Dem Sprachwissenschaftler, Essayisten, Romanautor und Leiter der Kulturabteilung des Schweizer Fernsehens DRS, Iso Camartin, werden heute zwei Besprechungen gewidmet.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ hat sich seinen „Wegweiser. Aus den Aufzeichnungen eines Einzelgängers“, Publikation Nr. 1840 aus der Schriftenreihe der Vontobel-Stiftung, vorgenommen: Camartin öffne uns seine Bibliothek wie eine geheime Apotheke, höre mit uns Monteverdi und Schubert, nähme uns mit nach Venedig und führe im Parlando-Ton endlich zum „besten aller möglichen Wegweiser“, dem eleganten Nietzsche der „Fröhlichen Wissenschaft“, der das Zweifeln lehrt und das Lachen: „Über sich selber lachen, wie man lachen müsste, um aus der ganzen Wahrheit heraus zu lachen – dazu hatten bisher die Besten nicht genug Wahrheitssinn und die Begabtesten viel zu wenig Genie. Es gibt vielleicht auch für das Lachen noch eine Zukunft!“ Camartins „Wegweiser“ sei nie dogmatisch, er handele von der Lust, sich zu Lebensmöglichkeiten anregen zu lassen, im Wissen, „dass es gerade die Irrtümer sind, die wesentlich zu unserer Humanität beitragen.“
Die „Süddeutsche Zeitung“ sieht dagegen in Camartins „Die Geschichten des Herrn Casparis“ (C.H. Beck) eine „verquere Plauderei“. „Wenn einer nichts von sich preisgeben möchte, wie dieser Herr Casparis, dem es ‚eine wunderbare Herzenserleichterung‘ schien, dass man ‚mit Worten die wahren Gefühle so gut verdeckt halten konnte‘ –, der aber zugleich einen beträchtlichen Ausdruckswillen hat, dann ergibt sich daraus ein ausgeruhter Plauderstil, der, auch wenn er einmal kurz Mut fasst, immer wieder zu Einschränkungen greifen muss.“ Casparis sei kein Walser, sondern ein etwas kauziger Bildungsbürger, der Shakespeare lese, Schubert höre, kulturkritische Gedanken zum Wetter habe und bei allem an der Oberfläche bleibe.
„Neue Zürcher Zeitung“ (Seite 46)
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)
NACHGELESEN – Bücher heute in den Zeitungen
Belletristik
Hans-Ulrich Treichel: Anatolin. Suhrkamp 2008, 17,80 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 34)
Rafael Chirbes: Krematorium. A. d. Span. von Dagmar Ploetz. Kunstmann 2008, 22,00 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)
Curtis Sittenfeld: American Wife. Random House 2008, ca. 17,00 Euro
nzz.ch
Gertrud Leutenegger: Matutin. Suhrkamp 2008, 19,80 Euro
nzz.ch
Friedrich Torberg: Mein ist die Rache. Novelle. DTV 2008, 7,90 Euro
nzz.ch
Sachbuch
A. J. Jacobs: Die Bibel & ich. Von einem, der auszog, das Buch der Bücher wörtlich zu nehmen. A. d. Engl. von Thomas Mohr. Ullstein 2008, 19,90 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)
David Axmann: Friedrich Torberg. Die Biografie. Langen Müller 2008, 19,30 Euro
nzz.ch
VORAUSGEHÖRT – Bücher im Radio
Der SR 2 sendet heute ab 20:04 Uhr einen Mitschnitt der gemeinsamen Veranstaltung der Stiftung ME Saar und des Saarländischen Rundfunks zur Verleihung des Eugen-Helmlé-Übersetzerpreises 2008 an Nicole Bary. Die Französin erhielt die mit 6000 Euro dotierte Auszeichnung für die Übertragung zeitgenössischer deutscher Literatur ins Französische. „Nicole Bary übersetzt mit großer Werktreue und bemerkenswerter Präzision, ihr Sinn für sprachliche Nuancen ist herausragend, immer trifft sie ‚den richtigen Ton‘, auch gestützt durch ihre umfassende Kenntnis der deutschen Sprache und Kultur“, hieß es in der Begründung der Jury. Mit dabei: Christoph Hein und Alain Lance.
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