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»Lackmustest für die Auswahl von Praktiken und Werkzeugen«

Verzögerte Projekte, fragwürdige Produktqualität und verpasste Deadlines sind in der IT-Branche häufig an der Tagesordnung. Mit „DevOps“ sollen diese Herausforderungen bewältigt werden.

Das Konzept ermöglicht es zuvor getrennten Rollen wie Entwicklung, IT-Betrieb, Qualitätstechnik und Sicherheit, sich zu koordinieren und zusammenarbeiten, um bessere und zuverlässigere Produkte zu liefern (s. auch Definition). Was können Verlage von dieser Unternehmenskultur lernen?

DevOps – Definition

Der Begriff DevOps setzt sich aus „Dev“ (Development, Entwicklung) und „Ops“ (Operations, Vorgänge) zusammen und vereint Menschen, Prozesse und Technologien, damit Kunden kontinuierlich hochwertige Produkte erhalten. DevOps ermöglicht es zuvor getrennten Rollen wie Entwicklung, IT-Betrieb, Qualitätstechnik und Sicherheit, sich zu koordinieren und zusammenarbeiten, um bessere und zuverlässigere Produkte zu liefern. Durch die Einführung der DevOps-Kultur mit DevOps-Methoden und -Tools sollen Teams besser auf die Anforderungen ihrer Kunden reagieren, das Vertrauen in ihre eigenen Anwendungen steigern und Geschäftsziele schneller erreichen können.

Quelle: Microsoft

Das Konzept DevOps fand bereits vor mehreren Jahren Eingang in die Diskussion im Verlagsgewerbe, sein Potenzial stand aber immer im Schatten von agilen Arbeitsmethoden. Edgar Rodehack, Organisationsberater im Medienumfeld, spricht im IT-Channel von buchreport.de mit den DevOps-Experten Oliver Hankeln und Peter Götz über Gegenwart und Zukunft von DevOps. Beide sind freiberufliche IT-Consultants und Scrum-Trainer und erfahrene Experten aus der Welt der Software-Entwicklung. Ihre Erfahrungen mit DevOps vermitteln sie auch in DevOps-Kursen.

 

Kürzlich konstatierte eine Studie von Gartner, dass DevOps nicht funktioniere. Heißt das etwa, dass DevOps tot ist?

Peter Götz: Nein, das glauben wir nicht. Aber wir sind natürlich auch voreingenommen.

Oliver Hankeln: Diese Studie zielt ja nicht darauf ab, dass DevOps nicht funktioniert. Sondern sie besagt, dass viele Firmen Probleme mit der Einführung von DevOps haben. Und das erleben wir ja auch in unserer Arbeit. Ein Grund für die Schwierigkeiten ist, dass es keine einheitliche Definition von DevOps gibt. Jeder kann etwas anderes darunter verstehen.

Peter Götz: Stimmt. Wenn Du einen Toolhersteller wie Microsoft fragst, dann ist DevOps sein Produkt. Andere Firmen wiederum sehen in DevOps eine Rolle. Ihre Mitarbeiter arbeiten dann als DevOps-Engineers oder generell in DevOps-Teams.

Offenbar liegt also ein Missverständnis vor. Wie kommt das?

Oliver Hankeln: Anders als bei Scrum gibt es für DevOps keine offizielle Definition, also keinen „DevOps-Guide“. Deshalb ist der Begriff vielseitig geprägt.

Peter Götz: Gleichzeitig versuchen einige Akteure am Markt, den Begriff für ihre Zwecke zu verwenden. Wie eben zum Beispiel die Hersteller von Werkzeugen zur Unterstützung von DevOps. Diese profitieren davon, wenn Unternehmen glauben, es würde reichen, nur ein Produkt einzukaufen, um erfolgreich DevOps zu „machen“.

IT-Grundlagen und Technologien der Zukunft

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Was ist denn Ihre Definition von DevOps?

Oliver Hankeln: Wir verstehen DevOps zuallererst als kulturelles Thema. Wir brauchen ein gemeinsames Werteverständnis, aus dem sich Prinzipien ableiten. Diese helfen uns dabei, bessere Software in kürzeren Zyklen erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Peter Götz: Gene Kim, einer der wichtigen Protagonisten rund um das Thema DevOps, hat in seinem Buch „The Phoenix Project” dafür die „Drei Wege“ entwickelt.

Was steckt dahinter?

Oliver Hankeln: Die drei Wege sind komplementäre Ansätze, die man gleichzeitig verfolgen kann – und auch sollte –, um zu einer besseren Zusammenarbeit zu kommen.

Der erste Weg versucht, die Entwicklung und den Betrieb von Software eben nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern es als Gesamtsystem zu verstehen und zu optimieren. Kim nennt das „Improve flow from left to right“. Denn es ist wichtig, den Fluss von Arbeit durch das System zu optimieren und Verzögerungen sowie Übergaben zu vermeiden.

Peter Götz: Beim zweiten Weg geht es darum, Feedbackzyklen in das von Oliver beschriebene Gesamtsystem einzubauen. Das heißt, wir wollen nicht einfach nur schnelleren Arbeitsfluss erreichen, sondern außerdem an allen relevanten Stellen im Prozess überprüfen, ob wir auch das Richtige tun. Dieser Weg heißt „Amplify Feedback Loops“.

Oliver Hankeln: Beim dritten Weg gehen wir davon aus, dass Menschen immer irgendwie Fehler machen werden – in komplexen Systemen sind diese ja schon definitionsgemäß unvermeidbar. Fehler sehen wir als Quelle fürs Lernen an. Deshalb schaffen wir Rahmenbedingungen, in denen Fehler keine katastrophalen Folgen haben. Diese Rahmenbedingungen helfen uns dann, dass wir nicht mehr so viel Energie in das Vermeiden von Fehlern stecken müssen. Stattdessen lassen wir Fehler sogar zu. Im Phoenix Project wird dieser Weg „Culture of constant experimentation and learning“ genannt.

Peter Götz: Für mich ist der wichtigste Begriff beim dritten Weg „Experiment“. Wir versuchen, risikoarme Experimente zu entwickeln und durchzuführen, um mehr über das Problem zu lernen. So wie ein Wissenschaftler von Experiment zu Experiment mehr über sein Fachgebiet lernt.

Aus dem aktuellen „Agile Report“

Für Organisationen wird es von Jahr zu Jahr wichtiger, DevOps und seine technischen Kernverfahren der kontinuierlichen Integration und der kontinuierlichen Bereitstellung zu verstehen und umzusetzen. Gleichzeitig konzentrieren sie sich darauf, wie diese technischen Verfahren zusammen mit der zunehmenden Testautomatisierung die Kultur zwischen Entwicklungs- und Betriebsorganisation verändern können. Unternehmen und ihre Teams wollen die Herausforderungen in Bezug auf Sichtbarkeit und Bereitstellungs-Geschwindigkeit, die sie mit DevOps und seinen technischen Verfahren haben, bewältigen. Sie haben jedoch Schwierigkeiten zu verstehen, wo der beste Ausgangspunkt liegt, da viele Transformationen auf DevOps-Basis als „Big-Bang“-Projekte beginnen.

13th State of Agile Report, 2019

Ist es da nicht einfacher, schlicht ein Werkzeug zu installieren? 

Oliver Hankeln: Die drei Wege stellen eine Art Lackmustest dar, die mich bei der Auswahl von Praktiken und Werkzeugen unterstützen. Wenn ich nicht weiß, wozu ich ein Werkzeug einsetze, laufe ich Gefahr, dass ich ungute, dysfunktionale Strukturen mit diesem Werkzeug nachbaue.

Peter Götz: Was Oliver sagen möchte ist, dass die drei Wege zwar schon theoretische Denkansätze sind. Diese aber haben sogar sehr starken Bezug auf mein konkretes Handeln. Wenn ich zum Beispiel die Softwareentwicklung strikt vom Betrieb der Systeme getrennt habe, dann behindert das den Fluss von Arbeit durch das Gesamtsystem. Mit dem ersten Weg im Blick kann ich mir überlegen, welche Ideen und Werkzeuge mich dabei unterstützen, diesen Fluss zu verbessern. Das kann zum Beispiel durch die Einführung einer Continuous Deployment Pipeline passieren.

Oliver Hankeln: Und das gleiche Werkzeug kann aber auch die bestehende Abtrennung der zwei Einheiten konkret und sehr praktisch noch verstärken. Und zwar dann, wenn die konkreten und praktischen Auswirkungen der augenscheinlich so theoretischen DevOps-Prinzipien nicht richtig verstanden wurden.

 

Mit freundlicher Genehmigung des Teamwork-Blog.

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