Nach dem Börsenverein (ausführlicher hier) bringt sich jetzt auch die Initiative Urheberrecht gegen den Referentenentwurf der Bundesregierung zum neuen Wissenschaftsurheberrecht in Stellung. Grundsätzliche unterstütze die Vereinigung verschiedener Urheberverbände die Bemühungen, geschützte Werke im gewissem Umfang zu Zwecken des Unterrichts und der Wissensvermittlung zugänglich zu machen. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass die Ansprüche auf angemessene Vergütung bei der Nutzung durch Schulen und Bildungseinrichtungen oft sehr schwer durchzusetzen sind.
Die Initiative kritisiert deshalb: „Insofern ist auch der Entwurf überaus unbefriedigend: zwar erwähnt er in vielen Punkten die Notwendigkeit der Zahlung von angemessenen Vergütungen; in Bezug auf die mit seiner Umsetzung verbundenen unausweichlichen Steigerungen der Kosten für den Erwerb von Inhalten bei den nutzenden Instituten schweigt er sich jedoch unüberhörbar aus.“ Die Befürchtung: „Den Kreativen – und gegebenenfalls auch den Verlagen – wird zugemutet, nun sogar in erweitertem Umfang die Zeche zu zahlen.“
Einige Kritikpunkte der Initiative Urheberrecht im Wortlaut:
- Der Entwurf dehnt die bisher in einer Reihe von Schrankenregelungen verwendete Formulierung „kleine Teile“ auf „bis zu 25%“ aus. Eine derart ausgeweitete Nutzungsbefugnis ist nicht angemessen, da bei geschickter Auswahl die nahezu vollständige Nutzung kompletter Werke möglich ist und damit einen unzulässigen Eingriff in die Verwertungsrechte der UrheberInnen darstellt.
- Die Digitalisierung der Bildungsmedien schafft weitgehend neue Sachverhalte und erweiterte Nutzungsmöglichkeiten insbesondere von audiovisuellen Werken. Eine pauschale Nutzung von bis zu 10% des vorbestehenden Werks wird im Entwurf vorgeschlagen, dies stellt bei audiovisuellen Werken einen erheblichen Umfang dar – insbesondere in einem Markt, in dem bereits der Umfang einer Minute vergütungsrelevant ist.
- Wir teilen nicht die Einschätzung des Regierungsentwurfes in der Begründung zu § 60a Absatz 1, die Nutzung von Werken in Schulklassen sei nicht öffentlich im Sinne des § 15 Abs. 3. Von einer dahingehenden einheitlichen Rechtsprechung kann keine Rede sein.
In Bezug aufs Streitthema E-Lending hält sich die Initiative eher bedeckt: „Wir begrüßen die Haltung des BMJV, diese Frage zunächst offen zu halten um zu prüfen, inwieweit unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und der zeitgemäßen Entwicklung der Bibliotheken eine Lösung zu finden ist, die den Interessen aller Beteiligten weitgehend gerecht wird. Die Initiative Urheberrecht und ihre Mitgliedsorganisationen werden sich an dieser Diskussion konstruktiv beteiligen.“
Lieber Jens Fried,
eine nicht ganz selten anzutreffende Meinung ist, dass der Staat „die“ Verlage subventioniert. Zahlt die Wissenschaftler, die forschen, zahlt die Peer-Reviewer, kauft am Ende über die Bibliotheken die Bücher. So jedenfalls bei den „big three“.
Ganz anders vermutlich bei den „Hunderte deutscher Wissenschaftsverlage und Fachinformationslieferanten“ – Börsenverein, s.
https://www.buchreport.de/2017/02/27/missbrauchen-die-wissenschaftsbibliotheken-ihre-marktmacht/
die alles selber finanzieren und den Autoren ordentliche Honorare zahlen (oder auch nicht?).
Da hätte man doch ein gutes Kriterium bzw. Argument, an welchen Stellschrauben zu drehen wäre.
Lieber Manuel Bonik, eine gute Idee, die man nur unterstützen kann!
Der Staat spart die Wissenschaft kaputt und bedient sich dann bei den Verlagen, um das wieder (ein wenig) auszugleichen. Falsche Adresse, das ist eine Aufgabe der Allgemeinheit, versteckte Steuern für Kreativbranchen sind keine Lösung.
Wäre es nicht mal eine sinnvolle journalistische Aufgabe für den buchreport, herauszufinden, welche der betroffenen Verlage ihren Autoren überhaupt Honorare zahlen? Das ist ja gerade im Wissenschaftsbereich keine Selbstverständlichkeit. Und dann könnte man diese Diskussion etwas genauer führen.