisierung grundsätzlich positiv gegenüber (60%) und sieht große Chancen für das eigene Unternehmen sowie die persönliche Entwicklung darin.
- Jeder Zweite ist davon überzeugt, dass die digitale Transformation mehr Spaß bei der Arbeit oder eine bessere Gestaltung der Work-Life-Balance ermöglicht (51% bzw. 48%).
Gleichzeitig fürchten sich ebenso viele Mitarbeiter vor veränderten Aufgaben durch digitale Technologien oder sogar dem Jobverlust. Wie also überwinden wir diese Ängste und gestalten die Digitalisierung gemeinsam? Und vor allem: Welche Rolle spielen dabei Führungskräfte?
Unternehmenskultur als zentrales Element der Transformation
Einer der Hauptgründe, warum die Transformationsprozesse in Unternehmen scheitern oder nur langsam vorangehen, ist der Studie zufolge die Herangehensweise der Unternehmen: Sie beschäftigen sich bisher eher mit den technologischen und weniger mit den kulturellen Herausforderungen der Digitalisierung – und beziehen die Mitarbeiter nicht aktiv mit in die Transformation des Unternehmens ein. Nur 11% der Beschäftigten erleben diese als gemeinschaftlichen Prozess von Mitarbeitern und Führungskräften. Das ist falsch, denn der Mitarbeiter ist die digitale Kraft im Unternehmen. Ein weiteres Problem: Nur jeder vierte Mitarbeiter sieht die Geschäftsführung oder den Vorstand als treibende Kraft des Wandels.
Der Kulturwandel muss Chefsache werden
Das zeigt vor allem eines deutlich: Technologie allein reicht nicht aus, um die Digitalisierung zu meistern – und sei sie noch so innovativ. Zum Erfolg der digitalen Transformation im Unternehmen trägt vor allem auch eine starke Unternehmenskultur bei, in der Mut und Kreativität, Neugier und Teamarbeit gefördert werden. Sie schafft die Grundlage für die Akzeptanz und das Verständnis von Veränderung – und damit auch Offenheit für neue Technologien, den Kollegen Roboter oder die Zusammenarbeit mit Maschinen. Technologischer und kultureller Wandel müssen Hand in Hand gehen. Diese Botschaft ist leider noch nicht überall angekommen: Der Studie zufolge erkennt nicht einmal jeder Fünfte (19%) in seinem Unternehmen ein klares unternehmensweites Programm für den Wandel der Unternehmenskultur. Und einen möglichen Erfolg der digitalen Transformation sieht fast jeder zweite Befragte (44%) durch strukturelle Barrieren im Unternehmen begrenzt.
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Begriffe wie Führung 4.0 und Digital Leadership zeigen gleichzeitig, dass in der Führung ein Wandel stattfindet: „Chefs aus der Hölle“, wie ich sie gern nenne, und „Vorgesetzte“ – im wahrsten Sinne des Wortes – haben längst ausgedient. Mit starren Hierarchien, Kontrolle, elitärem Herrschaftswissen und einem Führungsstil von oben herab können sie den Anforderungen der modernen Arbeitswelt nicht mehr gerecht werden.
Henne oder Ei – Führungs- oder Kulturwandel?
Doch hat der kulturelle Wandel die Veränderungen in den Führungsetagen ausgelöst oder war es genau anders herum? Ist erst moderne Führung erforderlich, damit eine digitale Kultur im Unternehmen aufkeimen kann, oder entwickeln sich aus dem Kulturwandel von innen heraus neue Formen der Führung? Das Henne-Ei-Problem der digitalen Transformation – an welchen Stellen müssen Unternehmen zuerst die Weichen stellen, um ihr Unternehmen für die Zukunft aufzustellen?
Die eine richtige Antwort gibt es darauf nicht – beide Prozesse sind wichtig und beeinflussen sich gegenseitig. Wichtig ist es, sie aktiv anzugehen und Neues zu wagen, statt zu lamentieren. Denn eines ist klar: Die Arbeitswelt wandelt sich, sie verändert die Bedürfnisse und Anforderungen der Mitarbeiter genau wie die der Führungskräfte.
Damit diese Veränderungen in eine erfolgreiche Zukunft münden, muss sich die Kultur im Unternehmen verändern. Ich denke, dass im besten Falle Führungskräfte vorangehen und ihre Denkweise stetig weiterentwickeln. Tun sie dies nicht und halten an starren Hierarchien und überholten Kontrollprinzipien fest, werden die Transformationsprozesse sie über kurz oder lang in die Knie zwingen: weil die Mitarbeiter entweder den Wandel vorantreiben und ihnen den Spiegel vorhalten werden – oder das Unternehmen in letzter Konsequenz aufgrund des zu engen Korsetts verlassen.
Digital Leadership: Vertrauen, Zusammenarbeit und Offenheit leben
Mehr denn je ist es also die Aufgabe von Führungskräften, Vertrauen, Zusammenarbeit und Transparenz im eigenen Team genauso wie im gesamten Unternehmen zu fördern und einzufordern. Denn wer die Digitalisierung erfolgreich gestalten will, muss, wie es schon immer bei Veränderungen gewesen ist, alle Beteiligten auf dem Weg mitnehmen. Führungskräfte müssen lernen, Mitarbeiter einzubinden und eine digitale Kultur zu etablieren.
Dazu gehört unter anderem, Verantwortung abzugeben. In der modernen Arbeitswelt müssen Entscheidungen unter zunehmender Komplexität, Unsicherheit und Geschwindigkeit getroffen werden. Dazu braucht es Führungskräfte, die in die Fähigkeiten und Lösungskompetenzen ihrer Mitarbeiter vertrauen – und Hierarchien abbauen. Gleichzeitig schaffen Digital Leaders ihren Mitarbeitern Freiraum. Digitale Technologien ermöglichen eine selbstbestimmte und flexible, individuelle Gestaltung von Arbeit und Freizeit. Das unterstreicht auch die Studie: Fast jeder zweite Befragte gab an, dass die Möglichkeit, flexibel von zu Hause zu arbeiten, ein großer Vorteil ist. Ebenso viele sind zuversichtlich, dass die digitale Transformation ihnen persönliche Vorteile bietet. Gleichermaßen fordert die Digitalisierung von Führungskräften und Mitarbeitern aber auch Eigenverantwortung, Vertrauen und Offenheit.
Dabei sollten wir uns bewusstmachen, dass die Entwicklung einer Kultur der digitalen Transformation eine langfristige Herausforderung ist. Eine Herausforderung, die von zahlreichen miteinander verflochtenen Schwierigkeiten geprägt wird. Daher möchte ich an alle Führungskräfte appellieren: Lassen Sie uns die Treiber der Veränderungsprozesse sein. Sozusagen das Ei in der Henne-Ei-Frage, denn das war erwiesenermaßen zuerst da ?.
Stärken wir unsere Mitarbeiter in ihrer Arbeit, unterstützen wir sie, nehmen wir ihnen Ängste – durch Transparenz, Offenheit und Neugier. Damit unsere Teams, ob Mensch-Mensch oder Mensch-Maschine, sich bestmöglich entwickeln. Lassen Sie uns mit einer modernen Führungskultur mit dem Menschen im Mittelpunkt vorangehen und so eine neue, digitale Kultur im Unternehmen säen!
Ines Gensinger ist bei Microsoft Deutschland mit ihrem Team für die Geschäftskunden- und Endanwenderkommunikation sowie Analyst Relations verantwortlich. Sie zählt zu den Vordenkern in der Diskussion zu Digital Leadership und hat sich ein starkes Netzwerk an Mitstreitern aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft aufgebaut.
Wie jetzt? : Die Chefs haben ausgedient – ABER: Kulturwandel ist Chefsache; Führungskräfte müssen vorangehen, sollen die Treiber der Veränderung sein; Digital Leader (was ist der Unterschied zum Chef?) schaffen Freiräume, stärken die Mitarbeiter, unterstützen die Mitarbeiter, nehmen den Mitarbeitern Ängste, Sie nehmen die Mitarbeiter mit auf den Weg (von allein kommen die ja nicht mit?) etc. . „Ausgediente Chefs“ haben aber natürlich gleichzeitig Vertrauen in die Fähigkeiten und Lösungskompetenzen ihrer Mitarbeiter. Für mich eine Ansammlung an Plattitüden, bei der eine paternalistische Weltsicht durchschimmert.