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Warum Sitzen Ihre Mitarbeiter nicht nach und nach umbringt

Eine sitzende Arbeitshaltung ist in Verruf. Manager telefonieren im Gehen oder Stehen, höhenverstellbare Schreibtische befreien angeblich von Zivilisations-Übeln. Eine dynamische Haltung ist sicher gut gegen Rückenbeschwerden – aber ist Sitzen tatsächlich ein „Killer“?

Aytekin Tank, Gründer des amerikanischen Formularverlags Jotform und verantwortlich für 110 Mitarbeiter, machte sich Sorgen um deren Gesundheit und ging der Sitz-Angst auf den Grund. Im HR-Channel von buchreport.de erklärt er, warum er heute wieder ruhig schlafen kann – obwohl er sein Team nicht flächendeckend mit elektrohydraulischen Möbeln ausgestattet hat.

Foto: Pixabay

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Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch und arbeiten vor sich hin, tief im Flow – da merken Sie aus dem Augenwinkel, dass Sie jemand anstarrt.

Zuerst ignorieren Sie es und hacken weiter auf Ihren Computer ein. Aber da das Gefühl, von Blicken durchbohrt zu werden, stärker wird, wird es immer schwieriger, dem Drang zu widerstehen, aufzusehen und zu sehen, wer der Täter ist.

Schließlich blicken Sie von Ihrem Bildschirm auf, und Ihre Augen begegnen denen von Susan aus der Buchhaltung, die in perfekter Haltung an ihrem brandneuen Stehpult steht.

Völlig verwirrt heben Sie die Augenbrauen, öffnen den Mund und fragen: „Was ist denn los?“ Eine angemessene Antwort für jemanden, der sich in den letzten 15 Minuten wie ein Zootier gefühlt hat.

Sie starrt Sie noch ein wenig länger an, schüttelt betrübt den Kopf und arbeitet weiter.

Zunehmend verunsichert, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, was los ist – dann trifft es Sie wie ein Schlag. Sie sitzen.

Nach einem kurzen Faktencheck im Internet wissen Sie, dass selbst Sie in Ihrem zarten Alter von 32 Jahren in Ihrem Büro tot umfallen könnten. Eine Google-Suche nach den Auswirkungen des Sitzens kann selbst die stabilsten Menschen in Panik versetzen. Am selben Abend geben Sie einen Tausender für ein Stehpult aus.

»Oh, das weißt Du noch nicht? Sitzen ist das neue Rauchen«

Heben Sie die Hand, wenn Sie es leid sind, den angstauslösenden Satz zu hören: „Sitzen ist das neue Rauchen!“

Oder weil es Ihnen zum Hals heraushängt, sich zu fühlen, als wären Sie nur wenige Minuten von einem Date mit dem Sensenmann entfernt, weil Sie sich weigern, ein ganzes Monatsgehalt auf ein ausgefallenes hydraulisches, rutschfestes, schwebendes, wassergekühltes Stehpult oder einen elektrischen Hebe-Senk-Schreibtisch zu verwenden?

Ich bin mir nicht ganz sicher, wann es begann, dass das einfache Sitzen auf einem Stuhl mit 150 verschiedenen lebensbedrohlichen Krankheiten (wie Typ-2-Diabetes) in Verbindung gebracht wurde. Aber seit einige Studien herauskamen, die sagten, dass Sitzen gesundheitsschädlich sein könnte, wurden Stehpulte wie geschnitten Brot aus den Regalen der Möbelgeschäfte getragen.

Personalkonzepte für die Zukunft

Mehr zum Thema Personalmanagement und -führung lesen Sie im HR-Channel von buchreport und Channel-Partner Bommersheim Consulting. Hier mehr

Nun folgt die Entlastung der „Sitz-Junkies“ und all derer, die ihren Mitarbeitern oder ihrer Organisation ganz schlichte, mehr oder weniger moderne Schreibtische zur Verfügung stellen.

Eine im British Journal of Sports Medicine veröffentlichte Studie über die Auswirkungen des Sitzens auf 5000 Menschen im Laufe von dreizehn Jahren fand absolut keinen Zusammenhang zwischen dem Sitzen und der Entwicklung lebensbedrohlicher Krankheiten wie Diabetes.

Da keiner von uns die Zeit und die Energie hat, jedes einzelne Argument über die Auswirkungen des Sitzens auseinanderzunehmen, möchte ich einen weiteren Punkt ansprechen: Das Stehen könnte genauso viele negative gesundheitliche Auswirkungen haben.

Warum Stehen vielleicht auch nicht die Antwort ist

Vielleicht war das, was die Stehpultbewegung auslöste, eine vor einiger Zeit durchgeführte Studie, die eine außerordentlich gewagte Aussage machte: Nur drei Stunden am Tag zu sitzen, ist für 430.000 Todesfälle in 54 Ländern verantwortlich.

Es schien logisch und einfach: Der durchschnittliche Mensch fällt tot um, wenn er mehr als drei Stunden am Tag sitzt, damit er die anderen fünf stehen kann. Deshalb ist es wichtig, dass er die anderen fünf steht. Die Lösung sollte heißen: Stehpult oder höhenverstellbarer Schreibtisch.

Allerdings sind neuere Studien aufgetaucht, die besagen: Nur zwei Stunden am Tag zu stehen, kann zu Schwellungen in den Beinen, erhöhtem Unbehagen und einem erheblichen Rückgang der kognitiven Funktion und damit der Gesamtproduktivität führen.

Also – wollen Sie riskieren, durch Sitzen tot umzufallen oder, Ihren Job durch Stehen zu verlieren?

Aber warten Sie, bevor Sie sich entscheiden, es gibt noch mehr Belege. Eine weitere Studie zeigte, dass längeres Stehen die Wahrscheinlichkeit von Herzerkrankungen erhöhen könnte, da sich das Blut in den Beinen sammelt und der Druck in den Venen steigt – ein beunruhigender Befund, wenn man bedenkt, dass jedes Jahr allein in den Vereinigten Staaten mehr als 630.000 Menschen an Herzerkrankungen sterben.

Die Entscheidung ist also nicht mehr Sitzen und Sterben oder Stehen und nicht produktiv sein, sondern vielmehr Sitzen und Sterben oder Stehen und Sterben.

Vielleicht sollten wir uns einfach darauf konzentrieren, gute Arbeit zu leisten und gesünder zu leben. Bei Jotform bieten wir unseren über 110 Mitarbeitern sowohl Stehpulte als auch normale Schreibtische an. Ich bin kein Arzt, aber ich vermute, dass all die Diskussionen um Stehpulte möglicherweise überbewertet werden.

Ausgleich ist gut für das Geschäft und für unseren Körper

Die Wahrheit liegt in der Mitte, und wir sollten nicht jedesmal das gesamte Büro mit einem neuen Möbeltyp ausstatten, sobald eine neue Studie dies nahelegt. Wir können stattdessen Sitzen und Stehen in Balance bringen und Maß halten, indem wir uns auf unsere gesamte Ernährung, unsere Bewegungsgewohnheiten und unseren gesamten Lebensstil konzentrieren.

Bild: Pixabay

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Tatsächlich gibt es einige sehr einfache Veränderungen in unserem Lebensstil, auf die wir uns meiner Meinung mehr konzentrieren sollten, als mit Händen und Füßen darüber zu streiten, ob das Sitzen uns umbringen wird oder nicht.

  1. Gehen Sie 30 Minuten am Tag – wenn Sie nur 30 Minuten am Tag gehen, senken Sie Ihr Risiko für Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten und hohen Blutdruck. Darüber hinaus schärfen Sie Ihre Sehkraft, stärken Ihr Gedächtnis und verbessern Ihre allgemeine Stimmung.
  2. Trinken Sie acht Gläser Wasser pro Tag – dadurch, dass Sie einfach jeden Tag genug Wasser trinken, senken Sie Ihr Risiko, einen hohen Blutdruck zu entwickeln. Wasser stärkt auch Ihr Immunsystem, weil so Ihre weißen Blutkörperchen Erkältungen und die Grippe besser bekämpfen können.
  3. Lassen Sie frittierte Lebensmittel weg – das versteht sich von selbst, aber Junk-Food kann zu bösen Krankheiten führen, die gern mit dem Sitzen in Verbindung gebracht werden – Herzkrankheiten, Diabetes und Fettleibigkeit. Indem Sie also in den Mittagspausen einfach gesündere Verhaltensweisen wählen, verhindern Sie viele der Krankheiten, die das Sitzen angeblich verursacht.
  4. Entwickeln Sie eine tägliche Trainingsroutine – ich habe vor einiger Zeit damit begonnen, meine allgemeine Gesundheit und meine Fitness zu verbessern, damit ich meinem Unternehmen nützlicher sein kann. Nach nur wenigen Wochen Training war ich überwältigt von der Entwicklung meiner Stimmung, Konzentration und Motivation. Aber außer dass es Ihnen in mentaler und emotionaler Sicht hilft, kann das tägliche Training auch Ihr Risiko für chronische Krankheiten verringern.

 

Aus dem Jotform-Blog (englisch). Mit freundlicher Genehmigung.

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