Die Wolke verdichtet sich, ist der Eindruck, den Besucher der Computermesse CeBIT in Hannover gewinnen können. Für Verlage eröffnet die sogenannte „Cloud“ neue Perspektiven im digitalen Rechtemanagement (DRM), da ausschließlich online verfügbares Datenmaterial nicht unmittelbar weiterverbreitet werden kann.
Beim „Cloud Computing“ werden Daten und Programme zentral auf Servern (in der „Wolke“) bereitgestellt, statt auf lokalen Rechnern. So können die Daten von verschiedenen Geräten abgerufen werden, aber auch Änderungen oder Neuinstallationen von Computer-Programmen zentral gesteuert werden. Auch der Computerbuchverlag Galileo Press setzt auf die Wolke: „Unsere E-Books können ausschließlich auf dem Server unseres Verlags gelesen werden“, erläutert Marketing-Mann Thomas Losch das Prinzip. Sein Team hat die Lösung für den Verlag in Eigenregie programmiert, als Computerfachverlag habe man das entsprechende Wissen direkt im Haus, erklärt er. Dennoch sind E-Books auch in der Wolke nicht vor Angriffen geschützt: „Unsere Zielgruppe weiß genau, wie sie Daten hacken können. Bisher haben dies aber nur zwei indische Hacker (erfolglos) versucht.“ Weiterer Nachteil: Viele Kunden möchten ihre E-Books auch ohne Internetverbindung lesen können, ein entsprechendes Offline-Angebot ist deshalb bei Galileo in Planung.
Wettbewerber O’Reilly hingegen setzt nach dem Vorbild der amerikanischen Mutter auf „schutzlose“ E-Books. „Wir haben keine Angst vor Piraterie. Unsere Kunden sollen die Bücher immer und überall lesen können“, erläutert Nathalie Pelz die Philosophie des Verlags. Man könne nie ausschließen, dass Bücher im Netz verbreitet würden. Großes Potential sehen beide Verlage gerade bei ihrer Zielgruppe: „Da wir die sogenannten Early Adopter ansprechen, dürften sich E-Books im Fachbereich Computer schneller durchsetzen, als bei anderen Verlagen“, erläutert Pelz. Ihrer Meinung nach kannibalisieren sich Printversionen und E-Books nicht, sondern ergänzen sich mit unterschiedlichen Anwendungssituationen. Im amerikanischen O’Reilly Verlag bestanden in 2010 88% aller Verkäufe über oreilly.com
in digitalen Versionen. Ähnliches Potential sieht Kollege Losch von Galileo auch in Deutschland: „Momentan macht der digitale Bereich bei uns etwa 5% der Verkäufe aus. Wir erwarten jedoch, dass der Anteil in den nächsten zwei bis drei Jahren auf 30 bis 40% wachsen wird“, prophezeit er, ergänzt aber: „Dennoch haben unsere Leser einen starken emotionalen Bezug zu Printexemplaren.“Eine andere Sicherheitslösung stellen Programmierer von Fraunhofer auf der CeBIT vor: Für den Leser nicht erkennbare Modifikationen in Text und Bild enthalten in kodierter Form die Nutzerdaten. Damit kann der Verlag feststellen, welcher Käufer ein Buch verbreitet hat und entsprechende Schritte einleiten. Das digitale Wasserzeichen ist nach Auskunft von Fraunhofer im Hörbuch-Bereich (beispielsweise bei soforthören.de) und im Video- und Fotobereich schon lange erprobt. Problem bei Texten: Es gibt wesentlich weniger Möglichkeiten, die Codes einzubringen, eine Kombination verschiedener Techniken sei deshalb die Lösung. So könnten Abstände manipuliert werden oder Codes im Cover versteckt werden. Das Wasserzeichen bleibe selbst bestehen, wenn der Text gedruckt und wieder eingescannt wird, erklärt Oliver Küch von Fraunhofer.
Einsatzmöglichkeiten und Probleme der Cloud werden noch bis Samstag (5.3.) auf der CeBIT vorgestellt.
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