Eine der prominentesten amerikanischen Indie-Buchhandlungen steht vor einer ungewissen Zukunft. Politics & Prose in Washington, der erst vor wenigen Monaten in großem Stil seinen 25. Geburtstag gefeiert hat, soll verkauft werden, weil die Inhaberinnen Barbara Meade und Carla Cohen (beide 74) in die Jahre gekommen sind.
Welchen Status Politics & Prose in den USA genießt, zeigt die Tatsache, dass die überregionalen Tageszeitungen und Nachrichtenagenturen die zuerst in der „Washington Post“ veröffentlichte Ankündigung weitläufig aufgegriffen haben. Und nicht nur das: Viele Journalisten haben den geplanten Verkauf zum Anlass genommen, eine Lanze für den Indie-Buchhandel per se zu brechen und dessen Probleme angesichts der wachsenden Konkurrenz von Internet und Buchketten vor großem Publikum auszubreiten.
Dabei wäre dies im Falle des Washingtoner Platzhirsches eigentlich gar nicht nötig, denn Politics & Prose ist kein wirtschaftlicher Pflegefall, sondern ein profitables Unternehmen. Die Krise des Buchmarktes hat um die Connecticut Avenue in der US-Hauptstadt offensichtlich einen Bogen gemacht: Konkrete Umsatzzahlen gibt es nicht, aber die „Washington Post“ zitiert Meade, dass die Buchhandlung 2009 ein Rekordjahr hatte; so wurden u.a. 156000 Hardcover verkauft, die 3,3 Mio Dollar in die Kasse gebracht haben.
Ganz überraschend kommt die Entscheidung von Meade und Cohen nicht. 2003 hatten „Washingtons literarische Großmütter“ („Washington Post“) schon einmal ihren Ausstieg geplant und versucht, einen Nachfolger aufzubauen: Doch der als Teilhaber ins Haus geholte Geschäftsmann Danny Ginsburg und die 60 Mitarbeiter vertrugen sich überhaupt nicht, so dass Ginsburg nach zwei Jahren wieder ausstieg. Der Vorgang sorgte seinerzeit für Schlagzeilen, weil ihn das „Wall Street Journal“ in einem langen Artikel mit Einverständnis der Beteiligten in allen Einzelheiten dokumentiert hatte.
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