Auch wenn die globale Vernetzung zuletzt kritischer gesehen wird: Die Lieferketten ziehen sich über die ganze Welt. Dabei setzen Unternehmen oft nicht nur bei der Produktion, sondern auch bei der Verwaltung von Daten auf Dienstleister im Ausland – zum Beispiel bei der Nutzung von Servern. Damit sind sie nicht immer gut beraten.
Umweltschutz und Arbeitsbedingungen kommen meist zu kurz, wenn Hoster oder Cloudanbieter aus dem Ausland eingesetzt werden. Dies zumindest ist die Erfahrung von Matthias Kraus, CEO des Publishing-Dienstleisters Xpublisher. Im IT-Channel von buchreport.de zeigt er, wie das neue EU-Lieferkettengesetz an dieser Stelle für Handlungsbedarf sorgt.
Um die Einhaltung der Menschenrechte innerhalb der gesamten globalen Wertschöpfungsketten stärker zu schützen, soll eine neue EU-Lieferkettenrichtlinie, häufig als EU-Lieferkettengesetz bezeichnet, verabschiedet werden. Die EU-Kommission hat Anfang 2022 ein entsprechendes Konzept veröffentlicht. Damit werden Unternehmen noch stärker in die Verantwortung und Haftung genommen. Nach der Billigung durch das Europäische Parlament und den Rat sowie der Annahme durch die EU-Mitgliedstaaten gilt eine Umsetzungsfrist in nationales Recht von 2 Jahren.
In diesem Artikel wird der Inhalt des Gesetzesentwurfs erklärt und die Folgen für deutsche Unternehmen geschildert. Das beschlossene deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wird mit dem Vorschlag der EU verglichen und dabei insbesondere auf die Auswirkungen für Verlage und Verbände eingegangen.
Was besagt das neue EU-Lieferkettengesetz?
Das neue EU-Lieferkettengesetz macht Unternehmen für eventuelle Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen entlang der Wertschöpfungskette direkt verantwortlich, inklusive zivilrechtlicher Konsequenzen.
Betriebe, die im Ausland produzieren, müssen von der Herstellung bis zum Verkauf identische Regelungen und Standards einhalten. Auch bei der Datenspeicherung im Ausland gelten dann die gleichen Vorschriften wie innerhalb der EU.
So sollen Unternehmen zum einen Klima- und Umweltverträglichkeit bei jedem Arbeitsschritt der gesamten Wertschöpfungskette sicherstellen. Zum anderen gilt es, Kinderarbeit, Ausbeutung und unmenschliche Arbeitsbedingungen aufzudecken und zu verhindern.
Der europäische Wettbewerb soll nicht (noch mehr) zulasten der Umwelt und in Drittländern geführt werden. Ziele sind ein fairer Handel für alle Beteiligten, der Schutz der Umwelt und die Einhaltung der Klimaziele. (EU) /1/
Welche Unternehmen unterliegen dem EU-Lieferkettengesetz?
- Alle Unternehmen oder Organisationen innerhalb der EU mit mindestens 500 Beschäftigten und einem Nettojahresumsatz von 150 Mio Euro.
- Bei den oben erwähnten Branchen mit einem höheren Missbrauchsrisiko liegt die Grenze bei 250 Angestellten oder 40 Mio Euro Nettojahresumsatz.
- Das Gesetz sieht eine zivilrechtliche Haftung vor. Das bedeutet, Betriebe können für Missstände und Verstöße an ihrem EU-Standort verklagt werden.
- Die Sorgfaltspflicht betrifft direkte, aber auch dauerhafte indirekte Zulieferer und Dienstleistungen (z. B. eine Firma, die einem direkten Lieferanten zuarbeitet).
Damit geht das europäische Lieferkettengesetz weit über das deutsche hinaus (ein Vergleich dazu später).
Welche Folgen hat das Gesetz?
EU-weit betrifft die Richtlinie etwa 12.800 Unternehmen. (ZDF) /2/
Für diese Organisationen ergeben sich folgende Konsequenzen:
- Es besteht eine verbindliche und einklagbare Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette.
- Das heißt, Firmen müssen dafür sorgen, alle menschenrechtlichen und umweltbezogenen Vorgaben einzuhalten.
- Dazu müssen sie tatsächliche und eventuelle Risiken entlang ihrer Zulieferkette identifizieren und diese dann entweder beseitigen, minimieren oder zukünftig ganz vermeiden.
- Der rechtliche Rahmen (z. B. die Allgemeinen Einkaufs- und Verkaufsbedingungen mit allen Lieferanten und Dienstleistungsbetrieben) ist den neuen Anforderungen anzupassen.
- Es muss eine Beschwerdestelle sowie ein Beschwerdeverfahren eingerichtet werden.
- Dadurch entsteht ein permanenter Mehraufwand.
Ein Vorteil der Richtlinie ist die Gleichbehandlung aller Beteiligten innerhalb einer Branche. Damit trägt sie zu einem ausgeglichenen Wettbewerb innerhalb der EU bei.
Unternehmen, die sich schon heute freiwillig diesen Vorgaben und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen, werden mit Wirksamkeit des EU-Lieferkettengesetzes besser vorbereitet sein und weniger Handlungsbedarf haben.
Vergleich des europäischen mit dem deutschen Lieferkettengesetz
In Deutschland tritt zum 1. Januar 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft – dieses geht allerdings in einigen Bereichen nicht so weit, wie der europäische Entwurf.
Auch andere Länder haben bereits eine Form des Lieferkettengesetzes, zum Beispiel Frankreich, Österreich und die Niederlande.
Ziel des europäischen Entwurfes ist es, die verschiedenen nationalen Gesetze zu harmonisieren und anzugleichen.
Inwiefern sind Verlage betroffen?
Große Verlage (Springer, C.H. Beck, Bastei Lübbe usw.) und Verbände (z. B. der ADAC) mit mehr als 1000 Beschäftigten setzen sich bereits jetzt mit den neuen Anforderungen auseinander. Mit dem EU-Lieferkettengesetz wären sogar Verlage und Verbände unter 500 Mitarbeitern betroffen.
Eine möglichst saubere Wertschöpfungskette wird für alle relevant und macht Nachhaltigkeit zu einer Konstante, die nicht nur vom Konsumenten gesteuert werden kann, sondern gesetzlich untermauert ist.
Das Lieferkettengesetz wird viele Verlage vor Herausforderungen stellen. Xpublisher leistet als Dienstleister etwa einen über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Beitrag – von der eigentlichen Geschäftstätigkeit, über ökologisch relevante Themen bis hin zur Verantwortung gegenüber den Stakeholdern und der Gesellschaft.
Das ausgeprägte Datenschutz- und Sicherheitsbewusstsein setzt sich in der Cloudlokation fort. Anwenderinnen und Anwender entscheiden selbst über den Speicherort ihrer Daten. Die von Xpublisher genutzten Rechenzentren zeichnen sich u. a. durch Klimaneutralität, hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit sowie durch anerkannte Standards aus.
Wo gibt es Berührungspunkte und Handlungsbedarf?
Die Richtlinie ist eine Chance, sich den Kunden transparent und sozial verantwortungsvoll zu präsentieren. Das gilt auch für die kleinen und mittleren Unternehmen sowie Verbände.
Betroffene Medienhäuser sollten beizeiten die relevanten Prozesse identifizieren, Risiken analysieren und gegebenenfalls handeln.
Ein Berührungspunkt mit dem Gesetz sind u. a. die digitalen Dienstleistungen von außerhalb der EU.
Ein denkbares Beispiel
Betrachten wir einmal eine Serverfarm außerhalb der EU, die ein kleines, nicht umweltkonformes Kohlekraftwerk betreibt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt.
Damit können die Betreiber Rechen-, Server- und Speicherdienste deutlich unter den EU-Preisen anbieten. Lagert nun ein Verlag oder Verband seine gesamte Plattform und Dienste in diese Serverfarm aus, könnte das als zweifacher Verstoß gegen das EU-Lieferkettengesetz geahndet werden.
Als indirekter, aber dauerhafter Zulieferer verletzt das Kohlekraftwerk die Umweltauflagen. Die ungesetzliche Mitarbeiterbezahlung stellt eine Missachtung der Menschenrechte dar. Nach dem neuen Gesetz sind beschriebene Verlage und Verbände mitverantwortlich. Es drohen nicht nur ein schlechtes Image beim Konsumenten, sondern zivilrechtliche Klagen mit finanziellen Folgen.
Mehr zum Thema IT und Digitalisierung lesen Sie im IT-Channel von buchreport und Channel-Partner Xpublisher.
Hier mehr…
Zusammenfassung: Was bringt das Lieferkettengesetz?
Für viele Industrievertreter stellt der Gesetzesentwurf auf den ersten Blick einen potenziellen Wettbewerbsnachteil dar, während er für die Umwelt- und Menschenrechtsverbände nicht weit genug geht.
Noch ist die Richtlinie nicht verbindlich, aber die strengeren europäischen Regeln werden auch Eingang in das bereits bestehende deutsche Gesetz finden.
Daher gilt für alle relevanten Unternehmen, ihre Lieferketten genauer unter die Lupe zu nehmen. Der angesprochene Wettbewerbsnachteil lässt sich damit in einen Vorteil umwandeln.
Dienstleister wie Xpublisher bieten mit ihren klimaneutralen und hochverfügbaren Rechenzentren Sicherheit, um für das kommende Lieferkettengesetz optimal gerüstet zu sein.
Konsumenten, vor allem im B2B-Bereich, belohnen sozialverträgliche und klima- bzw. umweltfreundliche Produkte oder Dienstleistungen.
Das EU-Lieferkettengesetz dient als Chance, der Welt zu zeigen, dass Unternehmen soziale und ökologische Verantwortung in ihr Handeln übernehmen.
/2/ https://www.zdf.de/nachrichten/politik/eu-lieferkettengesetz-menschenrechte-umweltschutz-100.html
Kommentar hinterlassen zu "Wie das EU-Lieferkettengesetz sich auf die Medienbranche auswirkt"