Die Felder CRM, Marketing Automation und Social Engagement gewinnen für Verlags- und Medienhäuser im Zeichen wachsender Kundenorientierung immer mehr an Bedeutung. Aber die dazu erforderlichen Systeme sind konzeptionell und technisch nicht leicht zu meistern. Im Interview im IT-Channel von buchreport.de beschreibt Alexander Woge von knk Customer Engagement, worauf es ankommt.
Verlage haben ihre Auslieferungs- und Vertreterdaten. Da steht doch alles drin, was sie über ihre Kunden wissen müssen – was brauchen sie noch und wozu?
Das ist auch gut so, dass die Verlage all dies haben. Diese Kunden sind aber nicht zentral die Kunden, mit denen wir uns beschäftigen. Wir beschäftigen uns mit den Endverbrauchern, den Direktkunden. Auslieferungs- und Vertreterdaten genügen heute nicht mehr, um dem Endverbraucher und dessen Konsumverhalten, das sich in den letzten Jahren extrem verändert hat, auf allen Kanälen adäquat entgegenzutreten. Kurzum, es gilt die Verlage dabei zu unterstützen, die Endverbraucher zu entdecken und mit ihnen ins Geschäft zu kommen.
An was für Verlage wenden Sie sich?
Wir wenden uns mit unseren Lösungen an die Medienbranche allgemein und grenzen bewusst unsere Zielgruppe an dieser Stelle nicht ein. Ein Belletristik- und Sachbuchverlag oder ein Ratgeberverlag hat allerdings ganz andere Voraussetzungen und Potenziale als ein Special-Interest-Verlag, ein Fachinformationsverlag oder gar ein Zeitungsverlag, was Beziehungen zu Endverbrauchern betrifft. Allen diesen Verlagen gemeinsam ist, dass sie im Direktgeschäft gute Chancen und große Potenziale haben, ihre Zielgruppen zu erreichen und deutlich mehr Umsatz zu generieren.
Und die wären?
Ein Belletristikverlag oder ein Ratgeberverlag tut sich im Allgemeinen schwerer als ein Special-Interest-Verlag oder ein Fachverlag, klar abgrenzbare Zielgruppen zu fokussieren. Erstens kann buchstäblich jeder neue Titel eine völlig neue, unbekannte Zielgruppe haben, und zweitens ist für jeden Titel der Interessentenkreis viel schwieriger abgrenzbar, zum Beispiel demographisch, von seinen Lesegewohnheiten her oder von seinen sonstigen Interessen her. Den Verlagen fehlt es infolge dessen an den erforderlichen Werkzeugen, diese Zielgruppen marketingtechnisch zu „greifen“, oder diese Werkzeuge sind teuer und schwierig zu implementieren, zu integrieren und zu administrieren.
Demnach geht es im Kern um das, was man Targeting nennt?
Auch Targeting ist ein Teil des Ansatzes, den wir unter der Überschrift „Community Building“ subsummieren. Meiner Ansicht nach sollten bereits alle Publikumsverlage mit einigen wenigen Marketing- und IT-affinen Mitarbeitern versuchen, ein professionelles Kundentargeting als Vertriebs- und Marketinginstrument einzusetzen. Sie haben eine reelle Chance, ihr Direktkundengeschäft deutlich auszubauen.
Was bedeutet ein solches Targeting konkret für Kunden und Verlage?
Ziel ist es, dem Endkunden zu richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal den für ihn relevanten Content anzubieten oder auszuspielen. Nehmen wir als Beispiel die Website eines Verlages. Platt ausgedrückt gilt es, diese Website für den Kunden interessanter zu machen und dadurch Kaufanreize zu setzen. Kunde A interessiert sich für Content A und Kunde B interessiert sich für Content B und dementsprechend werden Inhalte und auch Ads kundenspezifisch ausgespielt. Wenn ich zum Beispiel bereits ein Abo habe oder ich mich gar einlogge, dann kann Targeting dafür sorgen, dass die Website noch einmal ganz anders aussieht.
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Wenn ich die Vorlieben meiner Kunden in etwa treffe, habe ich als Verlag die Chance, sie länger auf meiner Seite zu behalten. Mit den Kunden zu interagieren und sie von passiven Konsumenten zu aktiven Kunden umzuwandeln.
Wie entwickelt sind die einzelnen Teilmärkte in dieser Disziplin? Wie viele Verlage planen oder arbeiten an Targeting-Lösungen, wie viele betreiben schon welche?
Man könnte jetzt denken, dass Verlage, die ihre Endkunden bereits sehr gut kennen, da sie zum Beispiel Aboverträge in ihren Systemen verwalten, beim Targeting einen Vorsprung haben – dem ist aber nicht so. Aus unserer Sicht können wir nicht davon sprechen, dass Special-Interest-Verlage oder Fachverlage hier besonders weit vorn sind. Wir haben sogar eher die Erfahrung gemacht, dass die großen Belletristen hier gedanklich einen Vorsprung haben und bereits einzelne Tools einsetzen, um den Endkunden besser zu erreichen.
Generell wird Targeting oder Community Building aber immer mehr zu einem Thema. Hier können wir in Deutschland auch noch einiges von anderen internationalen Verlagen wie zum Beispiel der Washington Post oder dem Economist aus den USA oder Aller Media und Shibsted aus Skandinavien lernen.
Das klingt nach einer komplexen Aufgabe. Wie würden Sie, wenn Sie Verleger wären, ein solches Projekt konkret anpacken?
Zunächst sollte man sich an erster Stelle rein inhaltlich Gedanken machen, bevor es an die technische Umsetzung geht. Der Verlag sollte sich selbst die Frage stellen: Was möchte ich vor welchem Hintergrund „tracken“ und was für Ziele verfolge ich überhaupt damit? Gleichzeitig muss natürlich auch von Anfang an gewährleistet sein, dass ich rechtskonform vorgehe.
Wenn der grobe Rahmen steht und die Ziele klar sind, dann sollte das Projekt mit einer Analyse der Quellen für Kundendaten fortfahren: Welche Daten zu Kunden sammle ich bereits über mein CRM? Welcher Content generiert Traffic? Welche Daten generiert mein Webshop? Wer hat schon gekauft und was, wer hat sich schon für das Verlagsprogramm interessiert und wofür, wer hat mit dem Verlag interagiert und wie oder worüber?
Im nächsten Schritt geht es darum, sich auf die Spur dieser Community zu setzen, denn diese Personen sind auch sonstwo unterwegs im Web – in Social Media, auf Literaturblogs, auf den Seiten ihrer Lieblingsautoren. Dort gilt es ihnen Interaktions- und letztlich Kaufangebote zu machen. Ich muss dem Kunden über den richtigen Kanal und passend zu seinem aktuellen Interesse den „richtigen“ Content ausspielen oder eben anbieten.
Und genau an dieser Stelle können zum Beispiel AdServer genutzt werden, denn hier kann ich auch ohne ein Opt-In, welches ich zum Beispiel für Massen-Mailings benötige, mit dem Kunden interagieren. Wenn ich über ein Opt-In verfüge, wie zum Beispiel viele Special-Interest-Verlage, dann ist der zusätzliche Einsatz von Marketing Automation sinnvoll.
Wir setzen für solche Projekte technologisch immer auf dem auf, was Microsoft entwickelt hat, entwickeln es für die Medienbranche weiter und passen es an die Bedürfnisse der einzelnen Kunden an. Konkret ist das der Microsoft Dynamics Stack und einzelne Lösungen aus der Microsoft Cloud „Azure“. Hier sind verschiedenste Komponenten enthalten, wie zum Beispiel CRM, Marketing Automation und diverse Konnektoren für die Anbindung von Drittsystemen, mit denen wir sehr gut Community Building, das was Microsoft Audience Analytics nennt, betreiben können. All diese Lösungen integrieren sich zudem, wenn gewünscht, in die anderen alltäglichen Anwendungen, die man bereits aus dem Hause Microsoft kennt.
Sie sprechen von Office 365?
Wir sprechen auch von Office 365, aber viel mehr eben noch von den Enterprise-Anwendungen, die Microsoft zur Verfügung stellt und unsere Mutterfirma, die knk Business Software, bereits seit Jahren vertreibt.
Verkaufen Sie also Ihre Lösungen an die Kunden von knk?
Wir verkaufen sie gerne an Bestandskunden von knk, wir begreifen uns aber als frei in der Wahl unserer Kunden, und wenn ein Interessent eine andere Verlagssoftware als knkVerlag von unserer Mutterfirma nutzt, dann werden wir dieses integrieren. Wir kommen nicht jedes Mal mit dem ganzen Microsoft Stack, mit Microsoft Dynamics NAV oder Microsoft Dynamics CRM um die Ecke.
Wir bieten zwar auch selbst CRM und Marketing-Automation-Lösungen an, können aber auch gänzlich im Hintergrund agieren und uns auf Themen wie Data Science, Machine Learning oder BI „beschränken“. Deswegen nennt sich die neue Gesellschaft auch nicht „CRM“, sondern „Customer Engagement“ – unsere Themenfelder und auch die unserer Kunden sind einfach weiter gefasst.
Die neue Firma sitzt nicht mehr in Kiel, sondern in Hamburg, was bezwecken Sie mit der neuen Location?
Wir suchen die besten Leute und setzen sie dahin, wo sie am liebsten sitzen. Hamburg ist ein attraktiver Standort mit einem größeren Einzugsgebiet als Kiel. Heutzutage müssen wir als attraktiver Arbeitgeber hier einfach flexibel sein. Die knk-Gruppe an sich besitzt und plant zudem noch weitere Standorte. Mein Büro ist zurzeit in Kiel.
Alexander Woge ist Geschäftsführer von knk Customer Engagement, einer Ausgründung der knk Gruppe, die sich speziell mit den Bereichen CRM, Marketing Automation und Vertriebsunterstützung in der Verlags- und Medienbranche befasst. Zuvor war Woge zwei Jahre lang Head of CRM Solutions bei knk Business Software, davor u.a. Sales Consultant bei knk. Seine Laufbahn begann Woche als Junior Consultant bei der TauRes Gesellschaft für Investmentberatung.
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