Jahrzehntelang wurden im Mittelstand alle wichtigen Aufgaben mit Microsoft Office abgewickelt. Inzwischen gibt es zahlreiche digitale Werkzeuge für Spezialaufgaben, doch nicht immer ist es leicht, die richtigen Tools zu finden und mit bestehenden Systemen zu verknüpfen.
Software-Anbieter knk bietet deshalb am 4. und 5. Dezember 2019 ein interaktives Barcamp mit Startup-Tour in Berlin an, bei dem sich Branchenteilnehmer über neue Tools und Software-Lösungen austauschen können.
Vorab analysiert Dorothee Werner, Chief Change and Innovation Officer bei der knk Business Software AG, im Interview für den IT-Channel von buchreport.de, wie die Verlage beim Einsatz digitaler Tools aufgestellt sind – und warum „die Universal-Waffe Excel“ nicht immer die beste Lösung ist.
Wie sind die Verlage in Bezug auf Tools und Programme aufgestellt?
Wenn wir über Tools und Werkzeuge sprechen, müssen wir uns als erstes die Frage stellen: Was meinen wir eigentlich damit?
Ein Tool muss meiner Meinung nach nicht immer digital sein. Auch analoge Tools und neue Methoden können dabei unterstützen, Herausforderungen und Fragestellungen im Alltag zu bewältigen. Wir bei knk beschäftigen uns beispielsweise auch mit Methoden, mit deren Hilfe wir Routinen im Alltag durchbrechen und damit Raum für kreatives Denken und neue Denkansätze schaffen können. In diesem Kontext besuchen wir im Rahmen einer Kundenveranstaltung Anfang Dezember 2019 unter anderem Lydia Schültken, die Begründerin der Workhacks, die sich auf minimal invasive Methoden spezialisiert hat. Wir berichten darüber im ToolCamp.
Steht bei knk selbst demnach der „Big Bang“ in Sachen Future Workplace unmittelbar bevor?
Nein, wir sind schon weiter. Ein Bereich der knk Gruppe arbeitet etwa schon mit sogenannten KISS-Gesprächen – KISS steht für Keep It, Improve it, Start it, Stop it – und sammelt so Erfahrungen mit neuen Formen von Feedbackgesprächen, die in kurzer Frequenz durchgeführt werden und es ermöglichen sollen, Gelerntes und Veränderungen schneller zu integrieren.
Wie steht es aktuell in der Verlagsbranche um die Integration von Information und Systemen?
Bei der Arbeit mit Verlagen treffen wir immer wieder auf die „Universal-Waffe“ Excel, das für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in vielen Verlagen im Einsatz ist – häufig auch zur Datenerfassung und Bearbeitung. Natürlich lassen sich Excel-Listen schnell erstellen und bearbeiten, doch leider schaffen es die Daten nur selten zurück in CRM-Systeme oder die hauseigene Verlagssoftware. Es gibt heute jedoch schon Möglichkeiten, diese Dateneingabe in kleinen Apps zu digitalisieren, um die Daten direkt anderen Systemen zur Verfügung zu stellen. Ziel dieser Technologien ist es, Datensilos aufzulösen und den Mitarbeitern kleine, schlanke Anwendungen zur Verfügung zu stellen – also Quick-Wins zu erzielen, statt in großen Projekten ganze Systeme auszutauschen.
Datensilos werden auch bei anderen Tools zum Problem: Ich habe den Eindruck, dass in vielen Bereichen schon tolle Sachen im Einsatz sind, doch diese in der Praxis kaum miteinander verbunden sind und somit wichtige Informationen manuell von einem Tool ins andere übertragen werden müssen oder eben nicht außerhalb eines speziellen Tools zur Verfügung stehen.
Mehr zum Thema IT und Digitalisierung lesen Sie im IT-Channel von buchreport und Channel-Partner knk. Hier mehr
Ein Problem für die Verlage – oder nur für die Dienstleister?
Das Thema Anschlussfähigkeit wird immer wichtiger. Wir sehen hier einen klaren Trend weg von Individualentwicklungen und hin zu Lösungen, die Standards unterstützen. Das bedeutet keineswegs, sich komplett nach einem starren Tool zu richten. Es gibt heute diverse Möglichkeiten, durch die Konfiguration und Einrichtung der Tools individuelle Anforderungen zu realisieren.
Außerdem schreitet die technologische Entwicklung rasant voran, und bei der Verbindung von Tools hat sich viel getan. Wir erfahren das gerade selbst – etwa bei der Einbindung von Kollaborations-Tools wie Microsoft Teams in unsere Verlagssoftware. Im Zentrum dieser Entwicklung steht der Anspruch, neue Formen der Arbeit besser voranzubringen. Nehmen wir nur einmal das Arbeiten „remote“ und „mobil“. Es reicht heute nicht mehr aus, E-Mails auf einem Smartphone lesen zu können, sondern ganze Prozesse sollen auf dem mobilen Endgerät wie selbstverständlich erledigt werden können – wie beispielsweise Termin-Nachbereitungen mit Aufgabenweitergabe über digitales To-Do- und Wiedervorlage-Management – wie zum Beispiel bei Trello oder Microsoft Planner – oder die mobile Erfassung von Besuchsberichten, die direkt ins CRM wandern.
Gerade beim dezentralen Arbeiten sehen wir außerdem großes Potenzial beim Thema Video. Bei Remote-Terminen mit Teilnehmern von mehreren Standorten oder aus verschiedenen Ländern haben wir die Erfahrung gemacht, dass Video-Konferenzen im Vergleich zu Telefonaten nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch den Zusammenhalt im Team stärken – besonders wichtig dann, wenn man sich nicht jeden Tag auf dem Weg zum Kaffeeautomat treffen kann.
Welche Rolle spielen Software-Lösungen für die Innovationsfähigkeit der Verlage?
Für die Innovationsfähigkeit ist das entsprechende Mindset und der offene Austausch zu neuen Ideen viel wichtiger als jedes Tool. Das Innovations-Mindset muss dabei nicht nur bei den handelnden Personen, sondern im Unternehmen als Ganzes vorhanden sein.
Ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung: Innovatoren können die besten Ideen für neue Tools und Prozessverbesserungen haben, doch wenn es beispielsweise in der IT oder anderen Abteilungen an der Bereitschaft fehlt, das Experimentieren mit solchen Tools zu ermöglichen, verpuffen diese Ideen in der Praxis sehr schnell. Außerdem besteht in solchen Konstellationen – fehlender Austausch oder fehlende Unterstützung – immer die Gefahr, dass sich Fachabteilungen und Innovatoren mit Workarounds behelfen, die dafür sorgen, dass neue Datensilos im Unternehmen entstehen, von denen die IT oder andere Abteilungen gar nichts wissen.
Erst wenn das angesprochene Mindset da ist, kann dieses Denken durch passende Tools unterstützt werden und der Weg für kleine effizienzsteigernde Tools ist geöffnet – wie zum Beispiel für visuelle Kanban-Bords zur Unterstützung auch von agilen Zusammenarbeitsformen und Stand-ups…
… also den agilen Alternativen zu den hergebrachten Sitzungen.
Die Kunst dabei ist es, zwischen wirklichen Innovationen und bloßen modischen Hypes zu unterscheiden. In der Praxis ist dies ganz nicht so leicht und man muss auch die Geduld haben, die Veränderungsprozesse, die mit der Einführung eines neuen Tools einhergehen, mit zu begleiten. Prozesse und Routinen ändern sich meist nicht auf einen Schlag, sondern der Change ist mit Disziplin und vielen Wiederholungen verbunden.
Auch wenn es paradox klingen mag: Der Einsatz von Standardlösungen kann ein Innovationstreiber in Unternehmen sein. Hierbei geht es vor allem, wie schon erläutert, um das Thema Anschlussfähigkeit. Über einen Standard schafft man im Unternehmen die Voraussetzungen dafür, schneller auf neue Anforderungen reagieren und entsprechend auch schneller handeln zu können.
Wie wichtig ist der Austausch mit anderen Unternehmen für die Entwicklung der IT-Kompetenz?
Man steckt immer stark in den eigenen Systemen und Prozessen und daher ist der Austausch für die Findung neuer Ideen sehr wichtig. Diese neuen Impulse von außen müssen dabei nicht unbedingt nur aus der eigenen Branche kommen. Es ist außerdem sehr wichtig, bei diesem Austausch nicht nur über den Ist-Zustand und bestehende Tools zu sprechen, sondern auch die Anforderungen und Wünsche zu thematisieren, die heute im eigenen Haus noch nicht erfüllbar sind.
Besonders gut funktioniert ein solcher Austausch unserer Erfahrung nach, wenn er thematisch geclustert ist oder in einem Raum stattfindet, in dem Impulsvorträge die Teilnehmer außerhalb des Alltags inspirieren. Wir arbeiten intern beispielsweise mit thematischen Hackathons und auch die Teilnahme an Microsoft Hackathons mit verschiedensten Partnern ganz unterschiedlicher Branchen und Fachgebiete war für uns bisher immer sehr erfolgreich. Auf einem dieser Microsoft-Hackathons entwickelte unser Team beispielsweise den Prototyp für EMIL, unseren KI-basierten Support-Mitarbeiter.
Welche Tools können Sie persönlich besonders empfehlen und warum?
Microsoft Teams ist eines meiner neuen Lieblings-Tools. Wir nutzen es bei knk für unsere interne Kommunikation und Projektarbeit. Es ist sehr einfach zu bedienen, funktioniert problemlos auf dem Smartphone und ermöglicht es mir auch von unterwegs, an projektbezogenen Aufgaben zu arbeiten und mich mit dem Team abzustimmen. Wir nutzen Microsoft Teams ab sofort auch in einem Testballon zum thematischen Austausch mit unseren Kunden zu unserer knk Integration Platform, kurz KIP genannt. Das ist unser Standard-Schnittstellen-Framework. Wir haben unsere kleine KIP-Community am 12.11.2019 auf unserem KIP Jahrestreffen in Köln vorgestellt und sind gespannt, wie sie angenommen wird.
Und was läuft jede Stunde auf Dorothee Werners Devices?
Ich nutze Diigo als Tool zur Content Aggregation und zum Teilen von Inhalten. Es ermöglicht es, sehr einfach Social Bookmarks zu setzen, die dann auch archiviert und geclustert werden können.
Besonders gespannt verfolge ich die Entwicklung rund um das Tool Microsoft Flow, mit dessen Hilfe man anwendungsübergreifend Prozesse anstoßen kann. Wir nutzen es aktuell intern vor allem für personalisierbare, konfigurierbare Benachrichtigungen und Datenupdates in verschiedensten Systemen. Hier sehe ich für die Zukunft noch ein erheblich größeres Potenzial.
Ich konnte während des Lesens mehrfach „BINGO!“ rufen.
KISS steht übrigens für „Keep it simple, stupid“, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/KISS-Prinzip
Wenn so alle Berater der Buchbranche sind, wundert mich gar nichts mehr.